Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Wird einem Alleinvertreter neben der zum Weiterverkauf bestimmten Markenware Werbematerial geliefert, das dieser für typische Markenwerbung oder vertraglich übernommene Werbung für seinen Verkäufer verwendet, ohne daß ihm die Aufwendungen für Werbung besonders erstattet werden, und ist dieses Werbematerial getrennt in Rechnung gestellt, so gehört der Preis des Werbematerials zum Zollwert der Handelsware.

Das schließt nicht aus, daß auch das Werbematerial, soweit es selbst einer Verzollung unterliegt, unter Zugrundelegung seines Rechnungspreises (Zollwert) verzollt wird.

 

Normenkette

ZG §§ 53, 53a, 53b

 

Tatbestand

Die Bgin., die Alleinvertreterin der Firma .... für das Bundesgebiet ist, führte in der Zeit vom 27. Februar 1958 bis 28. April 1959 insgesamt 9 von dieser Firma stammende Sendungen von Waren verschiedener Art ein, und zwar Seife, Parfüm und Riechstoffkomponenten - im folgenden "Stammware" -, verschiedener Proben der Stammware in kleinen Behältnissen oder in Stücken, die von der Größe der Stücke oder Behältnisse der Stammware abwichen - im folgenden "Werbematerial" -, Vorführständer, Dekorationen, Factisen, Flakons, Werbedrucke u. a. - im folgenden "andere Werbegegenstände" -, Faltschachteln u. a. als Ersatzmaterial und Flakons, Etiketten u. a. als Konfektionsmaterial. Das Zollamt fertigte die eingeführten Waren zum freien Verkehr ab und erhob dabei unter getrennter Abgabenberechnung für die einzelnen Warenarten insgesamt 14.980,20 DM an Eingangsabgaben (Zoll, Monopolausgleich, Leuchtmittelsteuer und Umsatzausgleichsteuer).

Durch änderungsbescheid vom 11. November 1959 setzte es die Abgaben anderweitig fest und forderte 2.534,90 DM nach. Es begründete dies im wesentlichen damit, daß die Zollwerte unrichtig berechnet worden seien, denn es sei nicht erkannt worden, daß die in den Rechnungen der Firma .... unter "Diverse" aufgeführten Posten berechnetes Werbematerial gewesen seien. Die Nacherhebung erfolge im Hinblick auf Erlasse des Bundesministers der Finanzen, die Weisungen für die Verzollung kosmetischer Erzeugnisse enthielten.

Nach dem Erlaß vom 21. Juli 1953 III B - Z 2218 e - 58/53 sollte in der Zeit vom 1. August 1953 bis zum 31. Dezember 1956 im Einverständnis mit der zuständigen Fachvereinigung - im folgenden Vereinigung -, der die Bgin. angehört, bei Einfuhren durch Mitglieder der Vereinigung der Zollwert derart berechnet werden, daß als Ausgleich für den außergewöhnlichen Preisnachlaß für Alleinvertreter zum Rechnungspreis zuzüglich der zum Zollwert gehörenden Kosten folgende Zuschläge zu machen waren: 1. Für Riech-, Körperpflege- und Schönheitsmittel der Tarifnr. 3306 und Seifen der Tarifnr. 3401 C 5 %, 2. für Waren der Tarifnrn. 3303 und 3304, aus denen auf Grund eines Lizenzvertrages im Inland Fertigerzeugnisse unter Benutzung eines ausländischen Warenzeichens hergestellt werden, 12 % und 3. für Konfektionsmaterial (z. B. Flaschen, Töpfe, Tuben und dergleichen) 12 %. Für Werbematerial sollte ein Zuschlag nicht erhoben werden; Lizenzgebühren und Gewinnzuschläge bei Tochtergesellschaften sollten besonders berücksichtigt werden.

Durch den Erlaß vom 15. Dezember 1956 III B/4 - Z 2218 e - 56/56 wurde im Einverständnis mit der Vereinigung die im Erlaß vom 21. Juli 1953 getroffene Zuschlagsregelung bis auf weiteres verlängert. Ferner führte der Bundesminister der Finanzen aus, daß der Erlaß vom 21. Juli 1953 davon ausgegangen sei, daß "der ausländische Lieferant das Werbematerial an den inländischen Alleinvertreter unberechnet lieferte und daß der Wert des Werbematerials im Preis der Stammware enthalten war" (Abs. 2 Satz 1 des Erlasses). Nunmehr seien aber die meisten ausländischen Lieferanten dazu übergegangen, den Wert des Werbematerials aus dem Verkaufspreis der Stammware auszusondern und das Werbematerial gesondert in Rechnung zu stellen. Das stelle eine Verlagerung der Verkaufskosten durch den Verkäufer auf den Käufer dar. In diesen Fällen sei es deshalb erforderlich, den Wert des Werbematerials dem Wert der Stammware zuzuschlagen, um nach Einbeziehung des festgesetzten Zuschlages - und etwaiger Lizenzgebühren - zum Zollwert der Stammware zu gelangen. Der Bundesminister der Finanzen ordnete an, in diesen Fällen wie folgt zu verfahren:

"1. Werden der Wert der Stammware und der Wert des Werbematerials in der Rechnung getrennt ausgewiesen, sind die Zuschläge gemäß o. a. Erlaß (Anmerkung: das ist der Erlaß vom 21. 7. 1953) demjenigen Wert hinzuzurechnen, der sich aus dem Rechnungspreis für die Stammware zuzüglich dem Rechnungspreis für das Werbematerial ergibt.

Werden der Wert der Stammware und der Wert des Werbematerials in der Rechnung in einer Summe ausgewiesen, sind die Zuschläge gemäß o. a. Erlaß dieser Summe hinzuzurechnen.

Zu 1. und 2: Das Werbematerial ist nach seiner Beschaffenheit besonders zu verzollen. Ein Zuschlag für das Werbematerial ist nicht zu erheben."

Durch Erlaß vom 30. November 1960 III B/4 - Z 2219 h - 75/60 erläuterte der Bundesminister der Finanzen, daß unter "Werbematerial im Sinne des Erlasses vom 15. Dezember 1956" lediglich Proben der Stammware in kleinen Behältnissen oder der Teil der Stammware zu verstehen seien, der vom Alleinvertreter zur Herstellung solcher Proben verwendet werden solle. Aufwendungen des Alleinvertreters für anderes Werbematerial, z. B. für Prospekte und Dekorationsmaterial, seien durch die mit Erlaß vom 21. Juli 1953 empfohlenen Zuschläge abgegolten. Dabei sei es unerheblich, ob der Alleinvertreter dieses Werbematerial von fremden in- oder ausländischen Firmen oder von Firmen gegen Entgelt beziehe, die auch die Stammware liefern.

Gegen den änderungsbescheid vom 11. November 1958 hat die Bgin. mit Zustimmung des Vorstehers des Hauptzollamts Sprungberufung eingelegt.

Bei einer Besprechung, die vor dem Finanzgericht mit den Verfahrensbeteiligten stattfand, erklärten diese, sie seien übereinstimmend der Auffassung, daß zur Feststellung des Zollwerts Zuschläge zum Rechnungspreis zu erheben seien, durch die die Leistungen berücksichtigt würden, die die Bgin. für die Lieferantin erbringe. Streitig sei lediglich die Art der Berechnung des Zollwerts. Sie beantragten eine Zwischenentscheidung nach § 284 Abs. 2 AO darüber, ob unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1956 der Wert des Werbematerials, das vom ausländischen Hersteller geliefert und vom inländischen Käufer bezahlt und besonders verzollt wird, dem Wert der Stammware bei der Zollwertfestsetzung zugerechnet werden muß. Als Werbematerial verstehen die Verfahrensbeteiligten dabei übereinstimmend nur das Material, das in dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 30. November 1960 als "Werbematerial" bezeichnet worden ist.

Das Finanzgericht erließ folgendes Zwischenurteil: "Der Zollwert der Stammware der am 27. Februar, 11. April, 31. Juli, 13. August, 10. Oktober, 4. November und 3. Dezember 1958 und am 10. Februar und 28. April 1959 für die Berufungsführerin abgefertigten Einfuhren von kosmetischen Erzeugnissen (nämlich von Stammware, Werbematerial und anderen Werbegegenständen im Sinne des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 30. November 1960 III B/4 - Z 2219 h - 75/60 und von anderen Gegenständen), bei denen der Wert des Werbematerials aus dem Verkaufspreis der Stammware ausgesondert und das Werbematerial gesondert in Rechnung gestellt und verzollt wurde, darf nicht nach Maßgabe von Abs. 4 Ziff. 1 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1956 III B/4 - Z 2218 e - 56/56 festgestellt werden.

Die Entscheidung über die Kosten und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes bleiben der abschließenden Entscheidung vorbehalten."

Hiergegen hat der Vorsteher des Hauptzollamts Rb. eingelegt, die er wie folgt begründet:

Die Auffassung des Finanzgerichts, der Zollwert der Stammware einschließlich Werbematerial umfasse auch den Zollwert des Werbematerials, verkenne, daß die Einbeziehung des Wertes des Werbematerials in den Zollwert der Stammware nur die Bewertung der Stammware entsprechend der Zollwertnorm darstelle. Denn der einem Alleinvertreter in Rechnung gestellte Preis entspreche nur dann dem Normalpreis, wenn er alle Kosten enthalte, die üblicherweise der Verkäufer trage und in seinen Rechnungspreis einbeziehe (Urteil des Bundesfinanzhofs VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 495, BZBl 1959 S. 628, Slg. Bd. 69 S. 630). In der gesonderten Berechnung des Werbematerials liege eine Aussonderung des Wertes aus dem Rechnungspreis der Stammware. Da aber davon auszugehen sei, daß der Rechnungspreis des Verkäufers normalerweise alle Kalkulationselemente hinsichtlich der Markenwerbung usw. enthalte, müßten, falls wie im vorliegenden Falle der Alleinvertreter Aufwendungen dieser Art neben dem Kaufpreis für die Stammware übernehme, diese dem Rechnungspreis der zu bewertenden Ware hinzugerechnet werden, damit er der gesetzlichen Definition des Zollwerts entspreche. Daneben sei auf Grund der Vorschriften des Zollrechts das Werbematerial als Ware nach seiner eigenen Beschaffenheit und nach seinem Wert unabhängig von der Bewertung der Stammware zu verzollen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Wert des Werbematerials im Rechnungspreis der Stammware bereits enthalten sei oder getrennt von diesem Preis gesondert berechnet sei. Die Einbeziehung des Wertes des Werbematerials in den Rechnungspreis der Stammware könne also keinesfalls schon eine Verzollung des Werbematerials darstellen, was schon daraus erhelle, daß das Werbematerial im Sinne des Erlasses vom 30. November 1960 III B/4 - Z 2219 h - 75/60 auch einem anderen Zollsatz unterliegen könne als die Stammware. Insofern könne von einer Doppelverzollung des Werbematerials nicht gesprochen werden. Der Vergleich des Finanzgerichts zwischen der Bewertung bei einem Alleinvertreter und einem unabhängigen Käufer gehe insofern fehl, als hier etwas verglichen werde, was es gar nicht gebe. Die Eigenschaft des Käufers als Alleinvertreter schließe jeden Kauf durch einen unabhängigen Käufer aus.

Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, macht folgendes geltend:

Nach dem Urteil des Finanzgerichts seien sich die Beteiligten darüber einig, daß wegen der vom Alleinvertreter getriebenen Werbung Zuschläge zum Rechnungspreis zu machen seien. Ausgangspunkt sei die Rechtslage, wie sie jetzt in § 31 ZG 1961 kodifiziert sei, d. h. Preisermäßigungen an Alleinvertreter, die eine Berichtigung des Rechnungspreises erforderten, seien Preisunterschiede zwischen dem Rechnungspreis und dem üblichen Wettbewerbspreis, zu dem jeder Käufer die Ware kaufen könnte, der neben der Zahlung des Rechnungspreises keine weiteren Leistungen (besonders Werbung und Garantiedienst) im Interesse des Verkäufers in bezug auf die eingeführte Ware erbringe.

Das Finanzgericht sei an Hand von Beispielen zu dem Ergebnis gekommen, daß die Berechnungsart, von der der Erlaß vom 15. Dezember 1956 bei aufgespalteten Rechnungspreisen ausgehe, nicht richtig sei, weil sie zu einer ungleichen Behandlung führe. Die richtige Lösung der gebildeten Beispiele führe aber in allen Fällen zur gleichen Behandlung. Unterstelle man im Beispiel A - Einfuhr durch einen unabhängigen Käufer - und im Beispiel B - Einfuhr durch Alleinvertreter - bei den Stammwaren einen Zollsatz von 10 % und bei dem Werbematerial außertarifliche Zollfreiheit, so ergebe sich in beiden Fällen der gleiche Abgabenbetrag. Abgesehen davon, daß das Beispiel C - Lieferung der Stammware und des Werbematerials unter gesonderter Berechnung an einen unabhängigen Käufer - irreal sei, müsse bei Vorliegen eines solchen Sachverhalts der Rechnungspreis für die Stammware um den fehlenden Aufwand für das Werbematerial berichtigt werden, denn dieser gehöre wie in den Beispielen A und B zum Zollwert der Stammware. Die gesonderte Inrechnungstellung des Werbematerials vermöge nichts daran zu ändern, daß die Warenwerbung in den Vertriebsbereich des Herstellers gehöre und üblicherweise kalkulatorisch in den Verkaufspreis eingehe, ebenso wie z. B. die Verkaufsprovision. Wenn also der Aufwand für das Werbematerial einem unabhängigen Käufer gesondert in Rechnung gestellt werden würde oder wenn ein Alleinvertreter Stammware und Werbematerial getrennt importieren würde, müßte man den - verkürzten - Rechnungspreis für die Stammware entsprechend berichtigen, um zu ihrem Zollwert zu gelangen. Als Zollbelastung ergäbe sich dann wiederum entgegen der Meinung des Finanzgerichts der gleiche Zollbetrag. Damit sei die Gleichstellung der Einfuhren durch Abhängige - Beispiel D - und Unabhängige - Beispiel C - hergestellt. Die Darstellung im Beispiel E sei unrichtig. Es werde wie im Beispiel D verfahren.

Auch vom internationalen Recht her gesehen ergebe sich die gleiche Lösung. Die Avis des Brüsseler Zollrats seien einstimmige Verlautbarungen der Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten. Bei der geäußerten einhelligen Auffassung müsse man bleiben. Das Avis XXIV aber komme zu dem Ergebnis, daß die Einfuhren von Werbemustern und die sich daraus später ergebenden Wareneinfuhren unabhängig von einander bewertet werden müßten, und zwar jeweils unter Zugrundelegung des Normalpreises, wie er im Abkommen definiert sei, und daß bei der Feststellung des Zollwerts der Waren, die durch die Muster dargestellt würden, die Kosten der Muster nicht in Abzug gebracht werden dürften.

Die Bgin. hält dem Nachstehenden entgegen: § 31 ZG 1961 treffe auf Muster und Proben nicht zu. Es stimme auch nicht, daß nach Herausgabe des Erlasses vom 21. Juli 1953 die betroffenen Firmen sich automatisch umgestellt hätten. Nur in einem Fall sei von einer gemeinsamen Berechnung von Stammware und Werbematerial dazu übergegangen worden, für die Stammware 92 % und die Proben 8 % des Gesamtpreises in Rechnung zu stellen, und zwar sei das geschehen, nachdem sich bei der Verzollung Schwierigkeiten ergeben hätten und daher seitens eines Zollrats getrennte Berechnung angeraten worden sei. Das sei im Jahre 1955 geschehen.

Das Brüsseler Avis XXIV gehe von dem anderen Sachverhalt aus, daß ein Importeur zunächst Musterbücher einführe, um dann später die benötigte Stammware gesondert zu bestellen. Die Theorie der Zollverwaltung müßte in diesem Fall zu dem unsinnigen Ergebnis führen, daß, wenn ein Importeur gegen Bezahlung ein Musterbuch für Anzugstoffe gekauft habe, der Preis dieses Musterbuches dem Zollwert aller späteren Einfuhren von Anzugstoffen anteilig zugeschlagen werden müßte.

Zuschläge zum Rechnungspreis zwecks Ermittlung des Normalpreises seien nach der Brüsseler Zollwertdefinition, dem ZG sowie der Wertzollordnung (WertZO) nur dann begründet, wenn von dem Importeur noch weitere Aufwendungen gemacht werden müßten, um in den Besitz der eingeführten Ware zu gelangen. Bei der Einfuhr von Markenartikeln durch Alleinvertreter gehörten hierzu auch die Werbeaufwendungen, welche üblicherweise von dem Hersteller getragen würden. Wenn ein Importeur verschiedene Waren - im Streitfalle Stammware und Warenproben - einführe und hierfür einen in keiner Weise manipulierten Rechnungspreis zahle, so müsse dieser Rechnungspreis als Normalpreis anerkannt werden. Er werde bei der Einfuhr von Parfüms und Kosmetika im allgemeinen durch Zuschläge für Werbeaufwendungen (z. B. Inserate, Prospekte) und Lizenzgebühren zwecks Ermittlung des im Einzelfalle festzusetzenden Zollwerts erhöht. Die Praxis der Zollverwaltung, darüber hinaus Muster und Proben der Stammware noch einmal dem Rechnungspreis der letzteren zuzuschlagen, stehe zur Definition des Normalpreises im Widerspruch. Dieser erkläre sich dadurch, daß die Zollverwaltung von der Zweckbestimmung (Werbung) der Muster und Proben ausgehe und daraus die Berechtigung herleite, diese spezielle Werbung genauso zu behandeln wie verlagerte Verkaufskosten. Dabei werde übersehen, daß bei den verlagerten Verkaufskosten - beispielsweise für die Werbung durch Inserate - ein echter Preisnachlaß im Rechnungspreis zum Ausdruck komme, während bei der Werbung mit bezahlten Warenproben ein außergewöhnlicher Preisnachlaß überhaupt nicht vorliege.

Der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil VII 28/60 vom 28. Juni 1960 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 1960 S. 340) ausgesprochen, daß der Normalpreisbegriff einen Verkauf der Ware als Handelsgut ohne Berücksichtigung eines etwaigen besonderen Verwendungszwecks unterstelle. Es sei also unerheblich, was später mit der Ware geschehe, d. h. ob eingeführte Muster und Proben der Werbung dienen sollten.

Die Bgin. gehe von der selbstverständlichen Voraussetzung aus, daß sie die von ihrem ausländischen Lieferanten bezogenen Waren uneingeschränkt zu ihrem echten Normalpreis beziehen, bezahlen und verzollen müsse. Vollbringe sie über den Rechnungspreis hinausgehende Leistungen (z. B. Inseratenwerbung), sei sie darüber hinaus mit einer Korrektur des Rechnungspreises um den pauschalierten Zuschlag von 5 % einverstanden. Alle weiteren zollmäßigen Belastungen durch theoretische Manipulationen bei der Ermittlung des Normalpreises entbehrten der Grundlage.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. war der Erfolg nicht zu versagen.

In ihrem Zwischenurteil ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß der Rechnungspreis, den die Bgin. an die Firma ... zu zahlen hatte, nicht das einzige Entgelt für die gelieferte Ware gewesen sei, sondern daß die Bgin. daneben noch zu anderen Leistungen verpflichtet gewesen sei. Bei diesen anderen Leistungen habe es sich vornehmlich um Teile der Kosten der Absatzwerbung, insbesondere um Inseratskosten und ähnliche Aufwendungen gehandelt. Sei aber die Bezahlung des Kaufpreises nicht die einzige Leistung, die ein Käufer zu erbringen habe, sei der Rechnungspreis nicht der Normalpreis im Sinne des § 53 Abs. 2 ZG 1939 und könne deswegen nicht als Zollwert angesehen werden (ß 53 Abs. 2, § 53a Abs. 1 Nr. 1 ZG 1939). In einem solchen Falle seien vielmehr Zuschläge zum Rechnungspreis erforderlich, durch die die Leistungen des Käufers außerhalb des Rechnungspreises berücksichtigt würden. Die Vorinstanz hat sich dabei auf das Urteil des erkennenden Senats VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959 (a. a. O.) berufen, dessen Rechtsausführungen sie beigetreten ist. Der Senat selbst hat durch sein Urteil VII 67/62 S vom 25. Mai 1965 (BStBl 1965 III S. 526) die in jenem Urteil ausgesprochenen Rechtssätze bestätigt. Aus seinen beiden Urteilen ist zu entnehmen, daß dann, wenn ein Alleinvertreter die dem Hersteller (Markeninhaber) obliegende typische Markenwerbung übernommen hat, ohne daß ihm diese besonders vergütet wird, von einem Preisnachlaß ausgegangen werden kann, der zur Berichtigung des Rechnungspreises diesem zuzuschlagen ist. Ferner besagen die Urteile, daß dieser Zuschlag auch deshalb geboten sei, weil die Zahlung des Kaufpreises nicht die einzige Leistung des Käufers im Sinne des § 53a Abs. 1 Nr. 1 ZG 1939 sei. Im einzelnen wird auf die Gründe dieser Urteile verwiesen.

Unter der Voraussetzung, daß die Bgin. u. a. unter Verwendung der von ihr eingeführten Muster und Proben typische Markenwerbung oder andere - von ihr vertraglich übernommene - Werbung für ihre Verkäuferin getrieben hat, ohne dafür eine besondere Vergütung erhalten zu haben, und daher ein Zuschlag zum Rechnungspreis der "Stammware", d. h. der zu Handelszwecken eingeführten Ware, dem Grunde nach gerechtfertigt ist, kann der Vorinstanz nicht zugestimmt werden, wenn sie die Feststellung des Zollwerts der Stammware nach Maßgabe von Abs. 4 Ziff. 1 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1956 III B/4 - Z 2218 e - 56/56 nicht für Rechtens hält.

Dieser Erlaß erörtert die Fälle, daß zusammen mit Stammware Werbematerial eingeführt wird und entweder in der Rechnung beide getrennt ausgewiesen werden oder der Preis der Stammware und der des Werbematerials in einer Summe ausgeworfen werden. Für beide Arten von Fällen gilt nach dem Erlaß übereinstimmend, daß das Werbematerial nach seiner Beschaffenheit besonders zu verzollen, dabei jedoch ein Zuschlag für das Werbematerial nicht zu erheben, d. h. dessen Preis nicht durch einen Zuschlag zu berichtigen ist. Streitig ist zwischen den Verfahrensbeteiligten, ob im ersteren Fall - getrennte Berechnung von Stammware und Werbematerial - bei der Ermittlung des Zollwerts der Stammware die Zuschläge nur dem Rechnungspreis der Stammware oder der Summe der Rechnungspreise von Stammware und Werbematerial hinzuzurechnen sind. Nach Auffassung des Senats ist - unter der Voraussetzung, daß der Zuschlagssatz auf Grund der Annahme einer unberechneten Lieferung des Werbematerials festgesetzt ist - diese Frage zu bejahen.

In dem Fall, daß für Stammware und Werbematerial nur ein Preis ausgeworfen ist, enthält dieser Rechnungspreis zwar die Kosten des Werbematerials, jedoch nicht die Kosten der Werbung, die durch eine Verwendung des Materials bzw. durch Werbung in anderer Form entstehen können. Daher rechtfertigt eine übernahme dieser Werbung und ihrer Kosten sowie ein dafür gewährter Preisnachlaß einen Zuschlag zu dem gemeinsamen Rechnungspreis von Stammware und Werbematerial.

Es kann auch nichts dagegen eingewendet werden, daß die Stammware und das Werbematerial als voneinander getrennte Waren je für sich zu verzollen sind. Für die Stammware ist dabei als Zollwert der um den erwähnten Zuschlag (sowie Frachtkosten usw.) erhöhte Rechnungspreis für Stammware und Werbematerial zugrunde zu legen; denn der Preis der Stammware deckt normalerweise auch die Kosten des Materials für die dem Hersteller obliegende Markenwerbung, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob in der Rechnung neben der Stammware das Werbematerial überhaupt erwähnt ist und ob neben der Stammware Werbematerial eingeführt wird oder nicht.

Bei der Verzollung des Werbematerials aber ist dessen Zollwert zugrunde zu legen, d. h. der normale Preis für das Werbematerial als eingeführte Ware, der entweder in einem gemeinsamen Rechnungspreis für Stammware und Werbematerial mitenthalten oder in der Rechnung besonders ausgeworfen ist. Wenn er in der Rechnung nicht besonders ausgeworfen ist, wird er gewöhnlich zu schätzen sein. Soweit die Vorinstanz der Meinung ist, daß der gesondert ermittelte Zollwert des Werbematerials von dem "einheitlichen" Zollwert abzusetzen sei, um zum Zollwert der Stammware zu gelangen, irrt sie hierin. Denn zwar sind die Kosten des Herstellers für Werbematerial - auch wenn dieses selbst nicht vom Alleinvertreter eingeführt wird - im Preis und damit auch im Zollwert der Stammware enthalten, nicht jedoch ist darin der Zollwert als Bemessungsgrundlage für die bei der Einfuhr von Werbematerial auf dieses zu erhebenden Eingangsabgaben enthalten.

Der Umstand, daß der Preis der Stammware normalerweise die Kosten für Werbematerial deckt und der Zollwert der Stammware in diesem Sinne die Kosten enthält, bei der Einfuhr des Werbematerials aber dessen (normaler) Preis als Zollwert des Werbematerials anzusehen ist, rechtfertigt es nicht, von einer Doppelverzollung zu sprechen; denn verzollt wird einmal die Stammware, das andere Mal das Werbematerial, also nicht dieselbe, sondern zwei verschiedene Waren. Die Kosten des Werbematerials bilden nämlich dadurch, daß sie in dem dargelegten Sinne auch im Zollwert der Stammware enthalten sind, nur einen Teil der Bemessungsgrundlage für die auf die Stammware zu erhebenden Eingangsabgaben, sind aber nicht selbst Gegenstand dieser Abgabenerhebung.

Daraus ergibt sich folgerichtig die im streitigen Erlaß des Bundesministers der Finanzen für den Fall, daß Stammware und Werbematerial getrennt in Rechnung gestellt werden, vorgesehene wertzollrechtliche Behandlung. In diesem Fall enthält der für die Stammware eingesetzte Preis nicht die Kosten des Werbematerials, da der Verkäufer sich diese hier mit dem besonderen Preis für das Werbematerial abgelten läßt. Da aber, wie oben dargelegt, die Kosten des Werbematerials normalerweise in den Preis der Stammware eingehen und insofern zu deren Zollwert gehören, muß infolgedessen bei der Festsetzung des Zollwerts der Stammware der Preis des Werbematerials zunächst dem für die Stammware ausgeworfenen Preis hinzugerechnet werden, ehe die Erhöhung durch einen Zuschlag stattfinden kann. Erst nach dieser Zusammenrechnung der Preise ist nämlich für die Festsetzung des Zollwerts der Stammware der gleiche Ausgangspunkt gewonnen wie in dem Fall, daß für die Stammware und das Werbematerial ein gemeinsamer Preis in Rechnung gestellt ist. Es ist aber selbstverständlich, daß das Auswerfen getrennter Preise nicht zu einer anderen Ermittlung des Zollwerts für die Stammware führen kann und darf, als sie bei einem gemeinsamen Rechnungspreis stattfindet.

Ein gleiches Ergebnis tritt bei diesem Verfahren auch insofern ein, als das Werbematerial genauso wie im ersteren Fall getrennt verzollt wird und dabei als Zollwert dessen Preis zugrunde gelegt wird. Hierbei ist jedoch - anders als die Vorinstanz meint - ein Zuschlag nicht hinzuzurechnen.

Die vom Bundesminister der Finanzen in seinem genannten Erlaß vorgesehene wertzollrechtliche Behandlung dient also einer gleichmäßigen Zollwertfestsetzung und steht mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang, so daß unter der Voraussetzung, daß die Höhe des im Erlaß vorgesehenen Zuschlages auf der Grundlage der Lieferung von nicht gesondert berechnetem Werbematerial festgesetzt und angemessen ist, einer entsprechenden wertzollrechtlichen Behandlung Bedenken nicht entgegenstehen.

Gegen diese wertzollrechtliche Behandlung spricht auch nicht die von der Vorinstanz angestellte Erwägung, daß sich dann, wenn die Stammware und das Werbematerial in getrennten Sendungen eingeführt werden, ein anderes Ergebnis einstellen könnte. Das wäre zwar dann möglich, wenn es nicht bemerkt wird, daß anstatt einer sonst üblichen Einfuhr von Stammware und Werbematerial nur Stammware eingeführt wird und deren Preis niedriger ist als bei gleichzeitiger Einfuhr von Werbematerial und gemeinsamen Rechnungspreis. Deswegen aber kann sich an der oben dargelegten richtigen Feststellung des Zollwerts nichts ändern.

Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Begründung in Abs. 3 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen ganz zutreffend ist, wenn es heißt, daß durch die getrennte Rechnung eine Verlagerung von Verkaufskosten eintrete. In dem wiederholt genannten Urteil vom 15. Oktober 1959 hat der Senat ausgesprochen, daß es sich im Falle der übernahme von Werbung und Garantieleistung durch den Alleinvertreter - soweit es um an sich dem Hersteller obliegende Funktionen geht - nicht um die Verlagerung der Verkaufskosten handle, sondern um die Frage des üblichen freien Wettbewerbspreises zwischen unabhängigen Vertragspartnern. Das gilt aber nicht erst - wie man den Text des Erlasses des Bundesministers der Finanzen verstehen könnte - bei getrennter Berechnung von Stammware und Werbematerial, sondern bei der überlassung von Markenwerbung überhaupt.

Wenn die Bgin. gegenüber dem Vortrag des Bundesministers der Finanzen, daß das Avis XXIV des Brüsseler Zollrats die von der Verwaltung vertretene Auffassung stütze, behauptet, das genannte Avis gehe von einem anderen Sachverhalt aus, nämlich daß ein Importeur zunächst Musterbücher einführe, um dann später die benötigte Stammware gesondert zu bestellen, so ist demgegenüber festzustellen, daß das Avis XXIV die Einfuhr von Mustern pharmazeutischer Spezialerzeugnisse in Probepackungen und deren kostenloser Verteilung an ärzte, Krankenhäuser und Kliniken zu Werbezwecken zum Inhalt hat. Soweit diese Probepackungen zu typischer Markenwerbung Verwendung finden, gehört der für sie entrichtete Preis, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, zum Zollwert der später eingeführten Stammware.

Wenn die Bgin. weiterhin unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats VII 28/60 vom 28. Juni 1960 ausführt, die spätere Verwendung der von ihr eingeführten Muster und Proben zu Werbezwecken könne bei der Verzollung keine Rolle spielen, so trifft dies, soweit diese Waren selbst der Verzollung unterliegen, für diese ihre eigene Verzollung zu. Das hat aber nichts damit zu tun, daß daneben ihr Wert bei der Verzollung der Stammware dann, wenn sie tatsächlich als Werbematerial für typische Markenwerbung Verwendung finden, zum Normalpreis der Stammware gehört.

Da die Vorinstanz irrigerweise die im Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1956 vorgesehene und von der Zollverwaltung im Streitfall vorgenommene wertzollrechtliche Behandlung der Einfuhren für unzulässig erklärt hat, war das angefochtene Zwischenurteil aufzuheben.

Die Vorinstanz wird nunmehr unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen über die Berechtigung der geltend gemachten Eingangsabgabenforderungen zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411673

BStBl III 1965, 533

BFHE 1966, 93

BFHE 83, 93

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