Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlegungsbeschluß vom 03.06.1987 - III R 49/86
Leitsatz (amtlich)
Der III.Senat legt dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:
Sind Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den von ihm nicht dauernd getrennt lebenden, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten nach § 33a Abs.1 EStG abziehbar?
Orientierungssatz
1. Will der III. Senat des BFH, bei dem aufgrund der seit 1985 geltenden Geschäftsverteilung die Zuständigkeit für Rechtsfragen betreffend außergewöhnliche Belastung (§§ 33-33c EStG) schwerpunktmäßig liegt, die Rechtsprechung betreffend außergewöhnliche Belastung ändern und stimmen andere Ertragsteuersenate, die gelegentlich mit der Auslegung der §§ 33-33c EStG befaßt sein können, der Änderung nicht zu, so ist die Vorlage der Rechtsfrage an den Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Eine Divergenzvorlage (§ 11 Abs. 3 FGO) wird verneint.
2. Unterhaltsleistungen zwischen beiderseits unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, die in einer Lebensgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft leben und der Zusammenveranlagung unterliegen, sind gemäß § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG wegen fehlender Bedürftigkeit des jeweils anderen Ehegatten von einem Abzug als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a Abs. 1 EStG ausgeschlossen.
Normenkette
EStG 1981 § 33a Abs. 1; FGO § 11 Abs. 4, 3
Nachgehend
Tatbestand
I. Der Anrufung des Großen Senats liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein türkischer Staatsangehöriger, wohnte im Streitjahr 1981 in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und bezog hier Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau lebte mit seinen vier minderjährigen ehelichen Kindern und seiner Mutter in einem gemeinsamen Haushalt in der Türkei. Der Arbeitslohn des Klägers betrug im Streitjahr 33 325 DM. Außerdem erhielt er im Streitjahr Kindergeld von 1 860 DM sowie eine Arbeitnehmer-Sparzulage von 249,60 DM. Vom Lohn wurden ihm 4 363 DM Lohnsteuer (Erstattung 2 165 DM) und 5 607,25 DM Sozialabgaben abgezogen. Er hatte Werbungskosten in Höhe von 7 976 DM.
Im Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1981 wies der Kläger Zahlungen von 1 000 DM an seine Mutter und von 1 500 DM an seine Ehefrau nach. Er beantragte, die Gesamtzahlungen von 2 500 DM als Unterhaltszahlungen an seine Mutter nach § 33a Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1980 abzuziehen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte es auch im Einspruchsverfahren ab, die geltend gemachten Zahlungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Im Klageverfahren brachte der Kläger vor, er sei im Streitjahr zweimal in die Türkei zu seiner Familie gefahren; daher sei die Mitnahme von zwei Nettogehältern zu unterstellen. Von den sich danach ergebenden Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von 6 300 DM entfalle ein Betrag von 1 050 DM auf seine Mutter.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es ging von der Bedürftigkeit der vom Kläger unterhaltenen Personen und Unterhaltsleistungen des Klägers im Gesamtbetrag von 4 450 DM aus. Insoweit ist zur Begründung der Entscheidung ausgeführt: Der Gesamtbetrag von 4 450 DM setze sich aus den überwiesenen Beträgen (2 500 DM) und einem Nettogehalt (1 950 DM) zusammen, dessen Mitnahme glaubhaft sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16.Dezember 1983 VI R 3/81, BFHE 140, 241, BStBl II 1984, 521 --zur doppelten Haushaltsführung--; Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 26.November 1981 IV B 6 -S 2352 - 31/81, BStBl I 1981, 744 Tz.2.1). Der Gesamtbetrag sei nach Köpfen aufzuteilen (BFH- Urteil vom 14.Mai 1982 VI R 136/80, BFHE 136, 213, BStBl II 1982, 776). Es entfalle daher 1/6, also 741,60 DM, auf die Mutter. Dieser Betrag sei als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
Gegen das Urteil wendet sich das FA mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen Revision. Es ist der Meinung, daß von den gesamten Unterhaltsleistungen mindestens 50 v.H. des Betrags, der nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates im Rahmen des § 33a Abs.1 EStG in Betracht käme, auf den Ehegatten und die zum Haushalt gehörenden Kinder entfallen (BMF-Schreiben in BStBl I 1981, 744, Tz.2.4). Der Ehefrau und den vier Kindern sei demnach ein Mindestunterhaltsbetrag von 6 000 DM (50 v.H. von 5 x 2 400 DM) zuzurechnen. Da der Kläger nur insgesamt 4 450 DM geleistet habe, entfalle auf die Mutter kein Anteil der Unterhaltsleistungen. Eine Steuerermäßigung gemäß § 33a Abs.1 EStG scheide daher aus.
Entscheidungsgründe
II. Der vorlegende Senat möchte die Vorentscheidung aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Bei seiner beabsichtigten Entscheidung geht der Senat davon aus, daß ein Abzug des auf die Ehefrau des Klägers entfallenden Anteils der Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a Abs.1 EStG in Betracht kommt. Dem liegt folgende rechtliche Beurteilung des Vorlagefalles zugrunde, soweit sie nicht unmittelbar Gegenstand der Anrufung bildet:
1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (§ 33 Abs.2 EStG) Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) oder auf andere Leistungen für Kinder (§ 8 Abs.1 BKGG) hat, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch ein Betrag von 3 600 DM im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs.1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung).
2. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 4.April 1986 III R 245/83, BFHE 147, 231, BStBl II 1986, 852) sind jedoch Unterhaltsleistungen an andere Personen als Ehefrau und Kinder des Unterhaltleistenden im allgemeinen nur insoweit als zwangsläufig anzuerkennen, als sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich sowie ggf. für seine Ehefrau und seine Kinder verbleiben (sog. Opfergrenze). Bei der Berechnung dieser sog. Opfergrenze ist Tz.2.5.2 des Schreibens des BMF vom 27.Juli 1984 IV B 6 -S 2352 - 16/84 (BStBl I 1984, 402) zu beachten. Danach beträgt die sog. Opfergrenze 1 v.H. je volle 1 000 DM des Nettoeinkommens. Dieser Vomhundertsatz ist um je fünf Punkte für die Ehefrau und jedes Kind, höchstens um 25 Punkte, zu kürzen. Bei Anwendung dieser Grundsätze errechnet sich die Opfergrenze im Streitfall wie folgt:
Einnahmen des Klägers
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nichtselbständige Arbeit 33 325.-- DM
Kindergeld 1 860.-- DM
Arbeitnehmer-Sparzulage 249,60 DM
Steuererstattungen 2 165.-- DM 37 599,60 DM
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Ausgaben des Klägers
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Lohnsteuer 4 363.-- DM
Sozialabgaben 5 607,25 DM
Werbungskosten 7 976.-- DM 17 946,25 DM
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Nettoeinkommen des Klägers 19 653,35 DM.
Bei einem Nettoeinkommen von rund 19 653 DM und fünf vorrangig unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (Ehefrau und vier minderjährige Kinder) beträgt die Opfergrenze 0 v.H. (19 v.H. ./. 25 v.H.). Eine Steuerermäßigung wegen der Unterhaltsleistungen an die Mutter des Klägers gemäß § 33a Abs.1 EStG kommt danach nicht in Betracht.
3. Der Revision des FA wäre danach stattzugeben, wenn die Vorlagefrage zu verneinen und die Unterhaltsleistungen des Klägers an seine Ehefrau entsprechend der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar wären (vgl. erstmals Urteil vom 22.Juni 1979 VI R 85/76, BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660; dann ständige Rechtsprechung des VI.Senats, z.B. Urteile vom 28.November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319, und vom 17.Januar 1984 VI R 244/80, BFHE 140, 250, BStBl II 1984, 527). In Anlehnung an diese Rechtsprechung wird im Schrifttum die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den von ihm nicht dauernd getrennt lebenden nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten überwiegend verneint (vgl. z.B. Bäcker in Horowski/Altehoefer, Kommentar zum Lohnsteuer-Recht, § 33a EStG, Anm.3 k --4--; Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 5.Aufl., § 33a Anm.2 d; Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a, Anm.7; Frost in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a, Anm.11; Hartz/Meeßen/Wolff, ABC-Führer Lohnsteuer, "Unterhaltsleistungen A"; Oeftering/Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, § 33a EStG, Anm.27). Zweifel an der Rechtsprechung des VI.Senats in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 äußern Fitsch in Lademann/Söffing/Brockhoff (Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33a, Anm.27) und Sunder-Plassmann in Littmann/Bitz/Meincke (Das Einkommensteuerrecht, § 33a, Anm.24 a). Gegen die Rechtsprechung des VI.Senats in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 wenden sich u.a. Oepen in Blümich/Falk (Einkommensteuergesetz, § 33a, Anm.III 3); Bopp/Oepen (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1980, 183); Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 33a, Anm.59); Paus (Finanz-Rundschau --FR-- 1985, 429, 431); Schick in Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform (StRK), Einkommensteuergesetz, § 33a, Rechtsspruch 147; Uelner (Steuerberaterkongreß- Report --StbKongrRep-- 1979, 124).
Der vorlegende Senat möchte unter Aufgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den von ihm nicht dauernd getrennt lebenden nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a Abs.1 EStG anerkennen. Der vorlegende Senat hält die Änderung der Rechtsprechung aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung und zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit für geboten. Bei Nichtanwendung des § 33a Abs.1 EStG auf Unterhaltsleistungen des unbeschränkt Steuerpflichtigen in der Bundesrepublik beschäftigten Steuerpflichtigen an seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen, im Heimatland verbliebenen Ehegatten würde die durch die Unterhaltsleistung eintretende Minderung der Leistungsfähigkeit steuerlich überhaupt nicht berücksichtigt. Ein solches Ergebnis wäre mit dem grundlegenden Wandel in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Berücksichtigung von unabweisbaren Unterhaltsleistungen und mit der in diesem Zusammenhang wiederholt betonten Forderung nach Steuergerechtigkeit unvereinbar (vgl. Urteil vom 3.November 1982 1 BvR 620/78, 1135/78, 1104/79, 363/80, BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717; vom 22.Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, BStBl II 1984, 357; Beschluß vom 17.Oktober 1984 1 BvR 527/80, 528/81, 441/82, BVerfGE 68, 143; vom 4.Oktober 1984 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22 --zur Tragweite dieser Rechtsprechung Böckenförde in Steuer und Wirtschaft (StuW) 1986, 335--). Der VI.Senat hat auf Anfrage erklärt, einer Änderung der Rechtsprechung nicht zuzustimmen.
4. a) Die Vorlage an den Großen Senat ist gemäß § 11 Abs.4 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Frage folgt aus deren Zusammenhang mit den allgemeinen Fragen der Ehegattenbesteuerung sowie aus dem grundlegenden Wandel in der Rechtsprechung des BVerfG zur steuerlichen Berücksichtigung unabweisbarer Unterhaltsleistungen (a.a.O.) und der Bedeutung dieser Rechtsprechungsänderung für die hier zu entscheidenden Rechtsfragen. Die vorgelegte Rechtsfrage kann auch in den anderen Ertragsteuersenaten des BFH entscheidungserheblich werden. Dies kann insbesondere beim VI.Senat eintreten, wenn ein in der Bundesrepublik beschäftigter Gastarbeiter im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, des Lohnsteuerermäßigungs- oder des Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahrens neben Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG Aufwendungen z.B. für doppelte Haushaltsführung nach § 9 Abs.1 Nr.5 EStG geltend macht. Da der VI.Senat an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung festhalten will, erscheint es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zweckmäßig, daß der Große Senat über die Vorlagefrage entscheidet.
b) Der vorlegende Senat verneint im Vorlagefall eine Divergenz i.S. des § 11 Abs.3 FGO von der Rechtsprechung des VI.Senats in seinen Entscheidungen in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660; BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319 sowie in BFHE 140, 250, BStBl II 1984, 527. Seit 1985 (vgl. Teil A III.Senat Ziff.2 des Geschäftsverteilungsplans für das Geschäftsjahr 1985) ist der vorlegende Senat für Einkommensteuer (einschließlich Lohnsteuer) betreffend außergewöhnliche Belastungen zuständig, wenn nur diese streitig sind. Im Vorlagefall ist nur die Anwendung des § 33a Abs.1 EStG streitig und somit die alleinige Zuständigkeit des vorlegenden Senats gegeben. Nach Auffassung des vorlegenden Senats läßt sich eine Divergenz i.S. des § 11 Abs.3 FGO nicht damit begründen, daß andere Ertragsteuersenate des BFH bei der Entscheidung über andere Fragen des Einkommensteuerrechts gelegentlich ebenfalls über die Auslegung der §§ 33 bis 33c EStG zu befinden haben. Aufgrund der seit 1985 geltenden Geschäftsverteilung liegt die Zuständigkeit für Rechtsfragen betreffend außergewöhnliche Belastung schwerpunktmäßig beim vorlegenden Senat. Dieser ist damit in erster Linie für die Auslegung der §§ 33 bis 33c EStG, die Fortbildung des Rechts auf diesem Gebiet und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuständig. Die Erfüllung dieser Aufgabe wäre in unzuträglicher Weise erschwert, wenn in jedem Falle einer von der Rechtsprechung der anderen Ertragsteuersenate des BFH abweichenden Rechtsfortbildung auf dem Gebiet der außergewöhnlichen Belastungen durch den vorlegenden Senat eine Vorlage wegen Divergenz gemäß § 11 Abs.3 FGO geboten wäre.
c) Für den Fall, daß der Große Senat im Vorlagefall eine entscheidungserhebliche Divergenz i.S. von § 11 Abs.3 FGO zum VI.Senat in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 usw. bejahen sollte, wird die Vorlage hilfsweise auf § 11 Abs.3 FGO gestützt.
III. Der vorlegende Senat bejaht die Vorlagefrage aus folgenden Gründen:
1. Nach dem Wortlaut des § 33a Abs.1 Satz 1 EStG sind zwangsläufige "Aufwendungen für den Unterhalt ... von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz ... hat" bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Unterhaltsleistungen, die ein Steuerpflichtiger aufgrund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten leistet, erfüllen die vorstehend angeführten Tatbestandsmerkmale des § 33a Abs.1 Satz 1 EStG. Der VI.Senat begründet seine hiervon abweichende Auffassung in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 damit, der Begriff Aufwendungen i.S. von § 33a Abs.1 Satz 1 EStG setze voraus, daß der Unterhalt Gewährende durch die Unterhaltsleistungen "belastet" ist; an einer solchen Belastung fehle es bei den gegenseitigen Unterhaltsleistungen von Ehegatten, die in einer intakten Ehe leben. Dem vermag der vorlegende Senat nicht zu folgen.
a) Der Begriff "Aufwendungen" wird im allgemeinen mit dem der "Ausgaben" gleichgesetzt (vgl. z.B. Offerhaus in Betriebs-Berater --BB-- 1979, 617; Kanzler, a.a.O., § 33 Anm.33; Drenseck, a.a.O., § 33, Anm.4 a). Es werden darunter alle Güter verstanden, die in Geld oder Geldeswert bestehen und beim Steuerpflichtigen abfließen. Eine wirtschaftliche Belastung i.S. eines verbleibenden wirtschaftlichen Nachteils wird insoweit nicht vorausgesetzt.
Die abweichende Auffassung des VI.Senats in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 läßt sich nicht mit dem Hinweis auf das Wort "Belastung" in der Überschrift zu § 33a EStG stützen. § 33 Abs.1 EStG enthält die Legaldefinition des Begriffs außergewöhnliche Belastung. Zu den dort im einzelnen aufgezählten Tatbestandsmerkmalen gehört jedoch nicht das der "Belastung". Daraus, daß die für die Legaldefinition im Klammerzusatz des Abs.1 des § 33 EStG verwendete Kurzbezeichnung "außergewöhnliche Belastung" in der Überschrift zu den §§ 33 und 33a EStG verwendet wird, kann nichts für ein zusätzliches (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal der "wirtschaftlichen Belastung durch die Aufwendungen" geschlossen werden. Die vom VI.Senat in diesem Zusammenhang angesprochenen Fragen, die sich ergeben, wenn den Aufwendungen i.S. des § 33 EStG Beihilfen, Erstattungen, Ersatzleistungen usw. gegenüberstehen (Hinweis in BFHE 128, 236, 238, BStBl II 1979, 660 auf die BFH-Urteile vom 22.Oktober 1971 VI R 242/69, BFHE 104, 63, BStBl II 1972, 177, und vom 21.August 1974 VI R 236/71, BFHE 113, 367, BStBl II 1975, 14) können im Einzelfall durch Anrechnung der Erstattungen usw. gelöst werden. Soweit nämlich Erstattungen im Einzelfall auf die Aufwendungen anzurechnen sind, fehlt es an Aufwendungen, so daß § 33 EStG --jedoch nur insoweit-- nicht eingreift. Die Vorteilsanrechnung in diesem Sinn darf indes nicht dazu führen, daß die Anwendung des § 33 EStG in Fällen dieser Art generell und von vornherein ausgeschlossen wäre.
b) Selbst wenn man der Auffassung des VI.Senats zur Auslegung des Aufwendungsbegriffs i.S. des § 33 EStG folgen wollte, wäre jedenfalls davon auszugehen, daß der Gesetzgeber bei Unterhaltsaufwendungen i.S. von § 33a Abs.1 EStG die Belastung durch die Aufwendungen ebenso wie deren Außergewöhnlichkeit typisierend unterstellt. Der mit der Unterhaltsleistung erstrebte Erfolg besteht nicht darin, daß der andere Ehepartner Gegenleistungen erbringt, sondern darin, daß hierdurch die Lebensbedürfnisse des anderen Ehegatten befriedigt werden. Wird eine Belastung durch die Unterhaltsaufwendungen typisierend unterstellt, braucht bei Anwendung des § 33a Abs.1 EStG nicht im Einzelfall geprüft zu werden, ob die Unterhaltsaufwendungen den Steuerpflichtigen tatsächlich belasten und ob bzw. in welchem Umfang Gegenleistungen der unterhaltenen Person die Belastung des Unterhaltleistenden ausgleichen. Diese Auffassung wird dadurch bestätigt, daß auch bei Unterhaltsleistungen an andere Personen als Ehegatten nicht zu prüfen ist und nach ständiger Verwaltungspraxis und Rechtsprechung auch tatsächlich nicht untersucht wird, ob die unterhaltenen Personen ihrerseits dem Unterhaltsverpflichteten gegenüber Leistungen erbracht haben (z.B. Leistungen der Kinder in Erfüllung ihrer Dienstleistungspflicht gemäß § 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--; Leistungen der unterhaltenen Eltern, insbesondere, wenn sie im selben Haushalt leben), die den Unterhaltsleistungen gegengerechnet werden könnten. Dafür, daß abweichend hiervon bei Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den anderen Ehegatten eine "wirtschaftliche Belastung" durch die Unterhaltsgewährung ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal des § 33a Abs.1 EStG wäre, läßt sich weder dem Wortlaut noch dem Zweck des Gesetzes --zwangsläufig erwachsende Aufwendungen für das Existenzminimum anderer Personen als nicht verfügbares Einkommen zu behandeln-- etwas entnehmen. Im übrigen bestätigt auch der Sinnzusammenhang des § 33a Abs.1 mit § 33a Abs.2 und Abs.3 EStG, daß im Rahmen des § 33a EStG eine Gegenrechnung mit den für die Aufwendungen erbrachten Gegenleistungen nicht durchzuführen ist. Dies verdeutlicht insbesondere die Regelung des § 33a Abs.3 Nr.2 EStG. Aufwendungen für die Beschäftigung einer Hausgehilfin werden erbracht, um deren Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Der in der Gegenleistung für die Aufwendungen liegende Vorteil schließt hier die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung durch die Aufwendungen offensichtlich nicht aus. Entsprechendes gilt für Aufwendungen i.S. von § 33a Abs.3 Nr.1 EStG und § 33a Abs.2 EStG. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber dem Aufwendungsbegriff in den einzelnen Absätzen des § 33a EStG einen unterschiedlichen Inhalt hat geben wollen.
c) Der vorlegende Senat folgt dem VI.Senat (BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660) auch nicht in der Auffassung, daß sich die Unterhaltsleistungen von in intakter Ehe lebenden Ehegatten typischerweise ausgleichen und es im Verhältnis zwischen ihnen bei Erfüllung ihrer gegenseitigen Unterhaltspflichten an einer Belastung i.S. des § 33a Abs.1 EStG fehle. Bereits bei beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten sind zahlreiche Fälle denkbar, in denen sich die gegenseitigen Unterhaltsleistungen der Ehegatten tatsächlich nicht ausgleichen werden (z.B. in Fällen fehlender Leistungen eines Ehegatten infolge Krankheit; in Fällen einer auf den verschiedensten Gründen beruhenden verminderten Leistungsfähigkeit oder Leistungsbereitschaft eines der Ehegatten). Da Sinn und Zweck der §§ 33 f. EStG gerade darin besteht, einer im Einzelfall vorliegenden Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen, erscheint die vom VI.Senat vorgenommene Typisierung bereits bei beiderseits unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten als zu weitgehend.
Nicht gerechtfertigt ist es jedenfalls, mit dieser typisierenden Betrachtung die Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG für Unterhaltsleistungen von Gastarbeitern an ihre im Heimatland verbliebenen Ehegatten schlechthin zu versagen und damit Aufwendungen dieser Art von jeglicher steuerlicher Berücksichtigung auszuschließen. Die Entscheidung des VI.Senats verkennt, daß die steuerliche Leistungsfähigkeit des in der Bundesrepublik beschäftigten Gastarbeiters durch die hier streitbefangenen Aufwendungen im Vergleich zu Unterhaltsleistungen zwischen beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten typischerweise erhöht gemindert ist. Denn ein Gastarbeiter muß einerseits regelmäßig die Barmittel für den Unterhalt der gesamten Familie im Heimatland aufbringen und andererseits für seine eigene Beköstigung, seine Wohnung und Kleidung in der Bundesrepublik allein sorgen. Im übrigen kommt es nicht selten vor, daß der im Heimatland verbliebene Ehepartner nach der Eheschließung weiterhin im Hausstand der Eltern, Schwiegereltern --der sog. Großfamilie-- lebt, so daß, jedenfalls solange keine eigenen Kinder der Eheleute zu versorgen sind, den Unterhaltsleistungen des in der Bundesrepublik arbeitenden Ehegatten ein angemessener eigener Beitrag des im Ausland lebenden Ehepartners zum gemeinschaftlichen Lebensunterhalt der Eheleute nicht gegenüberstehen wird (vgl. zu weiteren Gesichtspunkten Bopp/Oepen, DStR 1980, 183, 185). Unterhalten dagegen die Ehegatten im Heimatland einen eigenen Hausstand, werden durch die faktische Trennung der Ehegatten --und zwar ohne, daß stets die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gemäß § 9 Abs.1 Nr.5 EStG gegeben sein müßten-- regelmäßig erhöhte Aufwendungen erwachsen. Darin liegt im Vergleich zu den Verhältnissen bei nicht dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, die nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. insbesondere den Beschluß in BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22, mit weiteren Hinweisen) eine Steuerermäßigung gebietet (vgl. auch Kanzler, a.a.O., Anm.59).
2. Auch die rechtssystematischen Erwägungen des VI.Senats, die an die Grundsätze der Ehegattenbesteuerung anknüpfen (BFHE 128, 236, 239, BStBl II 1979, 660) rechtfertigen es nicht, für Unterhaltsleistungen von Gastarbeitern an ihre im Heimatland verbliebenen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten jegliche Steuerermäßigung zu versagen. Es leuchtet nicht ein, daß solche Unterhaltsleistungen --im Gegensatz zur steuerlichen Behandlung sämtlicher anderer denkbarer Fälle zwangsläufiger Unterhaltsleistungen zwischen Ehegatten-- von jeglicher steuerlicher Berücksichtigung von vornherein und stets ausgeschlossen sein sollen.
a) Entgegen der Auffassung des VI.Senats liegt eine nicht zu rechtfertigende steuerliche Schlechterstellung der hier streitbefangenen Aufwendungen im Vergleich zu Unterhaltsleistungen zwischen in intakter Ehe lebenden beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten vor. Daß die gegenseitigen Unterhaltsleistungen von in intakter Ehe lebenden beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht gemäß § 33a Abs.1 EStG zu berücksichtigen sind, läßt sich mit der Abgeltung dieser Unterhaltsleistungen durch das Recht auf Zusammenveranlagung und die daraus folgende Möglichkeit der Inanspruchnahme des Splittingtarifs rechtfertigen. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob mit der früheren Rechtsprechung des BFH davon auszugehen ist, daß bei in intakter Ehe lebenden beiderseits unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten die Unterhaltsleistungen zwischen den Ehegatten typisierend durch die Gewährung des Splittingtarifs steuerlich als berücksichtigt anzusehen sind (vgl. z.B. Urteile vom 13.Dezember 1961 VI 245/60 U, BFHE 74, 273, BStBl III 1962, 104; vom 19.August 1966 VI 268/65, BFHE 87, 70, BStBl III 1967, 21, und vom 30.Juli 1971 VI R 142/68, BFHE 103, 69, 76, BStBl II 1971, 764). Für diese Auffassung könnte die Berücksichtigung eines zweiten Grundfreibetrags für den anderen Ehepartner bei der Neuordnung der Ehegattenbesteuerung durch das Steueränderungsgesetz 1958 (vom 18.Juli 1958, BGBl I 1958, 473, BStBl I 1958, 412; vgl. Tabelle 1 der BTDrucks 3/260 S.35, nach der bei der Zusammenveranlagung ein "Freibetrag von 1 680 DM für die Ehefrau" gewährt wird) sowie die Entstehungsgeschichte des § 26 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1958 (Einreihung kinderloser Ehegatten in Steuerklasse II zur Abgeltung der Unterhaltsleistungen; vgl. hierzu Bopp/Oepen, DStR 1980, 183, 184, mit weiteren Hinweisen) sprechen. Jedenfalls sind Unterhaltsleistungen zwischen beiderseits unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, die in einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft leben und der Zusammenveranlagung unterliegen (§ 26 EStG), gemäß § 33a Abs.1 Satz 3 EStG wegen fehlender Bedürftigkeit des jeweils anderen Ehegatten von einem Abzug als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a Abs.1 EStG ausgeschlossen. Denn im Normalfall einer Zusammenveranlagung wird dem unter Umständen nicht verdienenden Ehegatten fiktiv die Hälfte der Einkünfte des anderen Ehegatten zugerechnet. Diese gesetzliche Fiktion müssen sich die Ehegatten auch im Hinblick auf § 33a Abs.1 EStG und die dort vorgesehene Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge mit der Folge entgegenhalten lassen (Kanzler, a.a.O., Anm.59), daß die Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG wegen mangelnder Bedürftigkeit ausscheidet.
Der erkennende Senat verkennt nicht, daß auch bei Ehegatten, von denen nur einer in der Bundesrepublik steuerpflichtig ist, vom Bestehen einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen ist, sofern die Ehepartner nicht dauernd getrennt leben. Der entscheidende Unterschied zu beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten besteht indes darin, daß der in der Bundesrepublik allein lebende unbeschränkt steuerpflichtige Gastarbeiter keinen Anspruch auf Zusammenveranlagung und Inanspruchnahme des Splittingtarifs besitzt mit der Folge, daß die Anwendung des § 33a Abs.1 EStG hier weder wegen Gewährung eines zweiten Grundfreibetrags noch wegen der Fiktion einer fehlenden Bedürftigkeit des unterhaltenen Ehegatten ausgeschlossen sein kann. Dieser wesentliche Unterschied in der steuerlichen Behandlung von Ehegatten, bei denen beide unbeschränkt steuerpflichtig sind gegenüber solchen Ehegatten, bei denen nur einer unbeschränkt steuerpflichtig ist, verbietet --entgegen der Auffassung des VI.Senats in BFHE 128, 236, 239, BStBl II 1979, 660-- die steuerrechtliche Gleichbehandlung dieser beiden Fallgruppen bei der Anwendung des § 33a Abs.1 EStG. Bei Nichtanwendung des § 33a Abs.1 EStG auf Unterhaltsleistungen des unbeschränkt steuerpflichtigen in der Bundesrepublik beschäftigten Ehegatten an seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen im Heimatland verbliebenen Ehegatten würde die durch die Unterhaltsleistungen eintretende Minderung der Leistungsfähigkeit steuerlich schlechthin unberücksichtigt bleiben. Dieses Ergebnis wäre mit der vom BVerfG im Zusammenhang mit der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen wiederholt betonten Forderung nach Steuergerechtigkeit unvereinbar (vgl. BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22, mit weiteren Hinweisen).
b) Dem steht die Erwägung des VI.Senats in BFHE 128, 236, 241, BStBl II 1979, 660 nicht entgegen, auch bei beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten bringe die Anwendung des Splittingtarifs jedenfalls dann keine Vorteile, wenn beide Ehegatten Einkünfte in etwa gleicher Höhe erzielten. In Fällen dieser Art wird eine Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten in concreto wegen fehlender Bedürftigkeit des jeweils anderen Ehegatten regelmäßig nicht bestehen, so daß der Abzug von Unterhaltsleistungen gemäß § 33a Abs.1 EStG bereits wegen fehlender Zwangsläufigkeit ausscheidet. In Übereinstimmung hiermit wären auch Unterhaltsleistungen eines in der Bundesrepublik beschäftigten Gastarbeiters an seinen von ihm nicht dauernd getrennt lebenden, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten bei eigenen Einkünften oder Bezügen des anderen Ehegatten gemäß § 33a Abs.1 Satz 3 EStG vom Abzug ausgeschlossen.
c) Auch aus dem Umstand, daß im Falle der getrennten Veranlagung von beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen, in intakter Ehe lebenden Ehegatten trotz Anwendung des Grundtarifs nach Auffassung des VI.Senats § 33a Abs.1 EStG für Unterhaltsleistungen an den anderen Ehegatten nicht eingreifen soll, läßt sich nichts für den Rechtsstandpunkt des VI.Senats in BFHE 128, 236, 241, BStBl II 1979, 660 herleiten. Denn die getrennte Veranlagung wird regelmäßig nur im Ausnahmefall, und zwar dann gewählt, wenn andere infolge der getrennten Veranlagung eintretende Steuervorteile den sog. Splittingeffekt überwiegen (vgl. hierzu Bopp/Oepen, DStR, 1980, 183, 185). Wegen des hier eingreifenden Grundsatzes des "volenti non fit iniuria" sind die Fälle einer von den Steuerpflichtigen beantragten getrennten Veranlagung beiderseits unbeschränkt steuerpflichtiger Ehegatten und die Einzelveranlagung eines unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten, der seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen bedürftigen Ehegatten im Heimatland unterhält, nicht miteinander vergleichbar. Der entscheidende Unterschied liegt darin, daß den in intakter Ehe lebenden beiderseits unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten jedenfalls die Möglichkeit der Wahl der Zusammenveranlagung und zur Inanspruchnahme des Splittingtarifs offensteht.
d) Auch aus der Erwägung, daß nicht dauernd getrennt lebende, beiderseits unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatten beim Abzug von außergewöhnlichen Belastungen als Einheit behandelt werden (BFHE 128, 236, 240, BStBl II 1979, 660 mit Hinweis auf die BFH-Urteile vom 24.Januar 1958 VI 9/56 S, BFHE 66, 197, BStBl III 1958, 77; vom 22.März 1967 VI R 300/66, BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596; vom 18.April 1972 VIII R 12/66, BFHE 106, 187, BStBl II 1972, 757) lassen sich entgegen der Auffassung des VI.Senats für die Entscheidung der Vorlagefrage keine entscheidenden Gesichtspunkte gewinnen. Die den vorstehend genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sind mit dem dem Vorlagefall zugrunde liegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil im Vorlagefall § 33a Abs.1 EStG von vornherein nur auf einen, nämlich den unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten anwendbar ist und trotz Bestehens einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten deren Zusammenveranlagung ausgeschlossen ist. Lediglich für beiderseits unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatten hat jedoch der BFH entschieden, daß außergewöhnliche Belastungen steuerlich auch beim zweiten Ehegatten nicht berücksichtigt werden könnten, wenn deren Abzug beim ersten Ehegatten --z.B. wegen fehlender Zwangsläufigkeit-- nicht in Betracht kommt (BFHE 89, 69, 71, BStBl III 1967, 596 unter Hinweis auf das Urteil in BFHE 66, 197, BStBl III 1958, 77). Die Tatsache, daß der VI.Senat z.B. in BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596 den Abzug von Studienkosten für den anderen Ehegatten als außergewöhnliche Belastung nicht von vornherein versagt hat, spricht im übrigen eher gegen als für die vom VI.Senat in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 vertretene Rechtsauffassung. Denn der Begründung, daß die Berücksichtigung der Studienkosten als außergewöhnliche Belastung daran scheitere, daß die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen in der Person des studierenden Ehegatten zu verneinen sei, hätte es nicht bedurft, wenn der BFH den Abzug der seinerzeit streitigen Aufwendungen im Verhältnis zwischen den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten schon dem Grunde nach und von vornherein für ausgeschlossen angesehen hätte.
3. Auch die weiteren rechtssystematischen Erwägungen des VI.Senats in BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660 rechtfertigen es nicht, die Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG bei Sachverhalten wie dem vorliegenden von vornherein zu versagen. Entgegen der Auffassung des VI.Senats kommt weder dem Werbungskostenabzug infolge doppelter Haushaltsführung gemäß § 9 Abs.1 Nr.5 EStG noch der Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen bei Beschäftigung einer Hausgehilfin gemäß § 33a Abs.3 EStG eine Abgeltungswirkung bezüglich des für den anderen Ehegatten erbrachten Unterhalts zu. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß insoweit zusätzliche Aufwendungen des Steuerpflichtigen vorliegen müssen, die nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 9 Abs.1 Nr.5 EStG bzw. des § 33a Abs.3 EStG einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden können. Zum anderen können auch Ehegatten, bei denen das Splittingverfahren anwendbar ist, sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch geschiedene oder dauernd getrennt lebende, unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatten, die wegen der Unterhaltsleistungen an den anderen Ehegatten die Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG oder das Realsplitting gemäß § 10 Abs.1 Nr.1 EStG beanspruchen können, zusätzlich Aufwendungen gemäß § 9 Abs.1 Nr.5 und § 33a Abs.3 EStG abziehen. Weder die Anwendung des § 9 Abs.1 Nr.5 EStG noch die des § 33a Abs.3 Nr.2 Buchst.a und b EStG setzen das Bestehen einer intakten ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus. Abgesehen davon dürfte die praktische Bedeutung des § 33a Abs.3 Nr.2 Buchst.a und b EStG für in der Bundesrepublik beschäftigte Arbeitnehmer, deren Ehegatte im Heimatland verblieben ist, nicht allzu groß sein.
4. Daß die Zusammenveranlagung der in der Bundesrepublik beschäftigten Gastarbeiter mit ihrem im Ausland lebenden nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten und damit auch die Gewährung des Splittingtarifs im Hinblick darauf ausgeschlossen ist, daß der inländische Fiskus seine Steuerhoheit nicht auf Personen ausdehnen darf, die der inländischen Steuerpflicht nicht unterliegen, vermag den generellen Ausschluß des § 33a Abs.1 EStG auf Unterhaltsleistungen eines voll der inländischen Steuerpflicht unterliegenden Gastarbeiters, dessen Leistungsfähigkeit durch die Unterhaltsgewährung gemindert ist, nicht zu begründen. Nur wenn der im Ausland verbliebene Ehegatte dort tatsächlich selbst Einkünfte oder Bezüge bezieht, die zur Bestreitung seines Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, ist die Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33a Abs.1 Satz 3 EStG ausgeschlossen.
5. Die Auslegung des § 33a Abs.1 EStG durch den erkennenden Senat steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen (vgl. den Beschluß in BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22, m.w.N.). Danach ist die wirtschaftliche Belastung durch zwangsläufige Unterhaltsverpflichtungen ein besonderer, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigender Umstand. Diese unabweisbare Sonderbelastung darf der Gesetzgeber nach Auffassung des BVerfG ohne Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit nicht außer acht lassen. Diese Rechtsprechung des BVerfG, die zur Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern (BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717; BVerfGE 68, 143), gegenüber einem Elternteil (BVerfGE 66, 214, BStBl II 1984, 357) und gegenüber dem geschiedenen Ehegatten (BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22) ergangen ist, setzt verbindliche Wertmaßstäbe auch für die Entscheidung, ob zwangsläufige Unterhaltsleistungen an den in einer intakten Ehe lebenden nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten gemäß § 33a Abs.1 EStG zu berücksichtigen sind. Denn das BVerfG verlangt in den vorstehend genannten Entscheidungen generell die steuerliche Berücksichtigung zwangsläufig erwachsener Unterhaltsaufwendungen an Angehörige, und zwar unabhängig davon, wer Leistender oder Empfänger solcher Unterhaltsleistungen ist. Der amtlich nichtveröffentlichte Beschluß des BVerfG vom 26.November 1985 1 BvR 1123/85 (StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 33a, Rechtsspruch 29) ist für die Entscheidung des Vorlagefalls nicht einschlägig. Er betrifft Unterstützungsleistungen an den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit gemeinsamer Haushaltsführung, für die --anders als für die hier streitbefangenen Unterhaltsleistungen-- der besondere Schutz von Art.6 des Grundgesetzes (GG) nicht gilt. Im übrigen hat das BVerfG in dem Beschluß in StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 33a, Rechtsspruch 29 lediglich entschieden, es sei von Verfassungs wegen unbedenklich, nichteheliche Lebensgemeinschaften hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung jedenfalls dann nicht günstiger als eheliche Gemeinschaften zu behandeln, wenn die tatsächliche Gestaltung ihrer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft vergleichbar sei. Abgesehen davon, daß das BVerfG mit dieser Aussage die Versagung der Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG für Unterhaltsleistungen der im Vorlagefall streitigen Art nicht gebilligt hat, fehlt es auch an der vom BVerfG vorausgesetzten Vergleichbarkeit in der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse. Denn der in der Bundesrepublik beschäftigte Gastarbeiter ist durch die Unterhaltsleistungen an seinen im Heimatland lebenden Ehegatten infolge Aufspaltung der Haushaltsführung in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit typischerweise erhöht belastet. Schließlich läßt der Beschluß eines sog. Vorprüfungsausschusses des BVerfG in StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 33a, Rechtsspruch 29 nicht erkennen, daß die erst neu entwickelten und weittragenden Grundsätze des BVerfG zur steuerlichen Berücksichtigung von zwangsläufigen Unterhaltsleistungen in BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717; in BVerfGE 66, 214, BStBl II 1984, 357; in BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22, und in BVerfGE 68, 143 wieder aufgegeben werden sollten.
Dem Gebot des BVerfG, zwangsläufige Unterhaltsaufwendungen an Angehörige steuerermäßigend zu berücksichtigen, wird nur dann entsprochen, wenn die zwangsläufigen Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den im Ausland lebenden anderen Ehegatten gemäß § 33a Abs.1 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Nur unter dieser Voraussetzung wird eine nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung im Vergleich zu beiderseitig unbeschränkt steuerpflichtigen, nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, die den Splittingtarif in Anspruch nehmen können sowie auch im Verhältnis zu dauernd getrennt lebenden und geschiedenen Ehegatten, die die Steuerermäßigung des § 33a Abs.1 EStG oder, soweit der Ehegatte unbeschränkt steuerpflichtig ist, das Realsplitting gemäß § 10 Abs.1 Nr.1 EStG beanspruchen können, vermieden. Ein etwa auf dem Familienrechtsverhältnis beruhender Unterhaltsbeitrag des im Ausland lebenden nichterwerbstätigen Ehegatten vermag den verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichbehandlungsanspruch des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten auf Berücksichtigung der Minderung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch seine zwangs- läufigen Unterhaltszahlungen nicht auszuschließen.
Fundstellen
Haufe-Index 61824 |
BStBl II 1987, 629 |
BFHE 150, 41 |
BB 1987, 1519-1519 (ST) |
DB 1987, 1872-1872 (ST) |
DStR 1987, 562-562 (ST) |
HFR 1987, 459-459 (S) |