Leitsatz (amtlich)
1. Für die Investitionszulage ist es unschädlich, wenn das Wirtschaftsgut während des Dreijahreszeitraums nicht in dem Betrieb verbleibt, für den es angeschafft oder hergestellt ist, sondern in das Anlagevermögen eines anderen Westberliner Betriebs übergeht.
2. Das Wirtschaftsgut muß aber während des Dreijahreszeitraums ununterbrochen zum Anlagevermögen gehören und darf während dieser Zeit auch nicht für eine verhältnismäßig kurze Zwischenzeit Gegenstand des Umlaufvermögens eines Händlers sein.
Normenkette
BHG 1962 § 21; BHG 1964 § 19
Tatbestand
Der Kläger, Inhaber einer Westberliner Gaststätte, schaffte im Jahre 1963 einen Sahnezapfapparat an, für den ihm das FA eine Investitionszulage gewährte. Als der Apparat für den Betrieb nicht mehr genügte, gab der Kläger ihn am 17. März 1965 bei Anschaffung eines anderen Gerätes einem Großhändler in Zahlung, der ihn am 26. April 1965 an einen anderen Berliner Gaststättenbetrieb weiterveräußerte.
Das FA forderte die gewährte Zulage zurück, weil das Gerät nicht ununterbrochen drei Jahre zum Anlagevermögen eines Betriebs in Berlin (West) gehört habe.
Das FG gab der Klage statt und führte aus: § 19 BHG schließe während der Dreijahresfrist den Übergang in das Anlagevermögen eines anderen Westberliner Unternehmers nicht aus. Dabei sei auch eine vorübergehende kurze Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Umlaufvermögen unschädlich. Dadurch werde der Zweck des § 19 BHG, durch Investitionen die Wirtschaftskraft von Berlin (West) zu stärken, gefördert. Außerdem diene das der Gleichbehandlung, denn beim Verkauf von Wirtschaftsgütern, die nur einen begrenzten Interessentenkreis hätten, müsse der Unternehmer sich eines Fachhändlers bedienen. Eine Unterbrechung der Zugehörigkeit zum Betriebsanlagevermögen bis zu 1/10 der Dreijahresfrist müsse als kurz und unschädlich gelten. Daß hier das Gerät nur 5 1/2 Wochen zum Umlaufvermögen des Händlers gehört habe, berechtige das FA darum nicht, die Investitionszulage zurückzufordern.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Im Streitfall richtete sich die Gewährung der Investitionszulage nach § 21 BHG 1962, weil der begünstigte Erwerb im Jahre 1963 geschah. Für die Rückforderung ist aber § 19 Abs. 5 BHG 1964 anzuwenden, weil nach der Auffassung des FA der Rückzahlungsanspruch nach dem 31. August 1964 entstanden ist (vgl. § 20 Abs. 4 Nrn. 1 und 3 BHG 1964).
Zutreffend hat das FG die Dreijahresfrist des § 21 Abs. 2 BHG 1962 nicht so verstanden, daß das Wirtschaftsgut während dieser Zeit als Anlagevermögen in demselben Betrieb bleiben muß, für den es begünstigt worden ist. Wenn die Vorschrift das besagen sollte, müßte der Text des Abs. 2 etwa lauten: "... und mindestens drei Jahre ... in diesem Betrieb verbleiben", nicht aber, wie Abs. 2 sagt, "in einem solchen Betrieb verbleiben". Der Gesetzgeber hat sich bewußt zu der für die Berliner Wirtschaft günstigeren Fassung entschlossen, wie sie auch in § 14 BHG a. F. (§ 16 BHG 1962, § 14 BHG 1964) enthalten ist.
Es kommt in der Fassung des Abs. 2 klar zum Ausdruck, daß die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen "einer" in Berlin (West) gelegenen Betriebstätte gehören und mindestens drei Jahre in "einer" in Berlin (West) gelegenen Betriebstätte verbleiben müssen. Zutreffend ist in der Entscheidung des BFH IV 13/63 U vom 18. Februar 1965 (BFH 82, 322, BStBl III 1965, 362) ausgeführt, § 14 Abs. 2 BHG spreche nicht von der Betriebstätte des Unternehmens, "das die Anschaffung oder Herstellung vorgenommen habe, sondern von einer in Berlin (West) gelegenen Betriebstätte schlechthin"; deshalb stehe der erhöhten Abschreibung nicht entgegen, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der ersten drei Jahre an einen anderen Unternehmer zur Verwendung in seiner in Berlin (West) gelegenen Betriebstätte veräußert werde. Da die Fassung in § 21 Abs. 2 BHG 1962 und § 14 Abs. 2 BHG a. F. insoweit übereinstimmt, ist auch für § 21 Abs. 2 BHG 1962 anzunehmen, daß das begünstigte Wirtschaftsgut nicht drei Jahre in dem Betrieb zu bleiben braucht, für den es angeschafft oder hergestellt worden ist.
Zu Unrecht hält das FG es jedoch für unschädlich, daß der Apparat während der drei Jahre vorübergehend nicht zum Anlagevermögen in einem Berliner Betrieb gehört hat. Wenn § 21 Abs. 2 BGH 1962 sagt, die begünstigten Vermögensstücke müßten zum Anlagevermögen eines Westberliner Betriebs "gehören" und mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem Berliner Betrieb "verbleiben", so kann das nur so verstanden werden, daß der Dreijahreszeitraum von der begünstigten Anschaffung ab rechnet und daß während seiner Dauer der Gegenstand ununterbrochen zum Anlagevermögen gehören muß. Die Fassung des Gesetzes ist in dieser Hinsicht eindeutig. Es spricht nichts dafür, daß sie den wirklichen Willen des Gesetzgebers nicht zum Ausdruck bringt. Die Fassung führt auch nicht zu sinnlosen Ergebnissen. Die Investitionszulage ist eine wirksame Hilfe für die Berliner Wirtschaft und hat die Investitionstätigkeit stark angeregt. Es bedeutet eine großzügige Regelung, wenn, wie ausgeführt, das begünstigte Wirtschaftsgut während des Dreijahreszeitraums nicht unbedingt zum Anlagevermögen desselben Betriebs zu gehören braucht. Es spricht aber nichts dafür, daß der Gesetzgeber weitergehend auch darauf verzichten wollte, daß der begünstigte Gegenstand während des Zeitraums von drei Jahren ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Berliner Betriebs gehören muß. Wenn das FG demgegenüber eine Unterbrechung der Zugehörigkeit zu einem Anlagevermögen bis zu 1/10 des Dreijahreszeitraums zulassen will, so bietet das Gesetz nach seinem Wortlaut und Sinn für eine solche Auslegung keinen Anhalt. Das FG erstreckt mit seiner angeblichen Auslegung in Wirklichkeit das Gesetz auf Tatbestände, die das Gesetz nicht deckt.
Der Apparat hat während der Dreijahresfrist vom 17. März bis 26. April 1965 zum Umlaufvermögen des Händlers gehört, hat also wähend dieser Zeit seine Eigenschaft als Gegenstand des Anlagevermögens in einem Berliner Betrieb verloren. Das FA hat daher zu Recht die gewährte Investitionszulage zurückgefordert.
Das Urteil des FG war aufzuheben. Der Senat ist in der Lage, abschließend zu entscheiden, indem er die Klage abweist.
Fundstellen
Haufe-Index 68083 |
BStBl II 1968, 573 |
BFHE 1968, 396 |