Entscheidungsstichwort (Thema)
Inlandvermögen eines beschränkt Vermögensteuerpflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
Bei der geringen Höhe der festgesetzten Vermögensteuer gegen den beschränkt Steuerpflichtigen kommt ein verfassungsrechtlicher Erlaßanspruch nicht in Betracht, da eine Vermögensteuer von 140 DM bei einem zugrunde gelegten Vermögen von 14 000 DM nicht erdrosselnd oder sonst übermäßig belastend wirkt. Ob im übrigen dieselben Voraussetzungen für die Entstehung eines verfassungsrechtlichen Erlaßanspruchs gelten - wie für die Einkommensteuer - kann dahinstehen.
Normenkette
GG Art. 14; VStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1973 im Inland freiberuflich tätig. Die Praxisräume befanden sich in Y, F-straße. Diese Anschrift gaben der Kläger und seine Ehefrau auch als Wohnanschrift in ihren Steuererklärungen an.
Bei einer im Herbst 1976 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Kläger und seine Ehefrau 1971 ein ihnen gehörendes Einfamilienhaus in …/Belgien unter Aufgabe ihrer inländischen Wohnung bezogen hatten. Daneben stand ihnen ein an die Praxisräume angrenzendes möbliertes Zimmer zur Verfügung. Der Kläger machte geltend, dort an Werktagen gewohnt und übernachtet zu haben, so daß sich sein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland befunden habe.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) sah den Kläger als beschränkt vermögensteuerpflichtig an und erließ einen Nachveranlagungsbescheid zur Vermögensteuer 1973 über 140 DM. Dabei ging das FA von einem Inlandsvermögen von 14 000 DM aus und gewährte die Freibeträge nach § 5 des Vermögensteuergesetzes (VStG) 1970 nicht.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Zur Begründung nahm das FG auf sein die Einkommensteuerveranlagung des Klägers für 1973 bis 1975 betreffendes Urteil Bezug.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA geltend, die Entscheidung des FG verletze § 14 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG). Der Kläger habe seinen Lebensmittelpunkt nicht in dem an seine Praxisräume angrenzenden einfach möblierten Zimmer, sondern in seinem Einfamilienhaus in Belgien gehabt. Dort sei nicht nur sein Wohnsitz, sondern auch sein gewöhnlicher Aufenthalt gewesen. Die gegenteilige Würdigung des FG sei nicht überzeugend.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zu verwerfen.
Die Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse durch das FG sei möglich gewesen und deshalb für den Bundesfinanzhof (BFH) bindend. Die abweichenden Folgerungen des FA seien demgegenüber unbeachtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tage I R 225/82 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Natürliche Personen, die im Inland weder Wohnsitz noch ihren ständigen Aufenthalt haben, sind beschränkt vermögensteuerpflichtig (§ 2 Abs.1 Nr.1 VStG 1970).
2. Das FG hat ohne ausreichende tatsächliche Feststellungen und damit infolge eines vom Revisionsgericht auch ohne Rüge zu beanstandenden Fehlers bei der Rechtsanwendung angenommen, der Kläger habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, nämlich in seinen Praxisräumen und in dem angrenzenden Raum gehabt. Wegen der Begründung nimmt der Senat auf seine Entscheidung vom heutigen Tage in der Sache I R 225/82 Bezug.
3. Angesichts der geringen Höhe der gegen den Kläger festgesetzten Vermögensteuer kommt ein verfassungsrechtlicher Erlaßanspruch entsprechend den Ausführungen, auf die in der Sache I R 225/82 Bezug genommen ist, nicht in Betracht, da eine Vermögensteuer von 140 DM bei einem zugrunde gelegten Vermögen von 14 000 DM nicht erdrosselnd oder sonst übermäßig belastend wirkt. Es kann deshalb dahinstehen, ob im übrigen dieselben Voraussetzungen für die Entstehung eines verfassungsrechtlichen Erlaßanspruchs gelten wie für die Einkommensteuer.
Fundstellen