Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der GewSt-Pflicht einer AG i.L.
Leitsatz (NV)
Die Gewerbesteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft endet nicht schon mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit, sondern mit der letzten Verwertungshandlung im Rahmen der Abwicklung.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 2000, 637) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Liquidationsgesellschaft nach der H-AG, deren Anteile sich im Besitz der Familie H befanden. Die H-AG betrieb bis zum 31. Dezember 1994 die Verwaltung von Vermögen und den Erwerb von Beteiligungen. Sie wurde gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 18. Dezember 1994 zum 31. Dezember 1994 aufgelöst. Zu diesem Stichtag wies ihre Bilanz noch Forderungen ―im Wesentlichen solche aus Abtretungen an H― aus, welche von der Klägerin in den Streitjahren 1995 und 1996 fortgeführt wurden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge erklärungsgemäß für beide Jahre auf jeweils 5 458 DM fest. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einwand, die Liquidation der H-AG sei von den Aktionären, Aufsichtsrat und Vorstand am 11. Juni 1996 beim Handelsregister angemeldet und am 24. Juni 1996 in das Handelsregister eingetragen worden. Im Kalenderjahr 1994 habe die Gesellschaft ihr gesamtes Anlagevermögen veräußert. Der Veräußerungspreis und die Bankschulden seien von den Gesellschaftern entnommen worden. Danach sei keine gewerbliche Betätigung mehr ausgeübt worden. Außerdem habe spätestens zum 31. Dezember 1994 jegliche Tätigkeit aufgehört, das Vermögen und die Schulden seien zu diesem Zeitpunkt bereits an die Gesellschafter verteilt gewesen.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage ab; sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 637 veröffentlicht.
Ihre Revision begründet die Klägerin mit Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gilt die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb und unterliegt hiermit der Gewerbesteuer. Die Steuerpflicht endet, wenn die Kapitalgesellschaft jegliche Tätigkeit einstellt, also nicht nur die eigentliche (werbende) Tätigkeit, vielmehr auch die Verwertungstätigkeit im Rahmen der Abwicklung, die ihrerseits mit der letzten Abwicklungshandlung endet (vgl. Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 24. April 1980 IV R 68/77, BFHE 131, 70, BStBl II 1980, 658, m.w.N.; Senatsurteil vom 6. Juli 1983 I R 12/79, nicht veröffentlicht ―NV―; Obermeier in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 2 GewStG Rz. 798; Güroff in Glanegger/ Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 2 Rz. 186; Abschn. 22 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien ―GewStR― 1990; Abschn. 19 Abs. 3 GewStR 1998).
Im Streitfall war das Gesellschaftsvermögen der Klägerin nicht abschließend auf die Gesellschafter verteilt. Ausweislich der Bilanzen bestanden gegenüber H noch Forderungen. Folglich konnte auch noch eine Schlussverteilung stattfinden. Der Umstand, dass die Gesellschafter der Klägerin möglicherweise in der Vorstellung befangen waren, diese Schlussverteilung lasse sich "informell" über eine Verbuchung auf dem Privatkonto des Gesellschafters und gleichzeitigen Alleinvorstandes H abwickeln, ändert daran nichts. Die Kapitalgesellschaft ist als juristische Person insoweit von ihren Gesellschaftern zu trennen.
Unabhängig davon weist das FG zutreffend darauf hin, dass eine Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens vor Ablauf des Sperrjahres gemäß § 272 des Aktiengesetzes (AktG) ohnehin ausgeschlossen ist (vgl. insoweit auch zu der parallelen Rechtslage in § 11 des Körperschaftsteuergesetzes Wacht in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 11 Rz. 36). Dieses Sperrjahr beginnt indes erst nach der dritten Aufforderung an die Gläubiger der Gesellschaft, ihre Ansprüche gegenüber der Gesellschaft anzumelden (§ 267 AktG). Darauf kann auch bei einer sog. kleinen Aktiengesellschaft und bei einer solchen, deren Anteile von Mitgliedern einer Familie gehalten werden, nicht abgewichen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 550770 |
BFH/NV 2001, 816 |