Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Entlassungsgeld eines Zivildienstleistenden als Bezug
Leitsatz (NV)
Das einem Zivildienstleistenden gezahlte Entlassungsgeld entfällt auf die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes. Es gehört zu den Bezügen i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und ist in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu erfassen.
Normenkette
EStG 1999 § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6-7; ZDG § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 2001, 1222) |
Tatbestand
I. Der in 1976 geborene Sohn A der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) leistete bis einschließlich November 1999 seinen Zivildienst. Im Dezember 1999 wurde ihm ein Entlassungsgeld in Höhe von 1 500 DM ausbezahlt.
Ab März 2000 begann A ein Studium. Den Antrag der Klägerin, ihr für Dezember 1999 für A Kindergeld zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) mit Bescheid vom 22. Dezember 1999 ab, weil die Einkünfte und Bezüge von A den anteiligen Jahresgrenzbetrag für 1999 überstiegen. Streitig war nur, ob bei den Bezügen auch das Entlassungsgeld zu erfassen war. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2001, 1222). Die Einkünfte und Bezüge seien nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen. Das Entlassungsgeld entfalle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auf die Zeit nach der Ableistung des Zivildienstes; es sei deshalb zeitanteilig auf die nachfolgenden Monate zu verteilen. Damit sei bereits bei einer Übergangszeit von zwei Monaten der anteilige Jahresgrenzbetrag nicht überschritten.
Mit der Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― 1999).
Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die Klägerin hat für Dezember 1999 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn A.
1. Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der für 1999 geltenden Fassung wird ein über 18 Jahre altes Kind in Berufsausbildung nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 13 020 DM im Kalenderjahr hat (Jahresgrenzbetrag, § 52 Abs. 22 a Satz 2 Buchst. b EStG 1997). Dieser Betrag ermäßigt sich nach § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG 1999 für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen (Kürzungsmonate). Bei der Prüfung, ob der sich danach ergebende anteilige Jahresgrenzbetrag ―im Streitfall (1/12 von 13 020 DM =) 1 085 DM― überschritten ist, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG 1999 diejenigen Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz, die auf die Kürzungsmonate entfallen.
2. A hatte berücksichtigungspflichtige Einkünfte und Bezüge von insgesamt 1 500 DM. Zu den "Bezügen" i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gehört auch das von A im Anschluss an die Ableistung seines Zivildienstes bezogene Entlassungsgeld (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 14. Mai 2002 VIII R 57/00, BFHE 199, 194, BStBl II 2002, 746). Der Senat verweist zur Begründung auf diese Entscheidung. Das Entlassungsgeld ist im Kalenderjahr 1999 zugeflossen; es ist deshalb in vollem Umfang im Dezember 1999 zu erfassen (zur Bedeutung des Zuflussprinzips für die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116, BStBl II 2002, 525).
Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 121 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 939131 |
BFH/NV 2003, 907 |