Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für Austauschmotor
Leitsatz (NV)
Platzt bei einem 4 Jahre alten Diesel-PKW mit einer Fahrleistung von 83 000 km der Kühlwasserschlauch und tritt infolge der Überhitzung ein Motorschaden ein, so sind die Kosten für den Austauschmotor nicht neben der km-Pauschale des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger hat in seinem Antrag auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1978 Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend gemacht. Daneben hat er vergeblich um Berücksichtigung von 3 600 DM Reparaturkosten wegen eines Motorschadens an seinem PKW (Peugeot 504) nachgesucht.
Mit seiner nach erfolglosem Einspruch beim Finanzgericht (FG) eingelegten Klage hatte der Kläger dagegen Erfolg. Das FG ging in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 294 veröffentlichten Urteil davon aus, daß durch die Pauschsätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 4a des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG) nur alle typischen Aufwendungen für das Fahrzeug abgegolten seien. Dazu gehörten neben den Absetzungen für Abnutzung (AfA) auch die durch Verschleiß bedingten Aufwendungen für Reparaturen. Neben den Pauschsätzen könnten daher nur außergewöhnliche Aufwendungen berücksichtigt werden, welche durch einen Unfall oder vorzeitigen Verschleiß verursacht worden seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob Aufwendungen, die auf vorzeitigen Verschleiß zurückzuführen seien, steuerlich überhaupt nicht berücksichtigt werden könnten und ob bei einem Dieselmotor bei einer Fahrleistung von 83 000 km - wie hier - und einem Alter von vier Jahren ein vorzeitiger Verschleiß angenommen werden könne. Denn der Motorschaden sei im Streitfall nicht auf den vorzeitigen Verschleiß zurückzuführen, sondern beruhe auf einer Überhitzung infolge Ausfalls der Kühlung, nachdem ein Kühlwasserschlauch geplatzt gewesen sei. Zwar hätte der Kläger den Schaden vermeiden können, indem er die Betriebstemperatur des Motors am Armaturenbrett hinreichend kontrolliert hätte. Der Motorschaden sei hiernach durch die Fahrlässigkeit des Klägers (unzureichende Beobachtung der Kontrollinstrumente) verursacht worden. Gleichwohl seien die Kosten des Schadens als Werbungskosten anzuerkennen. Denn auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger einen Unfall infolge leichtfertiger Mißachtung von Verkehrsvorschriften verursacht habe, müsse der Schaden den Werbungskosten zugerechnet werden, sofern er bei einer berufsbedingten Fahrt eingetreten sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG kann jemand, der - wie der Kläger - mit dem eigenen PKW von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück fährt, nur die dort genannten Pauschsätze als Werbungskosten geltend machen. Wie der BFH wiederholt entschieden hat, sind mit den Kilometer-Pauschbeträgen die normalen, voraussehbaren Kosten, die dem Arbeitnehmer bei Benutzung des eigenen privaten PKW für berufliche Zwecke entstehen, abgegolten. Deshalb können insbesondere Kraftfahrzeugsteuern, Haftpflichtversicherungsprämien, übliche Reparaturkosten, Parkgebühren und AfA nicht neben den Kilometer-Pauschbeträgen als Werbungskosten abgezogen werden (vgl. Urteil des BFH vom 29. Januar 1982 VI R 133/79, BFHE 135, 200, BStBl II 1982, 325). Daneben können nur außergewöhnliche Aufwendungen für das Fahrzeug berücksichtigt werden, die etwa durch einen Unfall oder durch den vorzeitigen Verschleiß von wichtigen Teilen verursacht worden sind. Dazu gehören auch die Kosten für einen Austauschmotor, die bei einer geringen Betriebsdauer des Fahrzeugs angefallen sind (vgl. Urteil des BFH vom 17. Oktober 1973 VI R 26/73, BFHE 111, 69, BStBl II 1974, 186). Wann eine geringe Betriebsdauer des Fahrzeugs angenommen und demzufolge für einen Austauschmotor der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zugestanden werden kann, ist im wesentlichen eine Tatfrage. Ihre Beantwortung richtet sich nach Art und Lebensdauer des betreffenden Fabrikats sowie nach der üblichen Benutzungsweise durch den Fahrer (Stichwort: Sportwagen oder nicht). Demzufolge hat der Senat in dem vorgenannten Urteil ausdrücklich hervorgehoben, daß allgemeine Regeln, inwieweit Reparaturaufwand zu den gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Kosten gehört, sich nicht aufstellen lassen. Wann das eine oder andere zutrifft, ist eine Frage der Sachverhaltswürdigung im Einzelfall. Im Revisionsverfahren kann nur geprüft werden, ob die Würdigung möglich war. Daß das FG zu dieser Entscheidung kommen mußte, ist nicht erforderlich.
Nach den danach hier maßgebenden und für den Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des FG ist der Schaden letztlich auf einen geplatzten Kühlwasserschlauch und die dadurch verursachte Überhitzung des Motors zurückzuführen. Bei einer Kilometerleistung von rd. 83 000 gehört ein Schaden am Kühlwasserschlauch indessen zu den nicht außergewöhnlichen Verschleißerscheinungen eines Kraftfahrzeugs. Das gilt zwangsläufig auch für die dadurch bedingten, durch Anwendung der erforderlichen Sorgfalt unter Umständen vermeidbaren Folgeschäden, zumal sich nicht ausschließen läßt, daß der Anlaß für den Motorschaden schon bei den vom Kläger durchgeführten Privatfahrten gesetzt gewesen sein konnte. Der Anerkennung solcher Aufwendungen als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG steht daher das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entgegen.
Der Senat vermag infolgedessen auch nicht der Auffassung des FG beizutreten, daß die Nichtbeachtung von Betriebsvorschriften für die Führung und Wartung eines Kraftfahrzeugs steuerrechtlich analog der Mißachtung von Verkehrsvorschriften und den dadurch eingetretenen Schäden behandelt werden müsse. Denn den Unfallkosten haftet - wie der Senat im Urteil in BFHE 135, 200, BStBl II 1982, 325 ausgeführt hat - stets der Umstand des Unvorhersehbaren, vielleicht sogar Unabwendbaren und damit Außergewöhnlichen an. Entsprechendes kann der Natur der Dinge nach jedoch nicht für einen Motorschaden - wie hier - gelten, der dadurch eingetreten ist, daß ein Kühlwasserschlauch infolge normalen Verschleißes geplatzt ist. Schließlich wird sich später kaum feststellen lassen. wann genau diese Schadensursache eingetreten und ob das nicht gerade anläßlich einer Privatfahrt mit den sich aus § 12 Nr. 1 EStG ergebenden Rechtsfolgen (vgl. oben) geschehen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 413758 |
BFH/NV 1985, 28 |