Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtberücksichtigung von Kindern, die in den ersten vier Monaten des Veranlagungszeitraums das 27. Lebensjahr vollendet haben
Leitsatz (amtlich)
Es war mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, daß das EStG 1967 die Gewährung von Freibeträgen für Kinder, die innerhalb der ersten vier Monate des Besteuerungszeitraums das 27. Lebensjahr vollendet haben, für Lohnsteuerpflichtige und veranlagte Einkommensteuerpflichtige verschieden regelte (Ergänzung zu BVerfGE 23, 1).
Normenkette
EStG 1967 § 32 Abs. 2 Nr. 2a, § 39 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1968-02-27; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Beschluss vom 22.10.1970; Aktenzeichen VII 1055/69 E) |
Gründe
A.
Die Vorlage betrifft die Verfassungsmäßigkeit der früheren, im Einkommen- und im Lohnsteuerrecht verschiedenen Regelungen über die Gewährung von Kinderfreibeträgen für Kinder, die im Besteuerungszeitraum das 27. Lebensjahr vollendeten und überwiegend auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten und für einen Beruf ausgebildet wurden.
I.
Das Einkommensteuerrecht und das Lohnsteuerrecht regelten bis zu der Neufassung im Einkommensteuergesetz 1969 in der Fassung vom 12. Dezember 1969 (BGBl. I S. 2265) – EStG 1969 – die Gewährung von Kinderfreibeträgen für Kinder, die im Besteuerungszeitraum das 27. Lebensjahr vollendeten und sich noch in Ausbildung befanden, in verschiedener Weise.
§ 32 Abs. 2 Nr. 2a des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 27. Februar 1968 – EStG 1967 – (BGBl. 1968 I S. 145) lautete:
2. Kinderfreibeträge werden dem Steuerpflichtigen auf Antrag gewährt
a) für Kinder, die im Veranlagungszeitraum mindestens vier Monate das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und während dieser Zeit
aa) überwiegend auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten und für einen Beruf ausgebildet worden sind oder …
bb) und cc) …
Demgegenüber bestimmte § 39 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1967 (BGBl. 1968 I S. 145) für die Berücksichtigung der Kinderzahl auf der Lohnsteuerkarte:
Für die Eintragung der Steuerklasse und der Zahl der Kinder bei Ausschreibung der Lohnsteuerkarte sind die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs maßgebend, für das die Lohnsteuerkarte ausgeschrieben wird …
Rechtsprechung und Rechtspraxis haben diese Regelung dahin aufgefaßt, daß das Lohnsteuerrecht vom Stichtagsprinzip, d. h. von den Verhältnissen zu Beginn eines Kalenderjahrs ausging, während für das Einkommensteuerrecht das „Vier-Monate-Prinzip” galt (vgl. § 18a LStDV 1965 vom 22. November 1965 (BGBl. I S. 1829), Lohnsteuer-Richtlinien 1966 Abschn. 45). Dementsprechend stand einem Steuerpflichtigen, der zur Einkommensteuer veranlagt wurde, ein Kinderfreibetrag wegen des Unterhalts der in Ausbildung befindlichen Kinder nur zu, wenn diese im Veranlagungszeitraum mindestens vier Monate das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Für ein Kind, das vor dem 1. Mai sein 27. Lebensjahr vollendet hatte, wurde ein Kinderfreibetrag weder ganz noch anteilig gewährt; der Einkommensteuerpflichtige konnte seine Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung lediglich in begrenzter Höhe als außergewöhnliche Belastung geltend machen (§ 33a Abs. 1 EStG). Diese insbesondere beim zweiten Kind und bei weiteren Kindern für den Einkommensteuerpflichtigen ungünstige Regelung wurde noch durch die Auswirkung auf die Berechnung der beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben verstärkt (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – C II 1).
Grundlage der Lohnsteuerberechnung ist die von der Gemeindebehörde auszustellende Lohnsteuerkarte. Da für die Eintragung der Zahl der Kinder auf der Lohnsteuerkarte die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahrs maßgebend waren (§ 39 Abs. 2 Satz 1 EStG), kam der Lohnsteuerpflichtige im Gegensatz zu dem veranlagten Einkommensteuerpflichtigen auch dann in den Genuß eines Kinderfreibetrags, wenn sein Kind das 27. Lebensjahr vor dem 1. Mai des Veranlagungszeitraums vollendete. Erst das Steueränderungsgesetz 1968 brachte eine Gleichstellung zum ersten Mal für den Besteuerungszeitraum 1970. Lediglich für den bis damals ebenfalls zwischen Einkommensteuer- und Lohnsteuerpflichtigen verschieden geregelten Fall, daß Kinder innerhalb der ersten vier Monate das 18. Lebensjahr vollendeten, traf das Steueränderungsgesetz vom 20. Februar 1969 (BGBl. I S. 141) in begrenztem Umfang eine rückwirkende Gleichstellung (Art. 1 Nr. 14b = § 52 Abs. 15 EStG 1969 in seiner ursprünglichen Fassung; vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – A I).
II.
1. Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind Eheleute. Sie beziehen im wesentlichen Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Sie haben drei am 12. Juni 1938, am 8. Februar 1940 und im Jahre 1941 geborene Söhne, die sämtlich während des ganzen Jahres 1967 studiert haben und auf Kosten ihrer Eltern unterhalten worden sind.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1967 beantragten die Kläger für alle Söhne Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 2 Nr. 2a EStG 1967. Ferner machten sie entsprechende Höchstbeträge für die Absetzung beschränkt abzugsfähiger Sonderausgaben geltend. Im Einkommensteuerbescheid 1967 gewährte das Finanzamt zwar für den jüngsten Sohn den begehrten Kinderfreibetrag, für die beiden anderen Söhne dagegen nur die Freibeträge nach § 33a Abs. 1 EStG wegen außergewöhnlicher Belastung in Höhe von je 1200 DM. Den Höchstbetrag abzugsfähiger Sonderausgaben berechnete es nur unter Berücksichtigung eines Kindes.
Gegen die Versagung der Kinderfreibeträge für die beiden Söhne und den daraus folgenden niedrigeren Abzug der Sonderausgaben haben die Kläger Sprungklage erhoben. Die Kläger sind der Ansicht, die verschiedene steuerliche Behandlung der drei Kinder widerspreche dem Grundgesetz. Die Grenze von 27 Jahren für die Gewährung des Kinderfreibetrags sei nicht mehr zeitgemäß, da die Ausbildung heutzutage länger dauere. Insbesondere müsse für den am 8. Februar 1940 geborenen Sohn das seit dem Steueränderungsgesetz 1968 geltende Stichtagsprinzip angewendet werden. Der vom Finanzamt für die Einräumung eines Kinderfreibetrags geforderte Zeitraum von vier Monaten vor Vollendung des 27. Lebensjahrs sei nicht Rechtens.
2. Das Finanzgericht Münster ist der Auffassung, die Vorschriften des § 32 Abs. 2 Nr. 2a und des § 39 Abs. 2 (gemeint ist offensichtlich § 39 Abs. 2 Satz 1) EStG 1967 seien mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Es hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob die Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 2a in Verbindung mit § 39 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für 1967 geltenden Fassung … – EStG 1967 – verfassungswidrig ist.
Der Gesetzgeber habe die Gewährung von Freibeträgen für Kinder, die im Besteuerungszeitraum vor Ablauf von vier Monaten das 27. Lebensjahr vollendeten, für veranlagte Einkommensteuerpflichtige und für Lohnsteuerpflichtige ohne zureichenden Grund verschieden geregelt. Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2a EStG 1967 hätte den Klägern des Ausgangsverfahrens bei der Einkommensteuerveranlagung der Kinderfreibetrag für den am 8. Februar 1940 geborenen Sohn nur zugestanden, wenn dieser im Besteuerungszeitraum 1967 vier Monate unter 27 Jahre alt gewesen wäre. Da dies nicht der Fall sei, komme danach für sie für das Jahr 1967 ein Kinderfreibetrag – auch anteilig – nicht in Betracht. Dagegen erhielten Steuerpflichtige, bei denen die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben werde, nach § 39 Abs. 2 Satz 1 EStG 1967 ohne die Voraussetzung des Viermonatszeitraums bei im übrigen gleicher Sachlage den in der Lohnsteuertabelle eingearbeiteten Kinderfreibetrag; denn im Lohnsteuerverfahren seien für die Gewährung von Kinderfreibeträgen die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs maßgebend (§ 39 Abs. 2 Satz 1 EStG 1967).
Die Lohnsteuer stelle nur eine Erhebungsform der Einkommensteuer dar. Deshalb seien Lohnsteuerpflichtige und veranlagte Einkommensteuerpflichtige bei der Besteuerung ihrer Einkünfte materiell grundsätzlich als gleich anzusehen. Auch aus den praktischen Besonderheiten des Veranlagungs- und des Lohnsteuerabzugsverfahrens ergebe sich keine Rechtfertigung für eine verschiedene Regelung.
3. Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, der sich im Namen der Bundesregierung geäußert hat, hält die Vorlage aus den gleichen Gründen für unzulässig, die er bereits in dem mit Beschluß vom heutigen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – entschiedenen Verfahren dargelegt hat. Die Bedenken des vorlegenden Gerichts gegen die Verfassungsmäßigkeit seien unbegründet. Die verschiedene Behandlung habe der Gesetzgeber durch das Steueränderungsgesetz 1968 für die Zeit ab 1970 beseitigt. Er habe durch § 32 Abs. 2 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1968 das sogenannte Stichtagsprinzip mit der Wirkung eingeführt, daß bei der Einkommensteuerveranlagung die für das Lebensalter maßgebende Viermonatsfrist als Voraussetzung für die Gewährung des Kinderfreibetrags entfalle. Die Entscheidung des Gesetzgebers hätte ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz nur durch eine für die Zukunft wirkende Regelung verwirklicht werden können. Die fehlende Rückwirkung des Gesetzes für die Übergangszeit führe zu keiner Unwirksamkeit der bisherigen Freibetragsregelung. Vielmehr müsse insoweit die Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich hingenommen werden. Eine rückwirkende Regelung für alle noch nicht rechtskräftigen Fälle hätte diejenigen veranlagten Steuerpflichtigen ohne sachlich gerechtfertigten Grund bevorzugt, deren Steuerfall zufällig noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 1967 (BVerfGE 23, 1) habe dem Gesetzgeber für die Anpassung an die neue Rechtslage auch eine gewisse Zeit zugestanden werden müssen. Der Gesetzgeber sei auch berechtigt gewesen, im Rahmen des Art. 1 Nr. 14b StÄndG 1968 zwischen den Fällen der Vollendung des 18. und des 27. Lebensjahrs innerhalb der ersten vier Monate eines Jahres zu unterscheiden und eine Rückwirkung der Neuregelung nur für die erstgenannte Fallgruppe anzuordnen.
4. Der zuständige VI. Senat des Bundesfinanzhofs hat erklärt, er habe zu der Frage, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses sei, noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Nachdem der Gesetzgeber die zwischen dem Lohnsteuerverfahren und dem Veranlagungsverfahren bestehenden Divergenzen im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 23, 1) durch das Steueränderungsgesetz 1968 mit Wirkung vom Jahre 1970 ab beseitigt habe, müsse bis dahin die verschiedene Behandlung zwischen Lohnsteuerpflichtigen und Einkommensteuerpflichtigen in Kauf genommen werden.
B. – I.
Wie in dem Beschluß vom heutigen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – unter C I ausgeführt ist, kommt § 39 Abs. 2 EStG 1967 materiell-rechtliche Bedeutung zu, da der Inhalt der Lohnsteuerkarte durch den Arbeitgeber zwingend zu beachten ist und die Zahl der eingetragenen Kinder die Höhe der Steuer berührt.
II.
1. Die Regelung in § 32 Abs. 2 Nr. 2 aa) EStG 1967 brachte für veranlagte Einkommensteuerpflichtige wesentliche steuerliche Nachteile gegenüber nicht zu veranlagenden Arbeitnehmern mit sich, wenn in dem Besteuerungszeitraum vor dem 1. Mai ein Kind das 27. Lebensjahr vollendete und die weiteren Voraussetzungen (überwiegender Unterhalt durch den Steuerpflichtigen und Ausbildung für einen Beruf während vier Monaten) in beiden Fällen vorlagen. Statt eines vollen Jahres-Kinderfreibetrags und statt der Erhöhung der beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben und der Besserstellung bei der Berechnung der außergewöhnlichen Belastungen (vgl. Beschluß vom heutigen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – C II 1), konnten zur Einkommensteuer Veranlagte lediglich einen die Benachteiligung nicht ausgleichenden anteiligen Freibetrag als außergewöhnliche Belastung beanspruchen (§ 33a Abs. 1 und 4 EStG). Die steuerlichen Auswirkungen werden oft gleich hoch sein wie in dem bereits vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall (BVerfGE 23, 1), in dem das Kind innerhalb der ersten vier Monate des Besteuerungszeitraums das 18. Lebensjahr vollendet hatte.
2. In diesen verschiedenen Regelungen liegt eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Wie das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) ausgeführt hat, ist die Lohnsteuer keine selbständige Steuerart, so daß für die Besteuerung zu veranlagende Einkommensteuerpflichtige und Lohnsteuerpflichtige grundsätzlich als „gleich” anzusehen sind. Eine verschiedene Behandlung beider Gruppen ist im Interesse der Gleichheit der Besteuerung nur in den Punkten möglich, in denen eine abweichende Regelung durch die Besonderheiten des Veranlagungs- oder des Lohnsteuerabzugsverfahrens hinreichend gerechtfertigt ist. Dies trifft für die hier in Frage stehende Kinderfreibetragsregelung nicht zu.
Da der Lohnsteuerabzug schon von Beginn des Jahres an bei jeder Lohnzahlung vorzunehmen ist, geht das Lohnsteuerrecht aus verfahrensökonomischen Gründen bei der Berechnung der Lohnsteuer regelmäßig von den Verhältnissen aus, die am 1. Januar bestanden haben. Eine aus diesem sogenannten Stichtagsprinzip erwachsende Ungleichheit erscheint jedoch nicht gerechtfertigt, wenn bei Beginn des Jahres schon zu übersehen ist, daß eine für die Besteuerung bedeutsame Tatsache in einem bestimmten späteren Zeitpunkt wegfallen wird. Es handelt sich bei der Erreichung des 27. Lebensjahrs um eine kalendermäßig vorbestimmte Tatsache, die auch bei einer vorausschauenden Beurteilung, wie sie im Lohnsteuerabzugsverfahren stattfindet, berücksichtigt werden kann. Eine andere Handhabung ist auch nicht durch die im Steuerrecht besonders zu beachtenden Anforderungen an die praktische Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens erforderlich. Im Lohnsteuerverfahren oblag und obliegt die Eintragung des Kindes, für das der Kinderfreibetrag zu gewähren ist, ausschließlich dem Finanzamt (§ 18a Abs. 2 LStDV 1965). Dabei ist neben dem Lebensalter zu prüfen, ob die übrigen Voraussetzungen voraussichtlich während der ersten vier Monate bestehen werden. Das Finanzamt hat ferner, wenn dieser Viermonatszeitraum nicht eingehalten wird und der Steuerpflichtige seine Verpflichtung, eine Berichtigung zu beantragen, nicht erfüllt, die Lohnsteuerkarte von Amts wegen zu berichtigen. Danach hätte eine zusätzliche Prüfung, ob das Kind mehr als vier Monate im betreffenden Jahr das 27. Lebensjahr nicht vollendet hatte, keine nennenswerte Verwaltungserschwernis im Lohnsteuerverfahren gebracht. Wenn das Finanzamt schon Tatsachen vorausschauend berücksichtigen muß, deren Eintritt nicht von vornherein feststeht, wie die viermonatige Berufsausbildung und die Unterhaltsgewährung durch die Eltern, so lag es um so näher, die kalendermäßig feststehende Tatsache der Vollendung des 27. Lebensjahrs zu beachten. Die lohnsteuerliche Regelung war daher nicht wegen der in diesem Erhebungsverfahren zu beachtenden Besonderheiten erforderlich.
Auch für das einkommensteuerliche Veranlagungsverfahren ist es gleichgültig, ob für die Altersgrenze zur Gewährung eines Kinderfreibetrags vom Stichtagsprinzip – wie in der Neuregelung bestimmt – oder vom Viermonatsprinzip auszugehen ist, da hier die steuerlichen Verhältnisse ohnedies nachträglich zu überprüfen sind.
3. a) Daß der Gesetzgeber durch das Steueränderungsgesetz 1968 diese verfassungswidrige Regelung für die Zukunft beseitigt hat, vermag, wie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom gleichen Tage – 1 BvL 38/69, 25/70 und 20/71 – ausgeführt ist (C II 3. a), den vor diesem Zeitpunkt bestehenden verfassungswidrigen Zustand nicht zu rechtfertigen, für dessen vorübergehende Tolerierung keine besonderen Umstände vorliegen.
b) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gleichstellung der Einkommensteuerpflichtigen mit den Lohnsteuerpflichtigen nicht in der Weise vornehmen, daß es in § 32 Abs. 2 Nr. 2a EStG 1967 die Worte „mindestens 4 Monate” für nichtig erklärt, da dann auch die im Lohnsteuerrecht damals geltende Voraussetzung entfallen würde, daß die Kinder während vier Monaten überwiegend auf Kosten des Steuerpflichtigen unterhalten und für einen Beruf ausgebildet werden. Es würde damit eine Erweiterung gegenüber der damals für die Lohnsteuerpflichtigen geltenden Regelung erfolgen. Deshalb muß sich die Entscheidung darauf beschränken, die Unvereinbarkeit der Regelung des § 32 Abs. 2 Nr. 2a und des § 39 Abs. 2 Satz 1 EStG 1967 mit Art. 3 Abs. 1 GG auszusprechen. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht in dem vergleichbaren Fall entschieden, daß das Kind im Veranlagungszeitraum das 18. Lebensjahr erreicht (BVerfGE 23, 1 ff.).
Fundstellen
BVerfGE, 106 |
NJW 1972, 1891 |