Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulage nach § 19 BerlinFG für eine Glastrennwand
Leitsatz (NV)
Eine vom Mieter in eine Halle eingebaute Glastrennwand ist keine Betriebsvorrichtung.
Normenkette
BerlinFG § 19
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Chemiker; er unterhält in einem gemieteten Hallenteil ein naturwissenschaftliches Laboratorium. Der Mietvertrag läuft auf 10 Jahre. Er kann jeweils um zwei Jahre verlängert werden.
Im Streitjahr 1986 schaffte der Kläger für seinen Betrieb eine Vielzahl von Wirtschaftsgütern an. In diesem Zusammenhang ließ er in dem gemieteten Hallenteil eine Glastrennwand einziehen, um in dem auf diese Weise abgetrennten Raum (Mikrobiologieraum) mit krankheitserregenden Mikroorganismen zu arbeiten. Die Kosten beliefen sich auf . . . DM. Ein abgeschlossener Mikrobiologieraum war für den Umgang mit pathologenen Keimen vom zuständigen Gesundheitsamt vorgeschrieben worden.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gewährte die vom Kläger begehrte Zulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) für den Einbau der Glastrennwand nicht. Das FA vertrat die Auffassung, daß die Wand mit dem Einbau ein wesentlicher Gebäudebestandteil geworden sei, daß es sich aber weder um eine Betriebsvorrichtung noch um einen Scheinbestandteil handele.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hinsichtlich der Investitionszulage für die Glastrennwand statt. Es vertrat die Auffassung, daß die Glastrennwand eine Betriebsvorrichtung sei. Entscheidend sei, daß der einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Glastrennwand mit dem Betrieb des Klägers enger sei als mit dem Grundstück. Dies zeige sich daran, daß die Vorrichtung auf die Bedingungen des Betriebs des Klägers so zugeschnitten sei, daß sie für andere Gewerbetreibende wertlos wäre. Der gewerbliche Mieter einer Halle lege nämlich Wert auf eine großflächige Nutzung, die durch zusätzliche Stellwände beeinträchtigt werde. Der Einbau der Glastrennwand schränke demnach den Hallencharakter ein, der eine Gebäudefunktion sei. Die Glastrennwand diene nur den speziellen Bedürfnissen des vom Kläger unterhaltenen Betriebs. Wer die Halle in ihrer eigentlichen Funktion ungehindert nutzen möchte, müsse die Glastrennwand beseitigen, um dadurch die volle freie Fläche zu erhalten.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt das FA, daß das FG den Begriff der Betriebsvorrichtung verkannt habe.
Der Kläger macht geltend, das FG habe den durch die Glastrennwand geschaffenen Mikrobiologieraum zu Recht als Betriebsvorrichtung beurteilt. Der Raum sei nur geschaffen worden, um mit krankheitserregenden Mikroorganismen arbeiten zu können. Der Umgang mit pathologenen Keimen in einem Laborbetrieb, in dem auch andere Gegenstände erprobt würden, sei nicht möglich, da sich diese Keime auf die Untersuchungsgegenstände setzen könnten und die Ergebnisse verfälschen würden. Der Betriebsteil Mikrobiologie werde somit durch den geschaffenen Raum unmittelbar betrieben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Nach § 19 BerlinFG in der für das Streitjahr geltenden Fassung kommt für den Einbau der Glastrennwand eine Investitionszulage nur in Betracht, wenn die Glastrennwand dem Kläger einkommensteuerrechtlich zuzurechnen ist, und außerdem, wenn sie ein bewegliches Wirtschaftsgut ist. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen Gebäude und (unselbständige) Gebäudeteile nach § 19 Abs. 2 letzter Satz BerlinFG zulagebegünstigt sind, liegen hier unstreitig nicht vor.
1. Einbauten, die wesentliche Gebäudebestandteile geworden sind, können beim Mieter selbständig aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter sein, und zwar unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums, der Betriebsvorrichtung, des Scheinbestandteils oder des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs des Einbaus mit dem in dem gemieteten Gebäude unterhaltenen Betrieb (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.Dezember 1987 III R 191/85, BFHE 151, 53, BStBl II 1988, 300). Im vorliegenden Fall ist die Wand dem Kläger jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs zuzurechnen. Denn das FG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf abgestellt, daß die Glastrennwand auf die betrieblichen Bedürfnisse des Klägers zugeschnitten ist. Auch war ihr Einbau vom Gesundheitsamt für den Betrieb der Klägerin vorgeschrieben worden.
2. Mietereinbauten sind nur dann bewegliche Wirtschaftsgüter und damit im vorliegenden Fall allein zulagebegünstigt, wenn sie entweder Betriebsvorrichtungen oder Scheinbestandteile sind.
Nach der Regelung des § 68 Abs. 2 Nr.2 des Bewertungsgesetzes (BewG), die auch im Investitionszulagenrecht gilt, sind Betriebsvorrichtungen Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Aus dem Erfordernis der Zugehörigkeit ,,zu einer Betriebsanlage" folgert die Rechtsprechung, daß der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muß ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Es reicht nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist (vgl. BFH in BFHE 151, 573, BStBl II 1988, 300 und Urteil vom 23. März 1990 III R 63/87, BFHE 161, 240, BStBl II 1990, 751). Entscheidend ist vielmehr, ob das Gebäude (hier der abgeschlossene Raum) in seiner Funktion unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1989 III R 46/86, BFH/NV 1990, 598).
Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen die Annahme, daß die Glastrennwand eine Betriebsvorrichtung darstelle, nicht gerechtfertigt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die Glastrennwand eine ähnliche Funktion für den Betriebsablauf wie eine Maschine hat. Davon kann bei einer Trennwand grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Mit ihr bzw. dem abgetrennten Raum wird ein Gewerbe in der Regel nicht unmittelbar betrieben. Sie dient vielmehr wie ein Gebäude nur mittelbar dem Betriebszweck.
Auf den Gesichtspunkt des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung des FG nicht mehr an. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung in BFHE 151, 573, BStBl II 1988, 300 ausgeführt hat, ist der Begriff des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs auf das Bewertungsrecht nicht übertragbar. Der Begriff der Betriebsvorrichtung ist wesentlich enger.
3. Da die Vorentscheidung nicht von den genannten Grundsätzen ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif.
Das FG wird nunmehr festzustellen haben, ob dem Kläger die beantragte Investitionszulage unter dem Gesichtspunkt eines Scheinbestandteils zusteht. Dabei wird es entscheidend darauf ankommen, ob der Glastrennwand nach ihrem Ausbau noch ein beachtlicher Wiederverwendungswert zukommt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 598, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 418563 |
BFH/NV 1993, 436 |