Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf von Waren im Versandhandel bei Ratenzahlungen
Leitsatz (amtlich)
Beim Verkauf von Waren im Versandhandel liegt auch dann eine einheitliche Warenlieferung (nicht zum Teil eine steuerfreie Kreditgewährung) vor, wenn der Käufer von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Ratenzahlung Gebrauch macht und dadurch einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 v.H. des Katalogpreises einbüßt.
Normenkette
UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, §§ 8, 4 Nr. 8; AbzG §§ 1, 1a; RbtG § 2; VerbrKrG § 4
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt den Einzelhandel mit Waren verschiedener Art im Versandgeschäft. Sie bietet ihr Warensortiment hauptsächlich in einem Katalog an, in dem die einzelnen Artikel mit Bestellnummern versehen und mit Preisen ausgezeichnet sind (Katalogpreise). Abgesehen von wenigen "Barpreis"-Artikeln gewährte die Klägerin im Streitjahr (1977) bei Zahlung des Kaufpreises bis zu bestimmten Terminen 3 v.H. Rabatt. Bei Teilzahlung bis zu fünf Monatsraten brauchten die Kunden nur den nicht um den Rabatt geminderten Katalogpreis zu bezahlen. Für eine längerfristige Ratenzahlung (bis zu einem Jahr) wurden den Bestellern darüber hinaus Kreditzinsen in Rechnung gestellt.
In Teilzahlungsbeispielen sind im Katalog, ausgehend von verschiedenen Bestellsummen, der jeweilige "Barzahlungspreis" (nach Abzug von 3 v.H. Rabatt) sowie die Teilzahlungspreise (Anzahlungen und Restbeträge) für die Teilzahlungsmöglichkeiten angegeben. Außerdem ist in Berechnungsbeispielen der "effektive Jahreszins" unter Berücksichtigung des entgangenen Rabatts angeführt. Danach ergibt sich bei Teilzahlungen bis zu fünf Monatsraten der effektive Jahreszins durch den entgangenen Rabatt. Für Zahlungen in sechs bis zwölf Monatsraten ist der effektive Jahreszins mit dem Rabattverlust und einem Zinsanteil beziffert.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte Anträge der Klägerin ab, für die Teilzahlungskäufe zum Katalogpreis den Unterschiedsbetrag zwischen dem "Barzahlungspreis" und dem Katalogpreis als Entgelt für Kreditgewährung steuerfrei zu belassen.
Während des nach erfolglosem Einspruch eingeleiteten Klageverfahrens erging der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 1977 vom 17.Oktober 1986, der auf Antrag der Klägerin Gegenstand des Verfahrens wurde.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im wesentlichen mit folgender Begründung ab: Nach den Zahlungsbedingungen der Klägerin sei der im Katalog ausgewiesene Rabatt von 3 v.H. als Abschlag auf die im Katalog ausgezeichneten Preise, nicht als Zuschlag für einen von der Klägerin gewährten Kredit gestaltet. Der Katalogpreis sei der Basispreis der Zahlungsbedingungen. Dieser einheitlich vereinbarte Preis könne nicht in Entgelt für die Ware und Entgelt für eine Kreditgewährung aufgespalten werden.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 4 Nr.8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973. Nach ihrer Auffassung ist die Nichtinanspruchnahme des Rabatts von 3 v.H. Entgelt für eine gesondert vereinbarte steuerfreie Kreditgewährung.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuer für 1977 um 557 821,10 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Der Senat hat der revisionsrechtlichen Prüfung der Vorentscheidung die vom FG getroffenen Feststellungen zugrunde zu legen (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Danach gewährte die Klägerin den Rabatt von 3 v.H. auf den Katalogpreis unter den dort genannten Bedingungen, die das FG in seinem Urteil wörtlich zitiert hat. Verfahrensrügen (§ 120 Abs.2 Satz 2 FGO) hat die Klägerin innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 120 Abs.1 Satz 1 FGO) nicht vorgebracht.
2. Die Klägerin hat mit dem Verkauf der Waren zum Katalogpreis lediglich entgeltliche Warenlieferungen (§ 1 Abs.1 Nr.1, § 3 Abs.1 UStG 1973) ausgeführt und nicht daneben noch entgeltliche sonstige Leistungen (§ 1 Abs.1 Nr.1, § 3 Abs.8 UStG 1973) in der Form von Kreditgewährungen (§ 4 Nr.8 UStG 1973) erbracht.
Die Abzahlungsgeschäfte der Klägerin, um die es hier geht, haben die Lieferung von Waren und die Kreditierung des Kaufpreises bis zu fünf Monaten zum Gegenstand und sind umsatzsteuerrechtlich einheitlich als Lieferungen i.S. des § 3 Abs.1 UStG 1973 zu qualifizieren.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine einheitliche Leistung dann vor, wenn die einzelnen Leistungsfaktoren gegenüber der Gesamtleistung zurücktreten und ein einheitliches Ganzes bilden (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 26.März 1992 V R 16/88, BFHE 168, 458, BStBl II 1992, 929). Erbringt ein Unternehmer eine einheitliche Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente sonstiger Leistungen enthält, liegt insgesamt eine Lieferung vor, wenn die Lieferungselemente unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimmen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 19.Dezember 1991 V R 107/86, BFHE 166, 411, BStBl II 1992, 449).
Im Streitfall geht es um Abzahlungsgeschäfte im Katalogversandhandel. Die Klägerin verkaufte den Kunden die Ware zum Katalogpreis bei gleichzeitiger Vereinbarung von Ratenzahlungen bis zur Dauer von fünf Monaten; bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen hätte sie den Kunden einen Rabatt von 3 v.H. gewährt.
Für Abzahlungsgeschäfte schreiben das im Streitjahr geltende Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte (AbzG) und das mittlerweile an seine Stelle getretene Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) grundsätzlich u.a. die Angabe des "Barzahlungspreises", des "Teilzahlungspreises" und des effektiven Jahreszinses vor (§ 1a Abs.1 Satz 2 AbzG; § 4 Abs.1 Nr.2 VerbrKrG). Der Barzahlungspreis ist der Preis, den der Käufer zu entrichten hätte, wenn spätestens bei Übergabe der Sache der Preis in voller Höhe fällig wäre (§ 1a Abs.1 Satz 3 AbzG). Der Teilzahlungspreis besteht aus dem Gesamtbetrag von Anzahlung und allen vom Käufer zu entrichtenden Raten einschließlich Zinsen und sonstigen Kosten (§ 1a Abs.1 Satz 4 AbzG). Bei der Angabe des Barzahlungspreises braucht nach der herrschenden Meinung ein Barzahlungsnachlaß, der in den Grenzen des § 2 des Rabattgesetz (RabG) gewährt wird, nicht berücksichtigt zu werden (Ulmer, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., § 4 VerbrKrG Rdnr.50, § 1a AbzG Rdnr.13; Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 52.Aufl., § 4 VerbrKrG Rdnr.12; Weitnauer/Klingsporn in Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 8.Aufl., § 1a AbzG Rdnr.7; Knütel, Juristische Rundschau --JR-- 1985, 353; Klauss/Ose, Verbraucherkreditgeschäfte, Kommentar, 2.Aufl., Rdnr.287 bis 289; Weidner, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1970, 1779; Loebell, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1969, 979; a.A. Soergel/ Hönn, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 12.Aufl., § 1a AbzG Rdnr.14; Kessler in Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofs --BGB-RGRK--, 12.Aufl., § 1a AbzG Rdnr.3; Lieser/Bott/ Grathwohl, Der Betrieb --DB-- 1971, 901, 904). Beim Katalogversandhandel bedarf es der Angabe des Barzahlungspreises und des effektiven Jahreszinses nicht, wenn der Verkäufer nur gegen Teilzahlungen verkauft und hierauf im Verkaufsprospekt deutlich erkennbar hinweist (§ 1a Abs.5 AbzG). Diese Vorschrift soll auch dann gelten, wenn der Verkäufer Barzahlungsverkäufe zum Teilzahlungspreis unter Einräumung eines Skontos von 3 v.H. vornimmt (Knütel, JR 1985, 353, 356).
Dem entspricht es, umsatzsteuerrechtlich das Abzahlungsgeschäft zum Katalogpreis jedenfalls dann als einheitliche Warenlieferung zu qualifizieren, wenn dem Käufer im Fall der unverzüglichen Zahlung des Kaufpreises lediglich ein Rabatt auf den Katalogpreis in den Grenzen des § 2 RabG gewährt wird. Bei einem solchen Abzahlungsgeschäft tritt die Teilzahlungsvereinbarung hinter dem Warenverkauf derart zurück, daß eine einheitliche Warenlieferung anzunehmen ist.
b) Diese Entscheidung steht im Einklang mit dem Beschluß des Senats vom 18.Dezember 1980 V B 24/80 (BFHE 132, 147, BStBl II 1981, 197). In diesem hatte der Senat es für ernstlich zweifelhaft angesehen, ob eine entgeltliche Kreditgewährung neben der Warenlieferung verneint werden kann, wenn der Verkäufer wegen vereinbarter Teilzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 1, 1a AbzG gegen hierfür gesondert berechnete Teilzahlungszuschläge den Kaufpreis selbst kreditiert. Eine derartige Kreditgewährung ist umsatzsteuerrechtlich zu verneinen, wenn der Käufer wegen der vereinbarten Teilzahlung lediglich nicht in den Genuß eines Rabatts im oben angegebenen Umfang kommt. Eine weitere allgemeine Aussage zur Behandlung von Warenkrediten (vgl. heute Abschn.29a Abs.2 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR--) und Abzahlungsgeschäften (vgl. heute Abschn.29a Abs.1 UStR) ist im Streitfall nicht erforderlich.
c) Gegen das Vorliegen einer steuerbaren Kreditgewährung spricht schließlich der Umstand, daß Rabatte der in Frage stehenden Art das Entgelt für die zu versteuernde Warenlieferung mindern (vgl. Senatsurteil vom 18.Dezember 1958 V 128/57 U, BFHE 68, 167, BStBl III 1959, 65; Philipowski in Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 4 Nr.8 Anm.46; Ringleb/List in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr.8 Bem.4a). Hieraus folgt, daß das ungeminderte Entgelt im ganzen Lieferungsentgelt und nicht in Höhe des Preisnachlasses Entgelt für eine Kreditgewährung ist.
Fundstellen
Haufe-Index 64760 |
BFH/NV 1993, 34 |
BStBl II 1993, 360 |
BFHE 170, 288 |
BFHE 1993, 288 |
BB 1993, 1646 |
BB 1993, 1646-1647 (LT) |
DB 1993, 1020 (LT) |
DStR 1993, 606 (KT) |
DStZ 1993, 350 (KT) |
HFR 1993, 325 (LT) |
StE 1993, 221 (K) |