Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderbetriebsvermögen bei mittelbarer Nutzungsüberlassung; notwendige Beiladung bei Streit über Sonderbetriebsvermögen
Leitsatz (NV)
1. Im Streit zwischen Personengesellschaft und Finanzamt über die Sonderbetriesvermögenseigenschaft des einem Gesellschafter gehörenden Wirtschaftsguts ist der Gesellschafter notwendig beizuladen.
2. Erwirbt der Mitunternehmer einer Personengesellschaft von einem Dritten ein vermietetes Grundstück, das der Mieter an die Personengesellschaft untervermietet hat, und wird dadurch der Personengesellschaft die Nutzung des Grundstücks auch für die Zukunft ermöglicht, so gehört das Grundstück schon während der Laufzeit des Untermietvertrags zum Sonderbetriebsvermögen.
Normenkette
FGO §§ 48, 60; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt den Handel mit und die Herstellung von Betonzuschlagsstoffen, Transportbeton und sonstigen Baustoffen. Mit Vertrag vom 25. Februar erwarb ein Gesellschafter der Klägerin, der Kommanditist A, von der Firma X zum 1. April 1976 ein Grundstück in B. Auf diesem Grundstück betrieb die Klägerin ein von ihr errichtetes Betonwerk. Die Firma X hatte das Grundstück an die Firma Y vermietet. Zwischen der Firma Y und der Klägerin bestand ein Untermietvertrag für die Zeit vom 1. April 1967 bis zum 31. Dezember 1978. Mit dem Eigentumserwerb trat A in den Mietvertrag zwischen X und Y ein. Der Untermietvertrag zwischen Y und der Klägerin blieb bestehen.
Aufgrund des Untermietvertrags zahlte die Klägerin einen Mietzins von monatlich 8 190 DM. Davon erhielt A 6 600 DM, Y 1 590 DM. Die Klägerin zog den gesamten Mietzins als Betriebsausgabe ab. A erklärte die ihm zufließenden Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
In dem nach einer Außenprüfung ergangenen (erstmaligen) Feststellungsbescheid vom 26. Januar 1979 folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) dem nicht. Das FA stellte sich auf den Standpunkt, das Grundstück in B gehöre zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters A und behandelte die Mieteinnahmen nach Abzug von Sonderbetriebsausgaben als gewerbliche Einkünfte des Gesellschafters A.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte dem FA in der Wertung des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen und der Mietzinsen als Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters A.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die hinzugerechneten Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 79 200 DM zu kürzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG. Das FG hat nämlich versäumt, den Gesellschafter A zum Verfahren beizuladen. Die Beiladung des A war notwendig, da die Frage, ob das wirtschaftliche Ergebnis aus der Grundstücksüberlassung zu den gewerblichen Einkünften des A gehört, gegenüber A und der Klägerin nur einheitlich entschieden werden kann und hinsichtlich des Streitgegenstands auch A klagebefugt war (§ 60 Abs. 2 i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Unterlassung der notwendigen Beiladung muß als Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens auch ohne Rüge beachtet werden.
II. Ohne das FG für seine erneute Entscheidung binden zu können, weist der Senat aus prozeßökonomischen Gründen darauf hin, daß das FG zutreffend angenommen hat, die an den Gesellschafter A gezahlten Vergütungen für die Grundstücksnutzung seien Teil von dessen gewerblichen Einkünften.
1. Zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters einer Personengesellschaft gehören nicht nur Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überläßt (Sonderbetriebsvermögen I), sondern nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als Sonderbetriebsvermögen II auch Wirtschaftsgüter, die der Mitgliedschaft des Gesellschafters in anderer Weise als durch Überlassung zur Nutzung unmittelbar an die Gesellschaft dienen (Urteile vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180; vom 13. Mai 1976 IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617; vom 15. Januar 1981 IV R 76/77, BFHE 132, 289, BStBl II 1981, 314). Dient das Wirtschaftsgut in anderer Weise als durch Überlassung zur Nutzung durch den Gesellschafter an die Gesellschaft der Beteiligung, so sind auch die dem Gesellschafter von dritter Seite im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsgut zufließenden Erträge Sonderbetriebseinnahmen und die mit dem Wirtschaftsgut zusammenhängenden Aufwendungen Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters (vgl. Urteil in BFHE 132, 289, BStBl II 1981, 314, m. w. N.). Der Behandlung der Mieteinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters A und der mit der Nutzungsüberlassung zusammenhängenden Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben steht somit nicht entgegen, daß die Klägerin an A in Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Untermietvertrag mit der Firma Y gezahlt hat und daß es sich somit um Zahlungen der Firma Y an A handelte, die lediglich zur Verkürzung des Zahlungsweges nicht von der Klägerin zunächst an Y und von Y an A, sondern von der Klägerin unmittelbar an A geflossen sind.
2. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß A das Grundstück erworben hat, um der Klägerin die Nutzung des Grundstücks für ihre betrieblichen Zwecke auch nach Auslaufen des befristeten Untermietvertrags zu ermöglichen. Die mittelbare Überlassung zur Nutzung über die Firma Y stellte somit bei wirtschaftlicher Betrachtung nur eine Vorstufe zu der für die Zeit nach dem Auslaufen des Untermietvertrags vorgesehenen unmittelbaren Nutzungsüberlassung dar. Bei dieser engen Verknüpfung zwischen Grundstückserwerb, Nutzungsüberlassung und Gesellschafterstellung ist es geboten, das Grundstück bereits ab dem Zeitpunkt seines Erwerbs als Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters A anzusehen. Sollte die Revision der Auffassung sein, aus dem Urteil des erkennenden Senats in BFHE 132, 289, BStBl II 1981, 314 folge, bei mittelbarer Nutzungsüberlassung könne ein Grundstück nur dann Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters sein, wenn der Gesellschafter das Grundstück einem Dritten überläßt, damit dieser es anschließend der Gesellschaft überläßt, so kann dem nicht gefolgt werden. Auch dann, wenn ein bereits von der Gesellschaft aufgrund eines Nutzungsvertrags mit einem fremden Dritten genutztes Grundstück vom Gesellschafter erworben wird, um auch die künftige Nutzung durch die Gesellschaft zu ermöglichen und zu sichern, dient das Grundstück der Beteiligung des Eigentümers an der Gesellschaft und gehört somit zu seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen.
Fundstellen
Haufe-Index 61656 |
BFH/NV 1987, 507 |