Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeit eines EDV-Beraters als eine dem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit
Leitsatz (NV)
Zum Umfang der notwendigen finanzgerichtlichen Feststellungen für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines EDV-Beraters mit der eines beratenden Betriebswirts vergleichbar ist.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 118 Abs. 2; UStG 1967 § 12 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
Gründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 FGO).
Die vom FG bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Entscheidung nicht, daß der Kläger keine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG ausgeführt hat.
Dem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts ist ein Beruf nur dann ähnlich, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und die Beratungstätigkeit sich auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Entscheidungen vom 12. August 1965 IV 61/61, 100/61, 336/64 U, BFHE 83, 237, BStBl III 1965, 586; vom 16. Januar 1974 I R 106/72, BFHE 111, 316, BStBl II 1974; 293; vom 27. Mai 1975 VIII R 199/73, BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665; vom 25. April 1978 VIII R 149/74, BFHE 125, 369, BStBl II 1978, 565; vom 3. Dezember 1981 IV R 79/80, BFHE 134, 565, BStBl II 1982, 267).
Die notwendige Breite der Betätigung ist schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665). Zu den betrieblichen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre zählten in den Streitjahren die Bereiche der Führung, Fertigung, Materialwirtschaft, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens (BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665).
Die tatsächlichen Feststellungen des FG lassen keinen Schluß zu, daß der Kläger sich auf die Beratung beschränkt hat, in welchen betrieblichen Bereichen Datenverarbeitungsanlagen leistungswirksam und kostengünstig eingesetzt werden können.
Zwar hat das FG die Tätigkeit von EDV-Beratern in den Streitjahren allgemein in dieser Weise beschrieben. Es hat dann aus dem Umstand, daß der Kläger sich als Unternehmensberater für Datenverarbeitung bezeichnet, geschlossen, daß er eine Spezialtätigkeit auf dem Gebiet der Datenverarbeitung und keine umfassende betriebswirtschaftliche Beratung ausführe. Tatsachen, die diese Schlußfolgerung tragen könnten, hat das FG nicht angegeben. Es hat über die Tätigkeit des Klägers - soweit erkennbar - weder eigene Ermittlungen angestellt, noch die Beschreibung des Klägers über seine Tätigkeit sich zu eigen gemacht oder als wahr unterstellt.
Wenn der Kläger seine Tätigkeit dahin schildert, daß er den Ist-Zustand von betrieblichen Organisationen analysiere, neue Konzepte entwickle und vorschlage, das Management und das Personal berate und schule, so kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Tätigkeit über das Berufsbild eines EDV-Beraters hinausgeht, das auf Theorie und Technologie der Datenverarbeitung ausgerichtet ist (vgl. Urteil des BFH vom 11. Dezember 1985 I R 285/82, BFHE 146, 121). Das FG muß aufklären, ob der Kläger durch die von ihm beschriebene Berufstätigkeit nicht nur auf dem Gebiet der EDV-Beratung, sondern schon beratend auf einem Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre (z. B. Führung, Verwaltungswesen) tätig geworden ist. Dafür könnte auch seine Hochschulausbildung sprechen, die über eine bloße Spezialausbildung auf dem Gebiet der EDV hinausgegangen sein kann. Auch dies hat das FG noch aufzuklären.
Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) kann der Senat daher nicht abschließend entscheiden.
Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat auch dann nicht möglich, wenn sich das FG die Schilderung des Klägers über seine berufliche Tätigkeit (S. 3 des Urteils) zu eigen gemacht hätte. Dann widersprechen die Feststellungen, nach denen der Kläger den Organisationszustand eines Betriebes analysiert, neue Organisationskonzepte entwickelt, Management und Personal berät und schult, den Feststellungen auf S. 7 des angefochteten Urteils, nach denen der Kläger ausschließlich auf dem Gebiet der Datenverarbeitung tätig geworden ist.
Diese Mängel in der Urteilsfindung führen als materiell-rechtliche Fehler zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1981 V R 75/76, BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200 für nicht ausreichende tatsächliche Feststellungen; vom 7. März 1973 II R 34/66, BFHE 109, 472, BStBl II 1973, 707 für widersprüchliche Feststellungen; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 118 Rdnr. 10 B, 13 m. w. N.). Ob die von dem Kläger gerügten Verfahrensverstöße vorliegen, kann dahinstehen, da das angefochtene Urteil aus materiell-rechtlichen Gründen ohnehin aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 414538 |
BFH/NV 1986, 610 |