Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionszusage an 56 Jahre alten beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer; Bedeutung des Erdienenszeitraums für vGA
Leitsatz (amtlich)
Verspricht eine GmbH ihrem 56 Jahre alten beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ein Altersruhegeld für die Zeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres, so führt dies nicht notwendig zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Das gilt insbesondere dann, wenn die Pensionszusage auch deshalb erteilt wurde, weil der Geschäftsführer nicht anderweitig eine angemessene Altersversorgung aufbauen konnte.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
FG des Landes Brandenburg (Entscheidung vom 14.03.2001; Aktenzeichen 2 K 1116/98 K,F,G; EFG 2001, 708) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu werten sind.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die im Januar 1991 im Beitrittsgebiet gegründet wurde. Ihre Gesellschafter waren in den Streitjahren (1991 und 1992) mit 90 v.H. des Stammkapitals G und mit 10 v.H. dessen Tochter, die ihre Anteile treuhänderisch für G hielt. G war zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin. In 1996 hat G seine Gesellschaftsanteile aus gesundheitlichen Gründen an die Tochter verschenkt.
Der im September 1935 geborene G hatte schon seit Jahrzehnten in der DDR ein Einzelunternehmen betrieben. Die Klägerin pachtete im Anschluss an ihre Gründung zu diesem Einzelunternehmen gehörende Wirtschaftsgüter an und setzte die Geschäftstätigkeit des Einzelunternehmens im Rahmen einer Betriebsaufspaltung fort. Die Ehefrau des G war ebenfalls als Arbeitnehmerin der Klägerin tätig; sie war ―ebenso wie zuvor in dem Einzelunternehmen― Leiterin einer Zweigstelle, die 60 v.H. des Gesamtumsatzes der Klägerin erbrachte.
Im November 1991 sagte die Klägerin dem G zu, ihm nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine dynamisierte (4 v.H. p.a.) Altersrente in Höhe von 6 000 DM zu zahlen. Der Anspruch sollte unverfallbar sein, wenn G das 65. Lebensjahr vollendet hatte, 10 Jahre für die Klägerin tätig war und 3 Jahre nach Erteilung der Zusage sowie insgesamt 12 Jahre dem Unternehmen gedient hatte. Ferner wurden G eine dienstzeitunabhängige Invalidenrente sowie zu Gunsten der Ehefrau eine Hinterbliebenenrente über 60 v.H. der eigenen Ansprüche zugesagt. Zugleich erhielt auch die 1936 geborene Frau G eine Pensionszusage; ihr sollten für den Fall des Eintritts in den Ruhestand nach Vollendung des 60. Lebensjahres 1 000 DM monatlich gezahlt werden. Den übrigen Arbeitnehmern der Klägerin wurde keine Versorgung zugesagt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) beide Pensionszusagen nicht an. Es ging davon aus, dass die Berechtigten die Pensionsansprüche nicht mehr erdienen konnten, da ―vom Zeitpunkt der Zusage an― die verbleibende Tätigkeitsdauer bei G weniger als 10 und bei Frau G weniger als 5 Jahre betragen habe. Außerdem habe die Klägerin in 1991 einen Jahresfehlbetrag von 114 888 DM erwirtschaftet; sie sei deshalb wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, die nicht rückgedeckten Versorgungsrisiken insbesondere im Invaliditätsfall abzudecken. Das FA erhöhte deshalb die von der Klägerin erklärten Gewinne um die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen.
Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage überwiegend statt. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 708 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise zu ändern, dass die auf die Versorgungszusage an G entfallenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung als nicht gewinnmindernde vGA behandelt werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses hat zwar zu Recht entschieden, dass die Versorgungszusage zu Gunsten des G nicht aus den vom FA genannten Gründen zu vGA führt. Seine Feststellungen lassen jedoch keine abschließende Beantwortung der Frage zu, ob aus anderen Gründen eine vGA vorliegt.
1. Die Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft zu Gunsten ihres Geschäftsführers kann wegen § 8 Abs. 1 KStG nur insoweit zur Minderung des steuerlichen Gewinns führen, als die Voraussetzungen des § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingehalten sind. Anhaltspunkte dafür, dass es im Streitfall hieran fehlt, ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Vortrag des FA.
2. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann jedoch aus steuerlicher Sicht eine vGA sein, die gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der verpflichteten Gesellschaft nicht mindern darf. Sie ist dann, soweit sie sich in der Steuerbilanz ausgewirkt und demgemäß den Bilanzgewinn gemindert hat, dem Gewinn der Gesellschaft außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen (Senatsurteile vom 20. Dezember 2000 I R 15/00, BFHE 194, 191, BFH/NV 2001, 980; vom 7. November 2001 I R 79/00, BFHE 197, 164, BFH/NV 2002, 287, jeweils m.w.N.).
3. Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass die Pensionsverpflichtung nicht (ausschließlich) durch das Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten, sondern (zumindest u.a.) durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das ist anzunehmen, wenn die Gesellschaft einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage erteilt hätte (Senatsurteil vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316, m.w.N.). Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines sachgerecht handelnden Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet.
4. Wie der Senat weiter entschieden hat, ist die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich als vGA zu würdigen, wenn die maßgebliche Pensionszusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wird und dieser die zugesagte Pension nicht durch seine Arbeitsleistung erdienen kann. An der Erdienbarkeit kann es bei einem beherrschenden Gesellschafter fehlen, wenn der Zeitraum zwischen der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand weniger als 10 Jahre beträgt (Senatsurteile vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419; vom 18. August 1999 I R 10/99, BFH/NV 2000, 225, 226; vom 15. März 2000 I R 40/99, BFHE 191, 330, BStBl II 2000, 504, 505; Senatsbeschluss vom 3. Dezember 1999 I B 3/99, BFH/NV 2000, 892). Ein Beherrschungsverhältnis liegt im Streitfall vor, da G bei Erteilung der Pensionszusage am Stammkapital der Klägerin zu 90 v.H. unmittelbar und hinsichtlich der übrigen Kapitalanteile über seine Tochter als Treuhänderin beteiligt war.
Die Zehnjahresfrist ist im Streitfall nicht eingehalten worden. Bei Erteilung der Pensionszusage war G ca. 56 Jahre und 2 Monate alt, und sein Eintritt in den Ruhestand war mit Vollendung des 65. Lebensjahrs vorgesehen, so dass die maßgebliche Erdienenszeit sich nur auf ca. 8 Jahre und 10 Monate belief. Dies hat das FG indessen zu Recht für unschädlich gehalten.
Der Senat hat wiederholt entschieden, dass der anzustellende Fremdvergleich immer auf den konkreten Einzelfall bezogen sein muss und dass die hierfür entwickelten allgemeinen Kriterien keine unabdingbaren Tatbestandsmerkmale sind, sondern nur indizielle Bedeutung haben (Senatsurteile vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; vom 29. Oktober 1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573). Das gilt auch im Hinblick auf den Erdienenszeitraum (ebenso schon Senatsbeschluss vom 4. Mai 1998 I B 131/97, BFH/NV 1998, 1530). Die insoweit geltenden Fristen hat der Senat aus den gesetzlichen Vorschriften zur Unverfallbarkeit von Pensionsansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis abgeleitet (Senatsurteil in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, 421), also aus Normen, die weder die Besteuerung betreffen noch im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar gelten (Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 1530, m.w.N.). Für die steuerrechtliche Beurteilung fehlt in diesem Punkt eine eindeutige gesetzliche Vorgabe, weshalb die einschlägigen Fristen nicht im Sinne allgemein gültiger zwingender Voraussetzungen verstanden werden dürfen, die unabdingbar wären. Das widerspräche den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemachten Vorgaben zur Würdigung entsprechender Indizmerkmale (vgl. die sog. Oder-Konto-Beschlüsse, z.B. Beschluss vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, und dem folgend für die vGA z.B. Senatsurteile in BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; vom 11. Februar 1997 I R 43/96, BFH/NV 1997, 806; s. zur Berechnung der Erdienensdauer auch Senatsurteil in BFHE 191, 330, BStBl II 2000, 504). Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist dies deshalb auch dann anzunehmen, wenn der besagte Zeitraum von 10 Jahren gerechnet vom Zeitpunkt der Zusage an bis zur Pensionierung nicht erreicht wird (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 56/01, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2002, 895).
So liegen die Dinge im Streitfall. Das FG konnte ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass G wegen der Besonderheiten des Wirtschaftssystems in der DDR in den Jahren vor 1990 keine angemessene eigene Altersversorgung aufbauen konnte, dass seine Tätigkeit andererseits für den Betrieb der Klägerin von essentieller Bedeutung war und dass unter diesen Umständen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer eine vergleichbare Pensionszusage erteilt hätte. Diese Würdigung ist vor allem deshalb nicht zu beanstanden, weil die im Streitfall gegebene Situation derjenigen ähnelt, in der es um die Schließung einer Lücke in der Altersversorgung des Geschäftsführers geht; für einen solchen Fall hat der Senat schon in der Vergangenheit ein Abweichen von dem normalen Erdienenszeitraum für möglich erachtet (Urteil in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, 421). Es ist deshalb konsequent, diesen Gedanken auf die hier zu beurteilende Konstellation zu übertragen (ähnlich Höfer/Eichholz, Der Betrieb 1995, 1246, 1247).
Der vom FG angestellten Überlegung steht schließlich nicht entgegen, dass im Streitfall die Möglichkeit bestanden hätte, durch die Vereinbarung eines höheren Pensionierungsalters die Zehnjahresfrist zu wahren. Denn eine Pensionierung nach Vollendung des 65. Lebensjahrs war nach den maßgeblichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Zusageerteilung im Wirtschaftsleben üblich, weshalb nicht angenommen werden muss, dass die Klägerin einem fremden Dritten gegenüber auf einer längeren Lebensarbeitszeit bestanden hätte. Zudem hat auch das FA nicht geltend gemacht, dass die vom FG vorgenommene einzelfallbezogene Interessenabwägung unzutreffend sei, sondern sich nur auf die Nichteinhaltung der Zehnjahresfrist berufen. Das reicht nach dem Vorstehenden nicht aus.
5. Obwohl das FG hiernach die Unterschreitung der Zehnjahresfrist zu Recht für unschädlich gehalten hat, kann sein Urteil im Ergebnis nicht bestätigt werden. Nach den dort getroffenen Feststellungen ist es nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Pensionszusage zu Gunsten des G möglicherweise aus anderen Gründen steuerlich nicht anerkannt werden kann und zu vGA führt.
a) Insoweit ist zum einen zu beachten, dass die Klägerin dem G u.a. eine Versorgung bei Invalidität zugesagt hat, dieser Versorgungsfall in 1996 tatsächlich eingetreten ist und die Klägerin gleichwohl keine Pensionszahlungen geleistet hat. Dieser Umstand könnte darauf hindeuten, dass die Versorgungszusage von Anfang an nicht ernstlich gemeint war oder dass sie nur deshalb getroffen wurde, um der Klägerin die Bildung einer Pensionsrückstellung und damit eine Steuerersparnis zu ermöglichen. Letzteres müsste als im Gesellschaftsverhältnis liegender Beweggrund angesehen werden. Das FG ist zwar davon ausgegangen, dass ursprünglich eine wirksame Vereinbarung getroffen und diese später abgeändert worden sei. Sein Urteil lässt jedoch nicht erkennen, auf welche Umstände und Erwägungen sich diese Annahme stützt. Damit fehlt es in diesem Punkt an der erforderlichen Begründung der angefochtenen Entscheidung, was zur Zurückverweisung führen muss.
b) Im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG zudem der Frage nachgehen müssen, ob sich die im Jahr 1996 ausgebrochene Erkrankung des G schon Ende 1991 abzeichnete. Sollte nämlich bereits bei Erteilung der Versorgungszusage erkennbar gewesen sein, dass G seine Tätigkeit für die Klägerin nur noch wenige Jahre würde ausüben können, so wäre der Erdienenszeitraum im Hinblick hierauf neu zu bewerten. Das FG müsste dann der Frage nachgehen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer auch unter solchen Umständen einerseits eine Altersversorgung und andererseits eine Pension für den Invaliditätsfall zugesagt hätte. Ggf. müsste auch die Angemessenheit der Gesamtausstattung des G unter diesem Aspekt einer erneuten Überprüfung unterzogen werden. Schließlich lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen, ob sich das FG mit der Frage der Finanzierbarkeit der Versorgungsverpflichtung (dazu Senatsurteile in BFHE 194, 191, BFH/NV 2001, 980, und in BFHE 197, 164, BFH/NV 2002, 287) befasst hat; dies wird ebenfalls nachzuholen sein.
6. Die Pensionszusage zu Gunsten der Ehefrau des G hat das FG in vollem Umfang anerkannt. Das FA hat dies mit der Revision nicht beanstandet, weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, diesen Punkt im vorliegenden Verfahren aufzugreifen.
Fundstellen
Haufe-Index 841652 |
BFH/NV 2002, 1681 |
BStBl II 2003, 416 |
BFHE 199, 157 |
BFHE 2002, 157 |
BB 2002, 2319 |
DB 2002, 2248 |
DStR 2002, 1854 |
DStRE 2002, 1392 |
DStZ 2002, 724 |
HFR 2003, 59 |