Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Klage gegen GmbH bei Wegfall des einzigen Geschäftsführers. Parteifähigkeit einer GmbH auch bei deren Löschung im Handelsregister während des Prozesses
Leitsatz (amtlich)
a) Legt der einzige Geschäftsführer einer GmbH sein Amt nieder, ist eine gegen die Gesellschaft gerichtete Klage mangels gesetzlicher Vertretung unzulässig.
b) Wird während eines Prozesses die beklagte GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, bleibt sie parteifähig, wenn der Kläger substantiiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden.
Normenkette
GmbHG § 35 Abs. 1 S. 2; HGB §§ 15, 140; ZPO § 50 Abs. 1, §§ 52, 57 Abs. 1, § 62 Abs. 1, § 139; BGB § 29; FamFG § 394 Abs. 1
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Urteil vom 31.03.2009; Aktenzeichen 6 U 48/08) |
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 23.05.2008; Aktenzeichen 11 O 322/07) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Brandenburg vom 31.3.2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagten zu 1) bis 5), Herr J. und der Kläger sind bzw. waren Kommanditisten der F. Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG i.L. (im Folgenden: Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft). Die Beklagte zu 6), eine GmbH, ist bzw. war deren persönlich haftende Gesellschafterin. Im Gesellschaftsvertrag ist vorgesehen, dass ein Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden kann und dass jeder Gesellschafter auf die Geltendmachung von Beschlussmängeln verzichtet, soweit er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Beschlussprotokolls Klage gegen die übrigen Gesellschafter auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses erhebt.
Rz. 2
Die Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft beschloss am 7.11.2006, den Kläger auszuschließen. Das Protokoll dieser Versammlung wurde dem Kläger am 10.8.2007 übersandt.
Rz. 3
Zuvor hatte der einzige Geschäftsführer der Beklagten zu 6), Herr C., mit Schreiben an die Gesellschafterversammlung vom 21.9.2006 mitgeteilt, dass er sein Amt als Geschäftsführer niederlege. Anschließend waren Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft und der Beklagten zu 6) jeweils mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse durch Beschlüsse vom 19.3. bzw. 10.4.2007 abgewiesen worden. Als Liquidator der GmbH war Herr C. in das Handelsregister eingetragen worden.
Rz. 4
Mit der am 8.10.2007 bei Gericht eingegangenen und alsbald zugestellten Klage hat der Kläger beantragt festzustellen, dass der Ausschließungsbeschluss vom 7.11.2006 nichtig sei.
Rz. 5
Das LG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat sie als unzulässig abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Rz. 8
Die Klage sei unzulässig, weil die Beklagte zu 6) nicht ordnungsgemäß vertreten sei. Zwar sei Herr C. im Handelsregister als Liquidator eingetragen. Das gebe die Rechtslage jedoch nicht zutreffend wieder, da C. zum Zeitpunkt der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 6) gewesen und daher auch nicht ihr Liquidator geworden sei. Dieser Vertretungsmangel sei nicht durch die Bestellung eines Notliquidators geheilt worden. Auch § 15 Abs. 3 HGB helfe darüber nicht hinweg. Zum einen führe der gute Glaube an die Richtigkeit des Handelsregisters nicht zur Annahme der Prozessfähigkeit einer an sich prozessunfähigen Person. Zum anderen sei der Kläger spätestens seit Erhalt der Klageerwiderungsschrift, in der er über die Amtsniederlegung des Geschäftsführers unterrichtet worden sei, nicht mehr gutgläubig.
Rz. 9
Die Unzulässigkeit der Klage gegen die Beklagte zu 6) führe zur Unzulässigkeit der Klage insgesamt. Die Beklagten seien notwendige Streitgenossen. Daher könne über die Klage nur einheitlich entschieden werden. Im Übrigen fehle es dem Kläger auch an einem Rechtsschutzbedürfnis für seine Feststellungsklage, da sich die Gesellschaft in Liquidation befinde und nicht ersichtlich sei, dass der Kläger bei einem früheren Ausscheiden ein höheres Abfindungsguthaben erhalten würde als bei einer Auseinandersetzung im Rahmen des Liquidationsverfahrens.
Rz. 10
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 11
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage - derzeit - ggü. der Beklagten zu 6) unzulässig ist, weil diese Beklagte nicht gesetzlich vertreten und damit nicht prozessfähig ist.
Rz. 12
Eine GmbH, deren einziger Geschäftsführer sein Amt niedergelegt hat, ist nicht mehr prozessfähig i.S.d. § 52 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 8.2.1993 - II ZR 62/92, BGHZ 121, 263; Beschl. v. 7.12.2006 - IX ZR 257/05, ZIP 2007, 144 Rz. 11). Sie hat mit der Amtsniederlegung ihren gesetzlichen Vertreter verloren.
Rz. 13
Daran ändert § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG in der seit dem 1.11.2008 geltenden Fassung nichts. Nach dieser Vorschrift wird die Gesellschaft bei einer Führungslosigkeit, also beim Fehlen eines Geschäftsführers, von ihren Gesellschaftern gesetzlich vertreten, wenn ihr gegenüber Willenserklärungen abzugeben oder Schriftstücke zuzustellen sind. Das betrifft etwa die Zustellung der Klageschrift. Darin erschöpft sich die Prozessführung aber nicht. Einen Prozess kann die GmbH nur führen, wenn ihre Vertreter nicht nur zur Passivvertretung, sondern auch zur Aktivvertretung befugt sind, also auch Willenserklärungen mit Wirkung für die Gesellschaft abgeben können. Eine solche Rechtsmacht haben die Gesellschafter in den Fällen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht.
Rz. 14
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nichts anderes. Danach soll durch § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ermöglicht werden, dass der Gesellschaft auch dann Schriftstücke zugestellt werden können, wenn ihr Geschäftsführer sein Amt niedergelegt und die Gesellschaft damit keinen gesetzlichen Vertreter mehr hat (BT-Drucks. 16/6140, 42). Nur diesen Zustellungsmangel wollte der Gesetzgeber heilen, nicht aber die Grundsätze der Prozessfähigkeit ändern. Dafür besteht auch kein Bedürfnis, weil - etwa im weiteren Verlauf eines durch Klagezustellung eingeleiteten Prozesses - der Mangel der Prozessfähigkeit durch Bestellung eines Notgeschäftsführers oder eines Prozesspflegers geheilt werden kann.
Rz. 15
2. Weiter hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, der Umstand, dass die Eintragung des Geschäftsführers C. im Handelsregister nach seiner Amtsniederlegung nicht gelöscht, sondern C. sogar nach Auflösung der GmbH als Liquidator eingetragen worden sei, führe nicht gem. § 15 HGB zur Annahme der Prozessfähigkeit der Beklagten zu 6). Dabei kann offen bleiben, ob sich § 15 HGB schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht auf die Prozessfähigkeit einer juristischen Person beziehen kann (ablehnend OLG Hamm NJW-RR 1998, 470). Denn jedenfalls war der Kläger spätestens aufgrund der Erörterung in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht mehr gutgläubig.
Rz. 16
3. Das Berufungsgericht hat aber seine Pflicht verletzt, gem. § 139 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 ZPO rechtzeitig darauf hinzuwirken, dass sachgemäße Anträge gestellt werden.
Rz. 17
Das Berufungsgericht hat zwar in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung der Beklagten zu 6) bestünden. Dazu heißt es in dem Sitzungsprotokoll:
Dies sei auch Gegenstand der Erörterung in erster Instanz gewesen, so dass der Kläger zumindest seit der Einführung in den Prozess nicht mehr davon habe ausgehen können, die Beklagte zu 6) sei ordnungsgemäß vertreten.
Rz. 18
Diese Angabe ist jedoch unzutreffend, wie die Revision zu Recht rügt. In erster Instanz war ausweislich der Schriftsätze, des Sitzungsprotokolls und des landgerichtlichen Urteils die fehlende Prozessfähigkeit der Beklagten zu 6) nicht angesprochen worden. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten hatten die Unzulässigkeit der Klage gegen die Beklagte zu 6) vielmehr mit dem - unzutreffenden - Hinweis zu begründen versucht, die GmbH sei - schon zum Zeitpunkt der Klageerwiderung - im Handelsregister gelöscht gewesen. Eine Abschrift des Schreibens des Geschäftsführers C. vom 21.9.2006, mit dem er sein Amt niedergelegt hatte, haben sie nur zur Erläuterung des Umstands vorgelegt, dass die Beklagte zu 6) in der streitigen Gesellschafterversammlung nicht vertreten war. Allein auf diesen Umstand ist der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls auch vom LG hingewiesen worden, und allein darauf hat das LG auch seine Entscheidung gestützt.
Rz. 19
Das Berufungsgericht durfte nicht davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers aus dem Hinweis in der mündlichen Berufungsverhandlung die richtigen rechtlichen Schlüsse ziehen würden. Es hat den Prozessbevollmächtigten nämlich ausweislich des Sitzungsprotokolls geraten, die Klage im Hinblick auf den Vertretungsmangel zurückzunehmen. Damit hat es einen irreführenden Hinweis erteilt. Dem Kläger stand die Möglichkeit offen, die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO bzw. eines Notgeschäftsführers analog § 29 BGB beim Berufungsgericht bzw. beim zuständigen AG zu beantragen (vgl. OLG Zweibrücken GmbHR 2007, 544; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., vor § 35 Rz. 13 ff.; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 57 Rz. 4 m.w.N.). Dazu musste ihm im Rahmen des § 139 ZPO auch Gelegenheit gegeben werden, selbst wenn damit eine Vertagung oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verbunden gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 18.9.2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rz. 4 ff.; Beschl. v. 25.5.2009 - II ZR 99/08, ZIP 2009, 1273 Rz. 4).
Rz. 20
III. Der Rechtsstreit ist auch nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif.
Rz. 21
1. Allerdings spricht viel dafür, dass der Beklagten zu 6) nicht erst die Prozessfähigkeit, sondern schon die Parteifähigkeit fehlt. Die Beklagte zu 6) ist nämlich mittlerweile im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden, wie sich aus einer vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft des Registergerichts ergibt.
Rz. 22
Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG (= § 141a Abs. 1 FGG a.F.) hat zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Die Gesellschaft ist materiell-rechtlich nicht mehr existent (BGH, Urt. v. 5.4.1979 - II ZR 73/78, BGHZ 74, 212; Urt. v. 29.9.1981 - VI ZR 21/80, ZIP 1981, 1268; Urt. v. 28.3.1996 - I ZR 11/94, NJW-RR 1996, 805, 806; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, 10. Aufl., § 60 Rz. 57; Casper in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 60 Rz. 93 ff.; krit. Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 50 Rz. 44 ff.). Bestehen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig. Dafür reicht bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend macht (BGH, Urt. v. 8.10.1979 - II ZR 257/78, BGHZ 75, 178, 182 f.; Urt. v. 23.10.1958 - II ZR 127/57, WM 1959, 81, 83; Urt. v. 10.2.1977 - II ZR 213/74, WM 1977, 581; Urt. v. 21.10.1985 - II ZR 82/85, WM 1986, 145). Bei einem - wie hier - Passivprozess ist die gelöschte Gesellschaft jedenfalls dann parteifähig, wenn der Kläger substantiiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden (BGH, Urt. v. 29.9.1967 - V ZR 40/66, BGHZ 48, 303, 307; BGH, Urt. v. 4.6.1957 - VIII ZR 68/56, WM 1957, 975; BAG GmbHR 2003, 1009, 1010; zur Wirkung des möglichen Kostenerstattungsanspruchs s. BGH, Urt. v. 21.10.1985 - II ZR 82/85, WM 1986, 145).
Rz. 23
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist dem Senat eine Entscheidung in der Sache verwehrt. Dem Kläger muss zuvor Gelegenheit gegeben werden, zu den Vermögensverhältnissen der gelöschten Beklagten zu 6) vorzutragen. Erst dann lässt sich abschließend beurteilen, ob diese Gesellschaft vermögenslos ist und damit infolge ihrer Löschung im Handelsregister ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren hat.
Rz. 24
2. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Rz. 25
Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Feststellungsklage dient - ebenso wie die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bei einer Kapitalgesellschaft - der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffenheit des klagenden Gesellschafters (BGH, Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rz. 13, zur GmbH).
Rz. 26
Davon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn sich - wie hier - die Klage gegen einen Ausschließungsbeschluss richtet und die Gesellschaft bereits aufgelöst ist. Das Interesse des Klägers, auch im Liquidationsstadium noch Gesellschafter zu sein, wird nicht nur - wie das Berufungsgericht offenbar meint - durch die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt. Dafür reicht schon - worauf die Revision zutreffend hinweist - der Wunsch des Klägers aus, seinen guten Ruf wiederherzustellen. Im Übrigen kann der Kläger ein Interesse daran haben, etwaige Ansprüche der Gesellschaft im Wege der actio pro socio geltend zu machen und so das gem. §§ 155, 161 Abs. 2 HGB zur Verteilung stehende Vermögen der Gesellschaft zu vermehren.
Rz. 27
IV. Damit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dem Kläger Gelegenheit gegeben werden kann, die erforderlichen Maßnahmen nachzuholen.
Rz. 28
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 29
1. Sollte sich herausstellen, dass die Beklagte zu 6) ihre Parteifähigkeit verloren hat, ist die gegen sie erhobene Klage unzulässig. Damit werden aber die gegen die Beklagten zu 1) bis 5) erhobenen Klagen nicht ebenfalls unzulässig oder unbegründet.
Rz. 30
Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft bei einer Ausschließungsklage i.S.d. § 140 HGB notwendige Streitgenossen nach § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO sind (BGH, Urt. v. 15.6.1959 - II ZR 44/58, BGHZ 30, 195, 197; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 140 Rz. 17), also - mit engen Ausnahmen (BGH, Urt. v. 17.12.2001 - II ZR 31/00, ZIP 2002, 710, 711) - sämtlich verklagt werden müssen. Ebenfalls richtig ist die Annahme, dass das Ausschließungsverfahren des § 140 HGB im Gesellschaftsvertrag wirksam abbedungen und - wie hier - durch die Möglichkeit einer Ausschließung mittels Gesellschafterbeschlusses ersetzt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.1997 - II ZR 71/96, DStR 1997, 1090). Dann muss der Gesellschafter, der sich gegen seine Ausschließung wehren will, die Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses durch eine Feststellungsklage geltend machen. Die übrigen Gesellschafter sind insoweit keine notwendigen Streitgenossen (BGH, Urt. v. 15.6.1959 - II ZR 44/58, BGHZ 30, 195, 198 f.; BGH, Urt. v. 3.10.1957 - II ZR 150/56, WM 1957, 1406, 1407; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Band I, § 5 III 1, S. 267; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 2. Aufl., § 105 Rz. 174; C. Schäfer in GroßkommHGB, 5. Aufl., § 105 Rz. 208; a.A. Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 105 Rz. 123).
Rz. 31
Selbst wenn aber - wie das Berufungsgericht gemeint hat - insoweit eine notwendige Streitgenossenschaft anzunehmen wäre, würde daraus nicht folgen, dass die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 5) unzulässig oder unbegründet wäre, wenn die Klage gegen die Beklagte zu 6) mangels Parteifähigkeit unzulässig sein sollte. Denn die Beklagte zu 6) hat, wenn sie vermögenslos ist, aufgrund der Löschung im Handelsregister aufgehört zu existieren. Sie ist dann nicht mehr Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft und gehört deshalb auch nicht zum Kreis der ggf. notwendig zu verklagenden Gesellschafter. Vielmehr besteht die Kommanditgesellschaft, wenn sie nicht werbend fortgesetzt wird, sondern ihre Auflösung betrieben wird, als Kommanditgesellschaft in Liquidation - ohne einen persönlich haftenden Gesellschafter - fort (Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 613 f.; Schäfer in GroßKommHGB, 5. Aufl., § 131 Rz. 45 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 2. Aufl., § 131 Rz. 46; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 131 Rz. 30; s. auch BGH, Urt. v. 14.5.1952 - II ZR 40/51, BGHZ 113, 115 f.).
Rz. 32
Sollte aber auch die Kommanditgesellschaft mittlerweile vermögenslos und deshalb gem. § 394 Abs. 4 FamFG im Handelsregister gelöscht worden sein - wofür nach der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 19.3.2007 mangels Masse eine gewisse Wahrscheinlichkeit sprechen mag -, bestünden Zweifel an dem Rechtsschutzinteresse des Klägers. Er müsste dann darlegen, warum es für ihn von Interesse sein soll, die Feststellung zu erwirken, dass seine Ausschließung aus der nicht mehr existierenden Kommanditgesellschaft unwirksam war.
Rz. 33
2. Das Berufungsgericht wird ggf. weiter zu erwägen haben, ob die Ausschließung des Klägers aus der Kommanditgesellschaft nicht deshalb unwirksam ist, weil die Gesellschafter erst am 12.4.2006 und damit etwa sechs Monate nach dem als Ausschließungsgrund geltend gemachten Geheimnisverrat die erste - aus formalen Gründen unwirksame - Ausschließung beschlossen, über die - hier zu beurteilende - wiederholte Ausschließung erst am 7.11.2006 befunden und sich mit der Übersendung des Protokolls bis zum 10.8.2007 Zeit gelassen haben (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1966 - II ZR 215/64, NJW 1966, 2160; Urt. v. 14.6.1999 - II ZR 193/98, ZIP 1999, 1355).
Fundstellen
Haufe-Index 2551809 |
BB 2010, 3098 |
DB 2010, 2719 |
DStR 2010, 2643 |
HFR 2011, 357 |