Entscheidungsstichwort (Thema)
(Rücklage nach § 6b EStG: Entnahme eines eingetauschten Wirtschaftsguts, Vorrang vor Rücklage für Ersatzbeschaffung, Anwendbarkeit bei Veräußerung von Gesamthandvermögen oder Sonderbetriebsvermögen, Zweckbindung des Veräußerungsgewinns)
Leitsatz (amtlich)
Besteht die Gegenleistung für die tauschweise Hingabe eines betrieblichen Wirtschaftsguts in dem Anspruch auf Übertragung eines Wirtschaftsguts, so kann in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven selbst dann eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG gebildet werden, wenn das eingetauschte Wirtschaftsgut in das Privatvermögen übertragen wird (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 23. Juni 1981 VIII R 41/79, BFHE 134, 104, BStBl II 1982, 18).
Orientierungssatz
1. § 6b EStG ist auch anwendbar, wenn die Veräußerung dazu dient, eine Enteignung abzuwehren (keine Entnahme). Entscheidend ist, daß ein wirtschaftlicher Leistungsaustausch mit der Folge einer strukturellen Änderung des Betriebsvermögens vorliegt. Die Vorschrift geht insoweit der Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß Abschn. 35 EStR vor (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Eine Personengesellschaft kann bei der Veräußerung eines Grundstücks § 6b EStG unabhängig davon in Anspruch nehmen, ob das Grundstück zu ihrem Gesamthandsvermögen oder zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehört.
3. Eine Zweckbindung des Veräußerungsgewinns besteht im Rahmen des § 6b Abs. 3 EStG nur hinsichtlich des durch die Veräußerung realisierten Gewinns und dient auch insoweit nur bei Kapitalgesellschaften bis zu einem gewissen Grad der Mittelerhaltung. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften entfällt diese Bindung; der Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz für die Steuerbilanz hat kein Entnahmeverbot zur Folge. Die Zweckbindung von Veräußerungsgewinnen und Reinvestitionsmaßnahmen wird bei Bildung dieser Rücklage vielmehr dadurch hergestellt, daß sie nach Ablauf der Reinvestitionsfrist von zwei Jahren aufzulösen ist, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Reinvestitionsgut nicht angeschafft oder hergestellt oder bei Gebäuden mit der Herstellung noch nicht begonnen worden ist.
Normenkette
EStR Abschn. 35; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6b Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) --eine GmbH & Co. KG-- betreibt ein Bauunternehmen. Kommanditisten waren im Streitjahr 1984 der Vater R und der beigeladene Sohn B, der seit 1988 auch Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil seines Vaters ist.
R war Eigentümer zweier Grundstücke, die er "dem Werte nach" in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin eingebracht hatte. Sie wurden von der Klägerin als Lagerplatz genutzt und waren in ihrer Gesellschaftsbilanz als Anlagevermögen ausgewiesen.
R übertrug die Grundstücke im Jahre 1984 an die Stadt S. Als Gegenleistung überließ diese der Ehefrau E des B "im Rahmen eines Vertrages zugunsten Dritter" ein wertgleiches anderes Grundstück.
Der Anlaß für die Übertragung der Grundstücke durch R auf S waren deren Drängen auf Übereignung zur Vermeidung eines etwaigen Enteignungsverfahrens und die Absicht des R, die für das Unternehmen der Klägerin wesentliche Geschäftsverbindung mit S nicht zu stören. Die Übertragung des Tauschgrundstückes von S auf E beruhte auf einer Schenkung des R an E.
Die Klägerin war der Ansicht, daß der Tauschvertrag in eine entgeltliche Veräußerung der Baugrundstücke an S und in eine Schenkung an E aufzuteilen sei. Dementsprechend stellte sie den Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem Wert des eingetauschten Grundstücks in eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein. Gleichzeitig belastete sie das Privatkonto des R mit diesem Betrag.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat demgegenüber im angefochtenen Feststellungsbescheid 1984 die Ansicht, R habe mit der Hingabe seiner Grundstücke das eingetauschte Grundstück für E erwerben wollen und deshalb die hingetauschten Grundstücke entnommen. Eine Entnahme stehe aber der Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG entgegen. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sei zwar zutreffend, daß eine nach § 6b EStG nicht begünstigte Entnahme vorliege, wenn die Gegenleistung für die tauschweise Hingabe eines betrieblichen Wirtschaftsguts in der Erlangung eines Wirtschaftsguts des notwendigen Privatvermögens bestehe (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Juni 1981 VIII R 41/79, BFHE 134, 104, BStBl II 1982, 18 und auf die gleichlautenden Verwaltungsanweisungen in den Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1990, Abschn. 41a Abs. 8 --jetzt Abs. 7-- Satz 8). Das gelte jedoch nur für den Fall, daß Ziel der Veräußerung des betrieblichen Wirtschaftsguts einzig der Erwerb eines dem Privatvermögen gewidmeten Wirtschaftsguts sei. Sei die Veräußerung --wie hier-- ein betrieblicher Vorgang, sei § 6b EStG anzuwenden.
Mit der --vom Senat zugelassenen-- Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 6b Abs. 1 und Abs. 3 EStG).
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene B hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß der Gesamtgewinn der Klägerin um die in der Gesellschaftsbilanz zum 31. Dezember 1984 passivierte Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG 1983 zu mindern war. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rücklage in der Gesellschaftsbilanz der Klägerin oder in einer Sonderbilanz für den Gesellschafter R zu bilden war. Sie ist diesem im Rahmen der Verteilung des Gesellschaftsgewinns zugewiesen worden. Die Gewinnverteilung ist aber weder Gegenstand des vorliegenden Verfahrens noch ist sie unter den Beteiligten streitig. Die Entscheidung hängt im Streitfall ausschließlich davon ab, ob die Voraussetzungen des § 6b Abs. 3 EStG gegeben sind. Das ist der Fall.
1. Gemäß § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige, die Grund und Boden ihres Anlagevermögens veräußern, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen im Wirtschaftsjahr der Veräußerung einen Betrag bis zur Höhe des Veräußerungsgewinns von den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der in Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift bezeichneten Wirtschaftsgüter abziehen; der Abzug führt zu einer entsprechenden Gewinnminderung. Soweit ein Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG nicht vorgenommen wird, kann nach näherer Maßgabe des § 6b Abs. 3 EStG eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden.
a) Veräußerung i.S. des § 6b EStG ist die Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums an einem Wirtschaftsgut gegen Entgelt auf einen anderen Rechtsträger.
Eine Veräußerung i.S. des § 6b Abs. 1 EStG ist auch der Tausch (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1982 VIII R 53/81, BFHE 137, 339, BStBl II 1983, 303, unter 2. c der Gründe). Mit der Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums am hingetauschten Wirtschaftsgut werden die stillen Reserven aufgedeckt. Der dadurch entstehende Gewinn kann in die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG unabhängig davon eingestellt werden, ob das eingetauschte Grundstück Reinvestitionsobjekt sein soll.
b) § 6b EStG ist auch anwendbar, wenn die Veräußerung dazu dient, eine Enteignung abzuwehren (BFH-Urteile vom 11. Juli 1973 I R 140/71, BFHE 110, 248, BStBl II 1973, 840; vom 14. November 1990 X R 85/87, BFHE 163, 58, BStBl II 1991, 222, unter 2. der Gründe; vom 7. Juli 1992 VIII R 24/91, BFH/NV 1993, 461; Blümich/Uelner, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 6b Anm. 32 m.w.N.; Meincke in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 6b EStG Rdnr.42). Entscheidend ist, daß ein wirtschaftlicher Leistungsaustausch mit der Folge einer strukturellen Änderung des Betriebsvermögens vorliegt. Die Vorschrift geht insoweit der Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß Abschn. 35 EStR vor (BFH in BFHE 163, 58, BStBl II 1991, 222 a.E.; Urteil vom 24. März 1992 VIII R 48/90, BFHE 168, 521, BStBl II 1993, 93; BFH in BFH/NV 1993, 461).
c) Es ist für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung, ob die Grundstücke zum Gesamthandsvermögen der Klägerin oder zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters R gehörten (zum Streitstand bei der hier vorliegenden Einbringung eines Wirtschaftsguts quoad sortem vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 VIII R 5/92, BFHE 174, 451, BStBl II 1994, 856, unter 2. b der Gründe). § 6b EStG kann in beiden Fällen in Anspruch genommen werden (vgl. z.B. --für Veräußerung aus dem Gesellschaftsvermögen-- BFH-Urteil vom 28. April 1988 IV R 298/83, BFHE 153, 353, BStBl II 1988, 885, und --für Veräußerung aus dem Sonderbetriebsvermögen-- BFH in BFHE 168, 521, BStBl II 1993, 93 m.w.N.).
2. Der Beurteilung des Tauschvertrages als Veräußerung i.S. von § 6b Abs. 1 EStG steht nicht entgegen, daß das eingetauschte Grundstück weder bei der Klägerin noch bei R Betriebsvermögen wurde.
a) Der Senat geht bei dieser Beurteilung mit der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 1992 IV R 89/90, BFHE 170, 21, BStBl II 1993, 225 m.w.N.) davon aus, daß Gewinne, die anläßlich der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen anfallen, nicht nach § 6b EStG begünstigt sind. Eine Entnahme des weggegebenen Wirtschaftsguts liegt auch vor, wenn es nur deshalb veräußert wird, um Privatvermögen zu erwerben. In diesem Fall fällt schon die Veräußerung in den privaten Bereich. Der Senat hat deshalb bereits in seinem Urteil in BFHE 134, 104, BStBl II 1982, 18 entschieden, daß ein betriebliches Wirtschaftsgut entnommen wird, wenn die Gegenleistung für seine tauschweise Hingabe in der Erlangung eines Wirtschaftsguts des notwendigen Privatvermögens oder in der Befreiung von einer privaten Schuld besteht.
b) Im Streitfall liegt aber keine Entnahme der hingetauschten Grundstücke durch eine privat veranlaßte Veräußerung vor.
aa) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), diente die Veräußerung der Vermeidung einer Enteignung durch die Stadt S und der Aufrechterhaltung der zu dieser bestehenden Geschäftsbeziehungen. Der Anlaß für die --enteignungsabwehrende-- Veräußerung war also ein betrieblicher. Die Feststellungen des FG schließen die Annahme aus, daß dieser Anlaß durch eine private Zielsetzung --hier der Schenkung des eingetauschten Grundstücks an E-- überlagert sein könnte. Der betriebliche Zusammenhang wurde erst durch die dem Erwerbsvorgang nachfolgende private Verwendung gelöst.
Aus der Zuordnung der Veräußerung zum betrieblichen Bereich ergibt sich, daß auch das für die veräußerten Grundstücke Erlangte zunächst notwendiges Betriebsvermögen wurde, bis es entnommen wurde (BFH-Urteile vom 11. November 1987 I R 7/84, BFHE 152, 84, BStBl II 1988, 424; vom 9. August 1989 X R 20/86, BFHE 158, 316, BStBl II 1990, 128; vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829, unter I.2. a der Gründe; vom 22. September 1993 X R 37/91, BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172). Das trifft zwar im Streitfall nicht für das eingetauschte Grundstück zu; denn dieses wurde infolge der vereinbarungsgemäß vollzogenen unmittelbaren Übertragung auf E nicht Betriebsvermögen. In das Betriebsvermögen fiel jedoch der (Sachleistungs-)Anspruch auf das eingetauschte Grundstück; dieser trat zunächst an die Stelle der veräußerten Grundstücke (BFH in BFHE 137, 339, BStBl II 1983, 303.) Das gilt unabhängig davon, ob dieser Anspruch --wie beim unechten Vertrag zugunsten Dritter-- noch in der Person des R oder --wie beim echten Vertrag zugunsten Dritter-- unmittelbar in der Person der begünstigen E entstanden ist (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1981 I R 215/78, BFHE 136, 455, BStBl II 1983, 27).
R hat dann allerdings diesen Anspruch entnommen. Die Entnahme liegt in der Anweisung, daß die Stadt S das eingetauschte Grundstück auf seine Ehefrau übertragen solle. Sie führte aber nicht zum Ausschluß der Steuervergünstigung des § 6b EStG. Denn sie läßt die betriebliche Veranlassung der vorausgehenden Veräußerung der Grundstücke unberührt. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, den der Senat in seinem Urteil in BFHE 134, 104, BStBl II 1982, 18 zu beurteilen hatte; das Urteil betrifft eine privat veranlaßte Veräußerung.
bb) Aus dem Zweck des § 6b EStG ergibt sich nichts anderes.
Die Vorschrift dient zunächst vor allem dem Zweck, die steuerlichen Hindernisse für die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens abzubauen, die im Unternehmen nicht mehr benötigt werden und deren Veräußerung betriebswirtschaftlich geboten und volkswirtschaftlich wünschenswert wäre; insoweit soll § 6b EStG die Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter begünstigen und damit eine sinnvolle Anpassung der Unternehmen an strukturelle Veränderungen ermöglichen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs in BTDrucks IV/2400, S.62; BFH in BFHE 163, 58, BStBl II 1991, 222 a.E.). Das geschieht in der Weise, daß die anläßlich dieser Veräußerung freiwerdenden stillen Reserven auf eines der in § 6b Abs. 1 EStG genannten Reinvestitionsgüter übertragen werden müssen; insoweit soll die vorläufige Freistellung des Veräußerungsgewinns von der Einkommensbesteuerung dem Betrieb Mittel für dringend erforderliche Investitionsvorhaben verschaffen (vgl. dazu die Stellungnahme des Finanzausschusses in BTDrucks IV/2617, S.4; Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 6b EStG Anm. 4 m.w.N.). Anders als der Zweck der Umstrukturierung des Betriebsvermögens kann der Zweck der Erhaltung der aus der Veräußerung erzielten Mittel allerdings nur eingeschränkt erreicht werden, wenn der Steuerpflichtige die Gegenleistung seinem Privatvermögen zuführt. Denn in diesem Fall werden dem Betrieb die Mittel für ein Reinvestitionsgut nicht erhalten, sondern entzogen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1972 I R 182/70, BFHE 108, 159, BStBl II 1973, 291, unter 2. der Gründe, und --zu der insoweit vergleichbaren Rücklage für Ersatzbeschaffung nach Abschn. 35 EStR-- BFH-Urteil vom 24. Mai 1973 IV R 23-24/68, BFHE 109, 230, BStBl II 1973, 582). Das steht jedoch, entgegen der Ansicht des FA, der Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG nicht entgegen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Eine Zweckbindung des Veräußerungsgewinns besteht im Rahmen des § 6b Abs. 3 EStG nur hinsichtlich des durch die Veräußerung realisierten Gewinns und dient auch insoweit --über den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 6b Abs. 3 Satz 6 EStG --jetzt § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG--) und die dadurch bewirkte Ausschüttungssperre-- nur bei Kapitalgesellschaften bis zu einem gewissen Grad der Mittelerhaltung. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften entfällt diese Bindung; der Maßgeblichkeitsgrundsatz hat kein Entnahmeverbot zur Folge (vgl. dazu näher BFH-Urteil vom 24. April 1985 I R 65/80, BFHE 144, 14, BStBl II 1986, 324, unter 4. a und c der Gründe). Auch § 6b Abs. 3 EStG wollte ein solches Verbot nicht begründen. Die Zweckbindung von Veräußerungsgewinn und Reinvestitionsmaßnahme wird bei Bildung dieser Rücklage vielmehr dadurch hergestellt, daß sie nach Ablauf der Reinvestitionsfrist von zwei Jahren aufzulösen ist, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Reinvestitionsgut nicht angeschafft oder hergestellt oder bei Gebäuden mit der Herstellung noch nicht begonnen worden ist. Das Gesetz räumt dem Unternehmer mit dieser Frist einen gewissen Dispositionsspielraum ein; der Unternehmer kann diesen Spielraum auch dann nutzen, wenn er noch keine konkrete Investitionsabsicht hatte (vgl. BFH-Urteile vom 4. Februar 1982 IV R 150/78, BFHE 135, 202, BStBl II 1982, 348; vom 17. September 1987 IV R 8/86, BFHE 151, 139, BStBl II 1988, 55; vom 26. Oktober 1989 IV R 83/88, BFHE 159, 133, BStBl II 1990, 290, unter 2. a der Gründe) oder diese ganz fehlt (BFH-Urteil vom 22. September 1994 IV R 61/93, BFHE 176, 350, BStBl II 1995, 367, unter II.1. der Gründe m.w.N.; BTDrucks IV/2400, S.64 und herrschende Meinung, vgl. Blümich/ Uelner, a.a.O., § 6b Rdnr.201 m.w.N.; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6b EStG Anm. 220, 231 m.w.N.; Meincke in Littmann/ Bitz/Hellwig, a.a.O., § 6b EStG Rdnr.56, 117; Schmidt/ Glanegger, Einkommensteuergesetz, § 6b Anm. 12 a; Söffing in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 6b Anm. 166). Diese Möglichkeit, eine --verzinsliche (§ 6b Abs. 6 EStG)-- steuerfreie Rücklage auch bei fehlender Investitionsabsicht zu bilden, schließt bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Möglichkeit mit ein, die Rücklage auch zu bilden bzw. aufrechtzuerhalten, wenn im Anschluß an die Veräußerung der Kaufpreis entnommen wird (Blümich/Uelner, a.a.O., § 6b Rdnr.207; Bordewin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 6b EStG Rz. 135 b, 138; Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6b EStG Anm. 124, 300 "Entnahme"; Ludwig Schmidt, Finanz-Rundschau 1981, 594; wohl auch BFH-Urteil vom 15. März 1984 IV R 65/81, nicht veröffentlicht). Das gilt zumindest so lange, als eine Reinvestition trotz der Entnahme der Mittel noch möglich bleibt.
Fundstellen
Haufe-Index 65578 |
BFH/NV 1996, 9 |
BStBl II 1996, 60 |
BFHE 179, 13 |
BFHE 1996, 13 |
BB 1995, 2645 |
BB 1995, 2645-2647 (LT) |
DB 1996, 20-21 (LT) |
DStR 1996, 12-14 (KT) |
HFR 1996, 126-128 (L) |
StE 1995, 803 (K) |