Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der §§ 38, 29 Abs. 1 LAG
Leitsatz (amtlich)
§ 38 und § 29 Absatz 1 des Gesetzes über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz – LAG) vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
Normenkette
GG Art. 3, 6; LAG §§ 29, 38
Tatbestand
A.
I. Das Lastenausgleichsgesetz regelt in zwei großen Abschnitten die Ausgleichsabgaben und die Ausgleichsleistungen. Die Ausgleichsabgaben werden nach den Vorschriften der Abgabenordnung von den Behörden der Finanzverwaltung veranlagt und erhoben. Sie fließen in den Ausgleichsfonds, ein Sondervermögen des Bundes, aus dem die Ausgleichsleistungen von eigens errichteten Behörden gewährt werden.
Kernstück der Finanzierung des Lastenausgleichs ist die Vermögensabgabe, mit der die Vermögen der Abgabepflichtigen nach dem Stande vom 21. Juni 1948 belastet sind. Die Abgabe beträgt im Grundsatz einheitlich 50 v. H. des abgabepflichtigen Vermögens (§ 31 LAG). Sie wird jedoch nicht durch einmalige Zahlung eines Kapitalbetrags aus der Substanz dieses Vermögens geleistet, ist vielmehr während eines dreißigjährigen Tilgungszeitraums (1. April 1949 bis 31. März 1979) in gleichen Vierteljahrsbeträgen zu entrichten (§§ 34, 35 LAG). Vorzeitige Ablösung der Abgabeschuld ist möglich (§ 199 LAG).
Die Vierteljahrsbeträge schließen eine Verzinsung der Abgabeschuld ein. Der Verzinsungsfaktor ist nicht in allen Fällen gleich, sondern nach dem vermuteten Ertrag der verschiedenen Arten von Vermögen differenziert (1,1 bis 1,7 %). Kommen nach der Zusammensetzung des Vermögens verschiedene Sätze in Betracht, so wird aus ihnen ein einheitlicher Durchschnittssatz, das „gewogene Mittel”, berechnet (§§ 35 bis 37 LAG).
Eigene Kriegsschäden (Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden und „Ostschäden”) des Abgabepflichtigen führen unter gewissen Voraussetzungen zu einer Ermäßigung der Abgabe. Das Maß der Berücksichtigung der Kriegsschäden bestimmt sich nach ihrem Verhältnis zum Stichtagsvermögen, wofür ein System von „Schadenspunktzahlen” entwickelt worden ist (§ 47 LAG).
Das Gesetz sieht Freibeträge und Besteuerungsgrenzen vor, einmal für bestimmte Vermögensgegenstände und -teile (§§ 24 Nr. 1 und 5, 26 LAG; § 67 Nr. 2, 6a. 8, 8a, 10 und 11 BewG), zum andern allgemein für das der Abgabe unterliegende Vermögen. Die weitaus größte praktische Bedeutung hat der allgemeine Freibetrag nach § 29 Abs. 1 LAG. Die Bestimmung lautet:
Beträgt bei unbeschränkt abgabepflichtigen natürlichen Personen das der Abgabe unterliegende abgerundete Vermögen weniger als 35 000 Deutsche Mark, so ist es für die Berechnung der Vermögensabgabe um einen Freibetrag zu mindern. Der Freibetrag beträgt 5000 Deutsche Mark, wenn das der Abgabe unterliegende abgerundete Vermögen 25000 Deutsche Mark nicht übersteigt. Übersteigt dieses Vermögen 25 000 Deutsche Mark, so vermindert sich der Freibetrag für je volle 200 Deutsche Mark des Mehrvermögens um je 100 Deutsche Mark.
Da während der ganzen Laufzeit der Vierteljahrsbeträge prinzipiell die Stichtagsverhältnisse maßgebend bleiben, können sich bei Alter, Erwerbsunfähigkeit und Vermögensverfall für den Abgabepflichtigen Härten ergeben. Dem trägt das Gesetz durch Stundungs- und Erlaßvorschriften Rechnung. Der Vierteljahrsbetrag ist wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit soweit zu stunden, „daß dem Abgabepflichtigen von seinen Einkünften der für eine bescheidene Lebensführung unerläßliche Betrag verbleibt”. Die Stundung ist jedoch u.a. davon abhängig, daß das Gesamtvermögen des Antragstellers nicht mehr als 30 000 DM beträgt (§ 54 LAG). Die Möglichkeit des Erlasses wird dadurch eröffnet, daß § 131 AO über Verzicht auf Beitreibung aus Billigkeitsgründen anwendbar ist. Auf Grund der Ermächtigung in § 203 Abs. 5 LAG hat der Bundesminister der Finanzen in den Verwaltungsanordnungen vom 19. Juli 1954 (BStBl 1954 I S. 380) und vom 21. Januar 1957 (BStBl 1957 I S. 126) bestimmt, daß jedenfalls bei bestimmten Vermögensverlusten (Differenz zwischen Ausgangsvermögen vom 21. Juni 1948 und Restvermögen) Nachlässe zu gewähren sind.
II. Die am Währungsstichtag nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten – nicht auch Eltern und Kinder – werden für die Vermögensabgabe zusammen veranlagt. § 38 LAG bestimmt:
Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide unbeschränkt abgabepflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Für die Zusammenveranlagung sind die Verhältnisse zu Beginn des 21. Juni 1948 maßgebend.
Nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 1 und 22 Abs. 1 LAG ist das Vermögen von Ehegatten für die Ermittlung des Gesamtvermögens zusammenzurechnen, wenn sie nach § 38 LAG zusammen zu veranlagen sind. Maßgebend sind die bei der Vermögensteuer für die Ermittlung des Gesamtvermögens geltenden Vorschriften.
Die Zusammenveranlagung der Ehegatten bleibt angesichts des einheitlichen Abgabesatzes von 50 v. H. für sich betrachtet ohne Einfluß auf die Höhe der Abgabe. In Verbindung mit anderen Bestimmungen des Gesetzes kann sie sich jedoch teils günstig, teils ungünstig auswirken:
Bei Überschuldung eines Ehegatten werden bei Ermittlung des – dem nicht überschuldeten Ehegatten gehörenden – abgabepflichtigen Vermögens die Schulden des anderen Ehegatten für die Feststellung der Vermögensabgabe abgezogen. Die Abgabe mindert sich dadurch.
Für den einzelnen Ehegatten können sich aus der Berechnung des gewogenen Mittels besonders bei Auflösung der Ehe (§ 66 LAG) Nachteile ergeben.
Die Bestimmungen über Kriegsschadensermäßigung können sich für das zusammen veranlagte Ehepaar günstig oder nachteilig auswirken. § 39 Abs. 2 LAG bestimmt:
Die für die Ermäßigung der Abgabe jeweils zu berücksichtigenden Schäden werden zusammengefaßt. Schäden von Ehegatten werden zusammengerechnet, wenn diese nach § 38 zusammen zur Vermögensabgabe zu veranlagen sind.
Diese Regelung ist für ein Ehepaar günstig, wenn durch die Zusammenrechnung der Schäden die Mindestschadenspunktzahl überhaupt erst erreicht wird oder wenn ein Ehegatte zwar Kriegsschaden erlitten hat, aber kein abgabepflichtiges Vermögen besitzt, so daß sich ein Kriegsschaden nur über das Vermögen des anderen Ehegatten abgabemindernd auswirkt. Nachteilig kann der degressive Ermäßigungssatz (§ 47 LAG) sein, weil durch die Zusammenrechnung das abgabepflichtige Vermögen größer wird, die prozentuale Abgabeermäßigung sich also unter Umständen verringert. Vor- und Nachteile der Zusammenrechnung werden teilweise dadurch ausgeglichen, daß die Ermäßigung auf die Hauptentschädigung angerechnet wird (vgl. § 249 Abs. 3 LAG).
Aus der Verbindung von Zusammenveranlagung und Zusammenrechnung mit der Gewährung des allgemeinen Freibetrags ergibt sich in allen Fällen, in denen beide Ehegatten oder doch einer von ihnen eigenes Vermögen unter 35 000 DM besitzen, eine Mehrbelastung; sie beträgt – ohne Berücksichtigung der Verzinsung – höchstens 5000 DM und mindestens 50 DM. Aus der Verbindung von Zusammenveranlagung und Zusammenrechnung mit den Bestimmungen über Freibeträge für einzelne Vermögensgegenstände oder -teile können sich – entsprechende abgabeerhöhende Wirkungen ergeben.
Auf dem Prinzip der Zusammenveranlagung beruht auch die gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten (§ 7 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes). Das Finanzamt kann die geschuldete Leistung von jedem Gesamtschuldner ganz oder zu einem Teil fordern (Absatz 3 a.a.O.), muß aber dabei die Grundsätze von Recht und Billigkeit beachten.
Dem Prinzip der Gesamtschuld entsprechend wird bei der Feststellung der Voraussetzungen für Stundung oder Erlaß ein zusammen veranlagtes Ehepaar wie ein Abgabeschuldner behandelt (vgl. § 54 LAG; VerwAO vom 19. Juli 1954, BStBl 1954 I S. 380). Der Vermögensverfall eines Ehegatten führt daher wegen der Zusammenrechnung mit dem Vermögen des anderen Ehegatten möglicherweise nicht oder nur in geringerem Maße zu Stundung oder Erlaß.
Dagegen gibt es keine allgemeine, unmittelbar durch die Zusammenveranlagung eintretende Vergünstigung. Das Lastenausgleichsgesetz sieht lediglich aus sozialen Gründen eine „Familienermäßigung” der Vierteljahrsbeträge vor (§ 53 LAG), die aber dem verheirateten Manne zusteht, unabhängig davon, ob seine Frau auch Vermögen hat oder nicht, und unabhängig davon, ob die Ehe schon am Währungsstichtag bestanden hat oder erst später geschlossen worden ist. Demgemäß sind nicht die Verhältnisse am Währungsstichtag, sondern die des jeweiligen Kalenderjahrs für die Familienermäßigung maßgebend. Sie beträgt für die Ehefrau (ebenso für jedes Kind) vierteljährlich 5 DM, wenn das Gesamtvermögen 25 000 DM nicht übersteigt; sie mindert sich bei höherem Vermögen und hört bei einem abgabepflichtigen Vermögen von 35 000 DM auf.
Entscheidungsgründe
B.
I. Den Vorlagebeschlüssen der Finanzgerichte liegen folgende Sachverhalte zugrunde.
1. Finanzgericht Hamburg – I 134/56 – Die Eheleute besaßen ein abgabepflichtiges Gesamtvermögen von 33 100 DM. Das Finanzamt gewährte einen Freibetrag von 1000 DM und setzte die Abgabeschuld auf 16050 DM fest.
Das Finanzgericht möchte der Berufung der Abgabepflichtigen im Hinblick auf die Berechnung des Freibetrags stattgeben, weil es die Zusammenveranlagung der Ehegatten als verfassungswidrig ansieht. Bei getrennter Veranlagung würde der Ehemann eine Vermögensabgabe überhaupt nicht zu entrichten haben, während der Ehefrau ein Freibetrag von 2400 DM zustünde, so daß die Vermögensabgabe für beide Ehegatten zusammen statt 16 050 DM nur 13 900 DM betragen würde.
2. Finanzgericht Düsseldorf, Kammern in Köln
– VI c 2/59 –
Das Finanzamt bewilligte, da das Gesamtvermögen der Ehegatten den Betrag von 35000 DM überstieg, keinen Freibetrag nach § 29 Abs. 1 LAG.
Das Finanzgericht möchte der Berufung stattgeben, soweit sie sich gegen die Zusammenveranlagung richtet. Es führt aus: Bei getrennter Veranlagung stünde dem Ehemann ein Freibetrag von 5000 DM zu; hieraus würde sich eine Minderbelastung des Ehepaares um 2500 DM ergeben. Dem Ehepaar entstehe zudem durch die Zusammenveranlagung in Verbindung mit der Verwaltungsanordnung des Bundesministers der Finanzen vom 19. Juli 1954 ein weiterer schwerer Schaden: Das Vermögen der Ehefrau habe sich in den ersten acht Jahren nach der Währungsreform um mehr als 50 v. H. vermindert. Ein Erlaß oder Teilerlaß der Vierteljahrsbeträge wegen außerordentlichen Vermögensverfalls werde nach der Verwaltungsanordnung nur deshalb nicht gewährt, weil das Vermögen des Ehemanns sich in der gleichen Zeit durch seine Arbeit auf 39 600 DM erhöht habe.
3. Beide Finanzgerichte haben ihre Verfahren ausgesetzt und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Zusammenveranlagung von Ehegatten nach § 38 LAG mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Sie halten die Zusammenveranlagung zur Vermögensabgabe aus denselben Rechtsgründen für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 1 GG, aus denen das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 17. Januar 1957 (BVerfGE 6, 55 ff.) den § 26 EStG aF für nichtig erklärt hat. Auch § 38 LAG stelle eine benachteiligende Ausnahmevorschrift gegen Verheiratete dar. Zwar folge die Benachteiligung nicht – wie bei der Einkommensteuer – aus der Verbindung von Zusammenveranlagung und progressivem Tarif, sondern aus der Verbindung der Zusammenveranlagung mit anderen Gesetzesbestimmungen und Verwaltungsvorschriften, insbesondere über den allgemeinen Freibetrag (§ 29 Abs. 1 LAG) und den Erlaß bei Vermögensverfall (VerwAO vom 19. Juli 1954). Gleichwohl seien die vom Bundesverfassungsgericht in dem zitierten Beschluß entwickelten Grundsätze anzuwenden, denn entscheidend sei die wirtschaftliche Mehrbelastung der Ehegatten, nicht die Form, in der sie erfolge. Die Vorschrift über den allgemeinen Freibetrag (§ 29 LAG) verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 3 GG, da „nur ein bestimmter Kreis mittelständischer Schichten besonders hart betroffen” werde.
II. Die Bundesregierung ist dem Verfahren beigetreten. Das Bundesverfassungsgericht hat die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Für die mündliche Verhandlung ist außerdem eine Verbindung mit mehreren Verfassungsbeschwerdeverfahren erfolgt. In der mündlichen Verhandlung waren der Bundesminister der Finanzen und die Kläger des Verfahrens vor dem Finanzgericht Düsseldorf sowie ein Verfassungsbeschwerdeführer vertreten.
1. Der Bundesminister der Finanzen hat die Auffassung vertreten, daß § 38 sowie die übrigen in Rede stehenden Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
a) Die Zusammenveranlagung der Ehegatten sei als solche nicht verfassungswidrig. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 zu § 26 EStG aF zwinge nicht zu entsprechender Entscheidung über § 38 LAG. Die Zusammenveranlagung im früheren Einkommensteuerrecht habe infolge der jährlichen Veranlagung die Ehe als lebendige gesellschaftliche Institution beeinflußt. Von § 38 LAG hingegen würden nur Ehen betroffen, die am Währungsstichtag bestanden; deshalb könne hier die Zusammenveranlagung nicht die Bereitschaft zur Eheschließung gefährden. Bei der Einkommensteuer habe die Zusammenveranlagung wegen des stark progressiven Tarifs wesensmäßig zu einer Beschwer führen müssen; im Lastenausgleich mit seinem proportionalen Tarif handele es sich dagegen – von dem besonderen Problem der Gesamthaftung abgesehen – nur um den „Reflex von Vergünstigungen”. Wenn sich dabei ergebe, daß zwei Alleinstehende in gewissen Fällen etwas besser dastehen als zusammen veranlagte Ehegatten, so sei das nicht beabsichtigt gewesen, sondern als Nebenfolge hingenommen worden. Das Lastenausgleichsgesetz sei kurz nach Verabschiedung des Grundgesetzes geschaffen worden. Damals sei man sich der vollen Bedeutung des Art. 6 Abs. 1 GG noch nicht bewußt gewesen. Bei der Vermögensteuer sei die Zusammenveranlagung im In- und Ausland hergebrachtes Recht gewesen; man sei davon ausgegangen, das Vermögen von Ehegatten habe eine größere wirtschaftliche Kraft als das Vermögen zweier Alleinstehender; die Zusammenveranlagung entspreche der Ehe als einer Lebens- und Schicksalsgemeinschaft ebenso wie dem praktischen Bedürfnis, von einer Ermittlung der güterrechtlichen und schuldrechtlichen Beziehungen der Ehegatten zueinander abzusehen. Hinzu komme, daß die Vermögensabgabe auf ein vorkonstitutionelles Datum bezogen sei; daraus habe sich für den Gesetzgeber der Zwang ergeben, vom Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz in der damaligen Fassung auszugehen, wenn er nicht schwierige, völlig neue Konstruktionen versuchen wollte. Die Zusammenveranlagung zur Vermögensabgabe ziele also nicht auf höhere Einnahmen des Staates – wie § 26 EStG aF –, sondern sei gewählt worden, weil sie als selbstverständlich erschienen sei.
b) Aber auch durch die verschiedenen im Zusammenhang mit der Zusammenveranlagung zur Erörterung gestellten Sondervorschriften würden Eheleute nicht in einer Art. 6 Abs. 1 GG verletzenden Weise benachteiligt. Bei der verfassungsmäßigen Würdigung müßten diese Normen in ihrem Funktionszusammenhang mit dem gesamten Steuersystem, mindestens innerhalb der Gesamtregelung des Lastenausgleichsgesetzes gesehen werden. Nicht die Vor- und Nachteile der einzelnen Bestimmung für eine bestimmte Gruppe seien maßgebend; nur aus einem „Gesamtsaldo” aller Vor- und Nachteile aus dem Lastenausgleichsrecht für alle Ehepaare ergebe sich, ob eine Ehe und Familie benachteiligende Regelung vorliege oder nicht. Angesichts der vielfachen Begünstigung der Familie sowohl bei der Regelung der Abgaben wie der Leistungen könne davon nicht die Rede sein.
Die Bestimmungen über die Berechnung des „gewogenen Mittels” enthielten vereinfachende Vorschriften, die sich gleich häufig zugunsten wie zuungunsten von Abgabepflichtigen auswirkten, und zwar ebenso bei Einzelveranlagung wie bei Zusammenveranlagung.
Die Abgabeermäßigung wegen Kriegsschadens (§§ 39 bis 47a LAG) sei häufig „eheneutral”; im übrigen könne sie für Ehegatten sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen. Da man den Abgabepflichtigen nicht habe zumuten wollen, zunächst die Vermögensabgabe zu bezahlen, um dann später die Hauptentschädigung für ihre eigenen Kriegsschäden zu bekommen, sei dieser Abzug von der Abgabe eingeführt worden, der sich als eine Art „Abschlagszahlung auf die Hauptentschädigung” darstelle. Soweit sich hieraus für Verheiratete Nachteile ergäben, würden sie unter Umständen bei der Entschädigung wieder ausgeglichen, nämlich wenn der auf einen Ehegatten entfallende Grundbetrag der Hauptentschädigung so hoch sei, daß er den Zeitwert des Ermäßigungsbetrags an der Vermögensabgabe übersteige.
Die Gewährung eines Freibetrags für Vermögen bis 35 000 DM (§ 29 LAG) begünstige die Kleinvermögen. Wenn hierbei die – zahlenmäßig die Minderheit (25%) bildenden – Unverheirateten dieselben Vorteile hätten wie die Zusammenveranlagten, so handele es sich um eine vom Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Kauf genommene Besserstellung der Alleinstehenden. Die vergleichsweise Benachteiligung der Zusammenveranlagten sei nur ein Reflex dieser Vergünstigung. Sie sei gewiß ein „Schönheitsfehler”; er erkläre sich daraus, daß dem Steuergesetzgeber der Vergleich des Ehepaares mit zwei Alleinstehenden noch nicht geläufig gewesen sei; sonst hätte er die Freibeträge für Alleinstehende wahrscheinlich auf die Hälfte gesenkt. Aber diese Regelung sei angesichts der Verteilung der Schuld über 30 Jahre für die Betroffenen zumutbar; möge sie auch nicht restlos befriedigen, so könne sie doch nicht geradezu als verfassungswidrig angesehen werden. Das zeige sich besonders, wenn man noch gewisse „Kompensationen” berücksichtige: Der Verkürzung des Freibetrags stehe der Vorteil gegenüber, daß beim Zusammentreffen von Schulden des einen mit Vermögen des anderen Ehegatten die Zusammenveranlagung zu einer Verbesserung führe. Weitere Gegenposten seien die Ehefrauen- und Kinderermäßigung sowie kleine Vergünstigungen im Einkommen- und Vermögensteuerrecht, die zwar die Verkürzung des Freibetrags nicht aufwögen, aber bewiesen, daß eine Benachteiligung von Ehe und Familie nicht gewollt sei.
Gesamthaftung, Stundung und Erlaß seien mit der Zusammenveranlagung nicht notwendig verknüpft und übrigens in beiden Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich.
c) Nur für § 29 Abs. 1 LAG könne hiernach rechtlich die Frage gestellt werden, ob den Forderungen des Art, 6 Abs. 1 GG voll genügt sei. Da sich die Gründe für und wider die Verfassungsmäßigkeit die Waage hielten, dürfe der rechtsstaatliche Gedanke der Rechtssicherheit den Ausschlag geben. Es handele sich um eine vor acht Jahren beschlossene Regelung, die inzwischen in ungefähr 1,6 Millionen Fällen zu rechtskräftigen Entscheidungen geführt habe, so daß nur noch wenige Fälle im Streit seien. Auch gegen anderweite Regelungen des Freibetrags könnten überdies Bedenken erhoben werden: Eine Verdoppelung der Freibeträge für Ehepaare würde finanziell kaum tragbar sein, eine Halbierung der Freibeträge für nicht Zusammenveranlagte sich als unzulässige Rückwirkung verbieten. So bleibe eigentlich nur die Lösung, den Zusammenveranlagten ein Antragsrecht auf getrennte Berechnung des Freibetrags einzuräumen; dann aber ergebe sich eine unerwünschte Ungleichheit zwischen Ehepaaren, die am Stichtag getrennte Vermögen hatten, und solchen, bei denen das Vermögen einem Ehegatten allein zustand.
d) Nicht zu übersehen seien die gesetzgeberischen und verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten, die sich bei Nichtigerklärung der Zusammenveranlagung (§ 38 LAG) ergeben würden. Aber auch wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur zu einem Antragsrecht auf Gewährung getrennter Freibeträge führen würde, müßten unter Umständen bis zu 300 000 Fälle neu berechnet werden. Finanziell würde ein Ausfall von jährlich etwa 25 bis 30 Millionen DM entstehen. Für die Finanzverwaltung würde sich eine empfindliche Belastung ergeben, zumal auf das Jahr 1948 zurückgegangen werden müsse. Es frage sich, ob diese Schwierigkeiten in einem sinnvollen Verhältnis zu dem Nutzen für die Beteiligten stünden.
2. Der Kläger des Verfahrens vor dem Finanzgericht Düsseldorf – Kammern in Köln – hat dieselbe Ansicht vertreten wie die vorlegenden Gerichte und ergänzend ausgeführt: Nicht nur die Freibetrags- und Erlaßregelung, sondern auch die Regelung der Kriegsschadensberücksichtigung und des „gewogenen Mittels” bringe für zusammen veranlagte Ehepaare erhebliche Nachteile mit sich. Das gelte für das. „gewogene Mittel” insbesondere bei Verfall des Betriebsvermögens eines Ehegatten; denn die – durch das Betriebsvermögen verursachten – hohen Vierteljahrsbeträge müßten dann aus dem Vermögen des anderen Ehegatten gezahlt werden, selbst wenn dafür an sich niedrigere Vierteljahrssätze gälten. Die Gesamthaftung stelle eine erhebliche Benachteiligung dar, und zwar nicht erst bei einer Zwangsbeitreibung, sondern schon durch ihre Existenz. So könne es leicht zur Versagung eines Kredits kommen, nur weil der Kreditsuchende mit einer hohen Gesamthaftung für die Abgabe von Vermögen des Ehegatten belastet sei. Die Gesamthaftung sei verfassungsrechtlich um so bedenklicher, als sie unausweichlich sei, solange die Ehe bestehe, während bei Auflösung der Ehe die Vierteljahrsbeträge nach § 66 LAG aufgeteilt und damit auch die Gesamthaftung beseitigt werden könne. Die verschiedenen Benachteiligungen dürften nicht isoliert betrachtet werden; sie seien sämtlich so eng mit der Zusammenveranlagung verknüpft, daß – trotz des einheitlichen Tarifs – der § 38 LAG als die zentrale Ursache aller Nachteile für nichtig erklärt werden müsse.
3. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat auf das Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Februar 1958 – III 125/57 – (BStBl 1958 III S. 191) verwiesen, das trotz gewisser Bedenken gegen die Regelung des allgemeinen Freibetrags den § 29 Abs. 1 ebenso wie den § 38 LAG für verfassungsgemäß hält.
C.
Beide Vorlagebeschlüsse sind zulässig.
Die Gerichte haben zwar nur den § 38 LAG zur Nachprüfung gestellt. Da sich die von ihnen als verfassungswidrig angesehenen Folgen jedoch aus dem inneren Zusammenhang des § 38 mit § 29 Abs. 1 LAG ergeben, muß auch diese Bestimmung als zur Prüfung vorgelegt angesehen werden.
D.
Beide Vorlagebeschlüsse sehen die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen nicht in einer absoluten Gefährdung der Ehe, sondern in einer Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Alleinstehenden, das heißt in einer Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dabei wird angenommen, daß dem Gesetzgeber diese ungleiche Behandlung durch die „Konkretisierungen” des Gleichheitssatzes in Art. 6 Abs. 1 GG, daneben auch in Art. 3 Abs. 3 GG versagt sei. Da gegenüber solchen speziellen Wertentscheidungen der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurücktritt, liegt das Schwergewicht der Prüfung auf der Frage, ob die gesetzliche Regelung mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist. Bei dieser Prüfung ist von den vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätzen auszugehen (vgl. besonders BVerfGE 6, 55 [72, 76, 77, 84]; 6, 386 [387 f]; ferner 9, 237 [247]; 11, 50 [58 bis 60]).
Art. 6 Abs. 1 GG verbietet eine Beeinträchtigung von – Ehe und Familie durch störende Eingriffe des Staates (BVerfGE 6, 55 [76]). § 38 LAG enthält weder allein (I) noch im Zusammenwirken mit anderen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes (II) eine solche Benachteiligung.
I. Zwar wird der Familienstand bei der Veranlagung zur Vermögensabgabe grundsätzlich nicht berücksichtigt. In der Begründung zum Regierungsentwurf heißt es dazu (BT I/1949 Drucks. Nr. 1800 Anl. 1 b, S. 20); „Darauf, ob der Abgabepflichtige ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden ist, nimmt der Entwurf (sc. bei der Veranlagung) allerdings keine Rücksicht.” Die Zusammenveranlagung stellt also eine Abweichung von der Grundregel dar, daß die Veranlagung zur Vermögensabgabe auf den einzelnen und sein Vermögen zugeschnitten ist. Dabei mag bemerkt werden, daß unter „Zusammenveranlagten” nur die Ehepaare zu verstehen sind, bei denen jeder Ehegatte abgabepflichtiges Vermögen besitzt; das sind etwa 10 bis 20% aller Verheirateten.
Dem Gesetzgeber steht es grundsätzlich frei, durch Sonderbestimmungen von den einen Rechtskreis bestimmenden Grundregeln, die er selbst gesetzt hat, abzuweichen. Die Abweichung wird erst dann verfassungsrechtlich relevant, wenn sie eine Wertentscheidung der Verfassung verletzt und dadurch eine Differenzierung herbeiführt, die von der Verfassung mißbilligt wird (vgl. BVerfGE 6, 55 [70 und 77]; 9, 20 [28] und 9, 201 [207]). Eine Zusammenveranlagung ist daher nicht schon an sich als Sondervorschrift gegenüber der – regelmäßigen – Einzelveranlagung verfassungswidrig; ob sie es ist, kann vielmehr nur daraus erschlossen werden, ob und in welchem Ausmaß sie sich im Rahmen des jeweiligen Steuer- oder Abgabengesetzes zum Nachteil der Verheirateten auswirkt.
Eine eindeutige und allgemeine Benachteiligung von Verheirateten gegenüber Alleinstehenden wird durch die Zusammenveranlagung zur Vermögensabgabe im Hinblick auf den einheitlichen Steuersatz von 50 v. H. – anders als bei der Einkommensteuer – nicht herbeigeführt. Die Zusammenveranlagung als solche bedarf hiernach keiner Rechtfertigung.
II. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zusammenveranlagung ergeben sich nur aus den Wirkungen, die sie in Verbindung mit verschiedenen anderen Bestimmungen auf die Abgabenlast der Ehepaare auslöst, wobei es gleichgültig ist, ob eine vergleichsweise Erhöhung der Abgabenlast durch benachteiligende Sondervorschriften für Ehegatten oder durch begünstigende Sondervorschriften für Alleinstehende herbeigeführt wird und ob die zusammenveranlagten Ehepaare faktisch die Mehrheit oder die Minderheit der Abgabepflichtigen bilden.
Als Bestimmungen, deren Verbindung mit der Zusammenveranlagung eine verfassungswidrige Benachteiligung von Ehepaaren auslösen könnte und die hiernach einer Einzeluntersuchung bedürfen, kommen in Betracht; die Regeln für die Berechnung des gewogenen Mittels, für die Berücksichtigung der Kriegsschäden, für die Berechnung des allgemeinen und der besonderen Freibeträge sowie für Gesamthaftung, Stundung und Erlaß.
1. Die Bildung des „gewogenen Mittels” (§ 37 LAG) ist eine Vereinfachungs- und Abrundungsmaßnahme, die sich – mit kleinsten Beträgen – ebenso zugunsten wie zuungunsten der Abgabepflichtigen mit zusammengesetzten Vermögen auswirken kann. Das gilt für zusammen veranlagte Ehepaare ebenso wie für Einzelveranlagte. Auch der vom Kläger des Ausgangsverfahrens 1 BvL 20/60 erwähnte Nachteil durch Verfall von Betriebsvermögen bei Erhaltung landwirtschaftlichen Vermögens kann den einzelnen ebenso wie das Ehepaar treffen. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liegt daher nicht vor.
Für die möglicherweise eintretende Benachteiligung eines Ehegatten bei gleichzeitiger Begünstigung des anderen gibt Art. 6 Abs. 1 GG keinen Maßstab ab (vgl. auch BVerfGE 11, 64 [69]).
2. Die Zusammenrechnung der Kriegsschäden für die Kriegsschadensberücksichtigung bei Zusammenveranlagten (§§ 39 Abs. 2, 249 Abs. 3 LAG) kann sich je nach der Struktur des Vermögens in der einzelnen Ehe verschieden auswirken. Der Bundesminister der Finanzen hat dazu umfangreiches Zahlenmaterial vorgelegt, auf Grund dessen unbedenklich davon ausgegangen werden kann, daß sich die Zusammenrechnung der Kriegsschäden auf die Abgabeschuld des Ehepaares häufig gar nicht, im übrigen aber öfter mindernd als erhöhend auswirkt.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob eine Regelung mit solch zwiespältiger Wirkung wegen ihrer nachteiligen Wirkung für einen Teil der Ehepaare in einem rein Steuer- oder abgabenrechtlichen Gesetz mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar wäre. Denn die Besonderheit der Kriegsschadensberücksichtigung liegt darin, daß sie, obwohl dem Abgabenteil des Lastenausgleichsgesetzes eingegliedert, der Sache nach eine Ausgleichsleistung, also eine Maßnahme der darreichenden Verwaltung darstellt. Sie ist, wie der Bundesminister der Finanzen es zutreffend ausdrückt, „eine Art Abschlagszahlung auf die Hauptentschädigung”. Bei der Ordnung der Kriegsschadensberücksichtigung sind die Grenzen der Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers hiernach weiter gespannt als bei rein abgabenrechtlichen Normen (vgl. BVerfGE 6, 55 [77] und 11, 50 [60]).
Für die Entscheidung, ob diese Grenzen überschritten sind, ist wesentlich, daß die Benachteiligten keine rechtlich erfaßbare Gruppe bilden, vielmehr erst die Durchrechnung des Einzelfalls ergibt, ob sich die Bestimmung günstig oder ungünstig auswirkt. Eine solche Benachteiligung eines – kleineren – Teils der von der Kriegsschadensberücksichtigung betroffenen Ehepaare im Vergleich zu zwei Ledigen kann daher bei dem besonderen Charakter der Vermögensabgabe als Nebenfolge der überwiegend die Ehe begünstigenden oder neutralen Regelung hingenommen werden, zumal der entstehende Nachteil häufig durch eine Erhöhung der Hauptentschädigung ausgeglichen wird.
3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des allgemeinen Freibetrags beruhen auf einer bestimmten Interpretation von § 29 Abs. 1 LAG. Bei dieser Auslegung wären sie begründet. Sie ist jedoch nicht zwingend. Die Bestimmung kann auch so ausgelegt werden, daß sie mit der Verfassung in Einklang steht.
a) § 29 Abs. 1 LAG wird bisher von den Steuerbehörden mit Billigung des Bundesfinanzhofs (vgl. insbesondere Urteil vom 7. Dezember 1956 in BStBl 1957 III S. 23) dahin ausgelegt, daß „der Wortlaut, bei unbeschränkt abgabepflichtigen natürlichen Personen … sowohl den Fall der jeweils selbständig für sich als der zusammen veranlagten Ehegatten” decke; mit dem „der Abgabe unterliegenden Vermögen” sei bei den nach § 38 LAG Zusammenveranlagten „gemäß §§ 21, 22 LAG das zusammengerechnete Vermögen der Ehegatten” zu verstehen; zusammen veranlagten Ehegatten dürfe der Freibetrag demnach nur einmal gewährt werden.
So ausgelegt wirkt aber § 29 Abs. 1 LAG für alle zusammen veranlagten Ehepaare, deren Vermögen – einzeln oder zusammengerechnet – innerhalb der Besteuerungsgrenze von 35000 DM liegt, abgabeerhöhend i damit enthält er insoweit einen störenden Eingriff zum Nachteil Verheirateter. Der vom Bundesminister der Finanzen in Übereinstimmung mit dem Bundesfinanzhof vertretenen Ansicht, ein solcher Eingriff sei noch mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar, kann nicht beigepflichtet werden. Keines der vorgebrachten Argumente überzeugt.
aa) Daß es sich nur um einen „Reflex von Vergünstigungen” handele, ist ohne Bedeutung. Verfassungsrechtlich entscheidend ist die Ungleichheit, die darin liegt, daß zwei Personen zusammen nur dieselbe Vergünstigungsmöglichkeit eingeräumt ist wie sonst einer Einzelperson und daß diese – schon mit Art. 3 Abs. 1 GG kaum vereinbare – Benachteiligung zudem an die Ehe geknüpft ist. Ob die Benachteiligung in eine erhöhte Verpflichtung der Ehepaare oder in eine erhöhte Begünstigung der anderen Abgabepflichtigen gekleidet ist, spielt keine Rolle. Die Benachteiligung verliert auch dadurch, daß sie in der Verkürzung von Freibeträgen besteht, nicht den Charakter als Akt der Eingriffsverwaltung. Die Regelung bestimmt – insofern ähnlich wie der Tarif – nur das Maß des Eingriffs.
bb) Unerheblich ist, daß die Zusammenveranlagung zur Vermögensabgabe keine „Gefährdung der Bereitschaft zur Eheschließung” herbeiführen kann. Es genügt, daß bestehende Ehen betroffen werden.
cc) Der Benachteiligung stehen auch keine ausreichenden Kompensationen gegenüber. Die Frage nach einer „Saldierung” von Vorteilen und Nachteilen kann nur innerhalb der von der Freibetragsregelung in Verbindung mit der Zusammenveranlagung materiell betroffenen Gruppe von Ehepaaren gestellt werden, denn nur innerhalb dieser Gruppe ist es möglich, Vorteile und Nachteile der Regelung festzustellen und zu würdigen. Es dürfen nicht Personengruppen in den Kreis der Betrachtung einbezogen werden, die von der zu prüfenden Norm nicht betroffen sind.
Die Nachteile der Freibetragsregelung für Zusammenveranlagte können daher nicht durch Vorteile aufgewogen werden, die einzelveranlagten Verheirateten in Gestalt der Familienermäßigung auf die Vierteljahrsbeträge oder Ausgleichsberechtigten durch gewisse familienbezogene Ausgleichsleistungen zuteil werden. Noch weniger liefert die Gegenüberstellung der beanstandeten Norm mit familienfreundlichen Bestimmungen anderer Steuergesetze oder des gesamten Rechtssystems eine geeignete Basis für die Prüfung, ob „im Ergebnis” eine Benachteiligung vorliegt.
Die mit der Zusammenveranlagung verknüpften Begünstigungen wiegen aber die Benachteiligung durch die Freibetragsregelung nicht auf; Bei der Möglichkeit, die Schulden des einen Ehegatten vom Vermögen des anderen abzuziehen, handelt es sich um Einzelfälle, die für die Gesamtheit der Zusammenveranlagten ohne Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 6, 55 [84]). Die Familienermäßigung kann als Ausgleich für die Freibetragsregelung nur wirken, soweit sie auf der Ehe beruht – „Ehefrauenermäßigung” –, nicht soweit sie als „Kinderermäßigung” der Belastung des Vaters mit Unterhaltspflichten Rechnung trägt. Sogar für die Ehefrauenermäßigung ist nicht zweifelsfrei, ob sie als Ausgleichsfaktor angesehen werden darf. Das kann jedoch dahingestellt bleiben, denn die Ermäßigung macht im Höchstfall 20 DM im Jahr aus, ist also im Vergleich zu der möglichen Benachteiligung unbeträchtlich. Daß schließlich die geringfügigen Vorteile durch Berücksichtigung der Vermögensabgabe bei der Einkommen- und Vermögensteuer als Kompensation keine Rolle spielen, bedarf keiner besonderen Begründung.
dd) Die Benachteiligung Zusammenveranlagter durch die Freibetragsregelung kann auch nicht als „unbeabsichtigte Nebenfolge” in „bestimmten Fällen” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewertet werden (BVerfGE 6, 55 [77]).
Es mag sein, daß der Gesetzgeber die nachteiligen Wirkungen der Freibetragsregelung für Ehepaare nicht beabsichtigt hat, zumal die Bedeutung des Art. 6 Abs. 1 GG bei der Beratung des Gesetzes noch nicht klargestellt war. Darauf kann es aber nicht ankommen. Eine – bei der bisherigen Auslegung – allgemein und unverkennbar aus dem Inhalt des Gesetzes sich ergebende Auswirkung, wie hier die Abgabeerhöhung für Zusammenveranlagte, kann nicht als unbeabsichtigte Nebenfolge im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angesehen werden.
Die Benachteiligung ist ferner nicht auf „bestimmte Fälle” beschränkt. Benachteiligt sind zwar nicht alle Zusammenveranlagten oder alle, für die die Freibetragsregelung gilt, wohl aber alle, die sowohl von der Zusammenveranlagung wie von der Freibetragsregelung betroffen sind. Auf diese aber kommt es hier allein an.
Die abgabeerhöhende Wirkung der Verbindung von Zusammenveranlagung und Freibetragsregelung für diese Gruppe kann auch inhaltlich nicht als „Nebenfolge” charakterisiert werden; die Mehrbelastung ist vielmehr für die Abgabepflichtigen die einzige Folge dieser Verbindung. Auch liegt sie je nach der Zusammensetzung des Vermögens im Einzelfall zwischen 50 und 5000 DM, kann also schon nicht als absolut geringfügig und deshalb unbeachtlich abgetan werden. Vor allem fällt sie relativ ins Gewicht, da sie sich nur innerhalb der Besteuerungsgrenze von 35 000 DM auswirkt.
ee) Die Abgabeerhöhung durch die Freibetragsregelung in ihrer herkömmlichen Interpretation kann endlich weder aus dem Wesen der Ehe noch aus einer größeren wirtschaftlichen Kraft der Vermögen von Eheleuten gerechtfertigt werden.
Für die Vermögensabgabe gilt ebenso wie für die Einkommensteuer, daß das Wesen der Ehe allenfalls eine steuerliche Besserstellung der Ehegatten begründen könnte; doch ist „nicht verständlich, wie eine steuerliche Schlechterstellung der Ehegatten mit der höheren sittlichen Bewertung ihres der Besteuerung zugrunde liegenden Status sollte gerechtfertigt werden können” (BVerfGE 6, 55 [79]).
Die Bundesregierung selbst hat es von wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus als nicht sachgerecht bezeichnet, den Familienstand bei der Freibetragsregelung zu berücksichtigen (BT I/1949 Drucks. Nr. 1800 Anl. 1 b, S. 17 und 20). Dann ist aber auch die benachteiligende Anknüpfung an den Familienstand, wie sie durch die Freibetragsregelung bei der bisherigen Auslegung im Ergebnis erfolgt ist, nicht zu rechtfertigen.
§ 29 Abs. 1 LAG wäre hiernach, wenn er die Berechnung des Freibetrags nach dem Gesamtvermögen zusammenveranlagter Ehegatten zwingend vorschriebe, die Berechnung des Freibetrags nach den Einzelvermögen zusammen veranlagter Ehepaare mithin ausschlösse, insoweit mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar.
b) Die bisherige Interpretation des § 29 Abs. 1 LAG ist jedoch nicht die einzig mögliche; es bietet sich vielmehr auch die andere Auslegung an, daß unter „natürlichen Personen” auch bei Zusammenveranlagten die einzelnen und unter dem „der Abgabe unterliegenden abgerundeten Vermögen” ihre Einzelvermögen verstanden werden; bei dieser Interpretation entfällt jede Benachteiligung der Zusammenveranlagten, so daß § 29 Abs. 1 LAG ohne weiteres mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Betrachtet man § 29 Abs. 1 LAG zunächst für sich, so ist nach Wortlaut und Sinn die Deutung durchaus natürlich, daß mit „abgabepflichtigen natürlichen Personen” stets Einzelpersonen und nicht manchmal Einzelpersonen und manchmal Ehepaare gemeint sind und daß entsprechend auch mit dem „der Abgabe unterliegenden Vermögen” das abgabepflichtige Vermögen der einzelnen natürlichen Person bezeichnet werden soll.
Die §§ 21, 22 LAG stehen dieser Deutung nicht unbedingt entgegen, da der Ausdruck „das der Abgabe unterliegende Vermögen” in § 29 Abs. 1 LAG nicht notwendig dasselbe meint wie „Gesamtvermögen” in § 22 LAG. Auch sonst sind im Lastenausgleichsgesetz die Bezeichnungen „der Abgabe unterliegendes Vermögen” und „Gesamtvermögen” nicht synonym behandelt. Der Ausdruck „der Abgabe unterliegendes Vermögen” wird – unabhängig von der Bildung eines „Gesamtvermögens” – dort benützt, wo es sich um die Abgrenzung der ihrer Art nach abgabepflichtigen Vermögensteile gegen solche Vermögensobjekte handelt, die bei der Bemessung der Vermögensabgabe nicht zu berücksichtigen sind – so besonders §§ 24 Abs. 1, 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 LAG. In § 29 LAG ist nur der Ausdruck „das der Abgabe unterliegende Vermögen” gebraucht, aber weder von „Gesamtvermögen” noch von „Zusammenveranlagten” die Rede, obwohl das Lastenausgleichsgesetz an anderer Stelle, wo es in begünstigenden Bestimmungen das Ehepaar als Einheit behandelt, dies entweder ausdrücklich sagt
so zur Kriegsschadensberücksichtigung in § 39 Abs. 2 LAG: „Schäden von Ehepaaren werden zusammengerechnet, wenn diese nach § 38 zusammen zur Vermögensabgabe zu veranlagen sind” –
oder den Ausdruck „Gesamtvermögen” gebraucht
- so zur Familienermäßigung nach § 53 Abs. 1 LAG: „Beträgt bei unbeschränkt abgabepflichtigen natürlichen Personen das Gesamtvermögen …” und zur Altersstundung nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 LAG: „Das Gesamtvermögen darf nicht mehr …” –.
Ein Vergleich mit dem in § 22 LAG in bezug genommenen Vermögensteuergesetz zeigt zudem, daß die Gewährung nur eines Freibetrags nicht notwendig mit Zusammenrechnung und Zusammenveranlagung verknüpft ist, denn der dem Freibetrag aus § 29 Abs. 1 LAG vergleichbare allgemeine Freibetrag aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes wird für nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten verdoppelt (entsprechend für sonstige Freibeträge und Freigrenzen § 67 Abs. 3 BewG, vgl. auch EStG nF §§ 26, 26 b, 32 a).
Gegen diese Deutung sprechen auch nicht die praktischen Ergebnisse, zu denen sie führt. Allerdings geht damit ein Teil der verwaltungstechnischen Erleichterung verloren, die durch die Zusammenveranlagung in Verbindung mit der Verweisung des § 21 LAG auf die Veranlagung zur Vermögensteuer erreicht worden ist. Denn für den Währungsstichtag ist das Vermögen von Ehegatten für die Vermögensteuer gemeinsam festgestellt worden, so daß bei Einzelberechnung des Freibetrags zwar die festgestellten Einheitswerte verwendbar bleiben, die Aufteilung der Werte auf die Ehegatten aber nachgeholt werden muß. Diese verwaltungstechnische Erschwerung ist jedoch hier dadurch eingegrenzt, daß die ganze Freibetragsbewilligung nur innerhalb der Besteuerungsgrenze von 35 000 DM, d.h. in wirtschaftlich meist einfach zu übersehenden Verhältnissen in Betracht kommt. Vor allem ist der Gesichtspunkt der Praktikabilität im Lastenausgleichsgesetz auch sonst nicht überall maßgebend gewesen. So wird bei der Berechnung der Hauptentschädigung für die etwa 5 Millionen Sachgeschädigten, für die die Einheitswerte, anders als für Vertriebene, ebenfalls zur Verfügung standen, den Ausgleichsbehörden die Einzelberechnung auch für nicht getrennt lebende Ehegatten zugemutet; ferner sieht § 66 LAG bei Auflösung der Ehe eine Regelung vor, die eine solche Aufteilung notwendig macht. Aus der Bezugnahme auf die Bemessungsgrundlagen für die Vermögensteuer kann somit nicht geschlossen werden, daß das Lastenausgleichsgesetz unter allen Umständen eine Aufteilung der Einheitswerte vermeiden wollte.
Die vorstehend entwickelte Auslegung ist also nicht nur mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar, sondern führt auch zu einem mit dem Zweck des Gesetzes vereinbaren Ergebnis und vermeidet jede verfassungswidrige Beeinträchtigung von Ehegatten. Deshalb ist von dieser Auslegung auszugehen.
c) Liegt eine Benachteiligung von Ehepaaren bei richtiger Interpretation des § 29 Abs. 1 LAG nicht vor, so wird zugleich der Vorwurf gegenstandslos, Art. 3 Abs. 3 GG sei verletzt.
4. Die Auswirkungen der Zusammenveranlagung in Verbindung mit Freibeträgen und Besteuerungsgrenzen für bestimmte Vermögensgegenstände und -teile können verfassungsrechtlich nicht anders gewertet werden als bei dem allgemeinen Freibetrag aus § 29 Abs. 1 LAG. Auch hier wird nach der bisherigen Interpretation den zusammen veranlagten Ehegatten die Möglichkeit genommen, ebenso wie Alleinstehende nach Maßgabe der Einzelvermögen in den Genuß der Vergünstigung zu gelangen. Auch das wäre verfassungswidrig. Es bedarf jedoch keiner Untersuchung, ob dem – wie bei § 29 Abs. 1 LAG – durch eine andere, mit dem Grundgesetz in Einklang stehende Deutung abzuhelfen ist. Vielmehr kann abgewartet werden, ob sich überhaupt Fälle zeigen, bei denen die Voraussetzungen für die Gewährung eines besonderen Freibetrags in der Person beider Ehegatten selbständig erfüllt sind, und ob in solchen Einzelfällen mittels gewandelter Interpretation oder im Billigkeitswege geholfen werden kann. Für die Vereinbarkeit des § 38 LAG mit der Verfassung sind die Bestimmungen über diese Freibeträge wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung belanglos. Für sich betrachtet sind sie in den Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich.
5. Die Bestimmung, daß zusammen veranlagte Ehepaare gesamtschuldnerisch haften (§ 7 Abs. 2 und 3 StAnpG), ist nicht zu beanstanden, weil ihre Verwirklichung bei richtiger Anwendung des Gesetzes gegen den Willen des Ehepaares nicht erzwungen werden kann.
Die Inanspruchnahme eines Ehegatten für die ganze Schuld kann allerdings zu großer Härte führen, wenn die von ihm geforderte Abgabeschuld den Betrag, der seinem Vermögen entsprechen würde, übersteigt. Im allgemeinen aber wird für Ehepaare die Frage, wer im Innenverhältnis die Abgabe zu tragen hat, entweder keine Rolle spielen oder im Wege des internen Ausgleichs nach § 426 BGB unschwer gelöst werden können, eine allgemeine Aufteilung der Haftung würde also für die Steuerbehörden zu einer umfangreichen Mehrarbeit führen, die doch nur für wenige Fälle praktische Bedeutung hätte. In dieser Situation ist es tragbar, wenn der Gesetzgeber es grundsätzlich bei der Gesamthaftung beläßt und dem Ehegatten lediglich das Recht gibt, durch Antrag die Aufteilung der rückständigen Schuld herbeizuführen, wenn gegen ihn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Der späte Zeitpunkt der Aufteilung und die Last des Antrags (mit dem notwendig die Darlegungspflicht und Beweislast verknüpft sind) sind Unbequemlichkeiten – keine schwerwiegenden Nachteile –, die nicht nur durch die Verwaltungsvereinfachung, sondern auch dadurch gerechtfertigt werden, daß die auch für Ehepaare möglicherweise lästige Erörterung ihrer internen wirtschaftlichen Beziehungen vermieden wird, wo sie nicht nötig ist.
In diesem Maße allerdings muß der Weg der Aufteilung der Gesamtschuld eröffnet werden, wenn die Ehegatten nicht in einer Art. 6 Abs. 1 GG widersprechenden Weise dadurch benachteiligt werden sollen, daß jeder für die Schulden des andern aufkommen muß. Davon ging auch der Regierungsentwurf zum Steuervorschriftenänderungsgesetz (BT III/1957 Drucks. 260) aus, wenn er in Art. 10 Ziff. 2 vorschlug, dem § 7 Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes die Bestimmung anzufügen, daß zusammen veranlagte Steuern von Einkommen und Vermögen im Fall der Zwangsvollstreckung aufgeteilt werden müßten. Dieser Vorschlag umfaßte auch die Vermögensabgabe (a.a.O. Drucks. 260, S. 66) und wurde erst durch einen Änderungsantrag der CDU/CSU und DP zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs auf Einkommen- und Vermögensteuer beschränkt (BT III/1957, 32. Sitzung, Anl. 8 Umdr. 64, S. 1811). Eine Begründung dafür wurde weder schriftlich noch mündlich gegeben (BT III/1957, 32. Sitzung, S. 1770 D). Das Gesetz wurde in zweiter und dritter Lesung ohne weitere Aussprache in der geänderten Fassung angenommen (a.a.O., S. 1803 A). Der Bundesminister der Finanzen hat in der mündlichen Verhandlung die Änderung damit erklärt, daß die Vermögensabgabe als Stichtagsabgabe wegen ihrer Verbundenheit mit der Vergangenheit und wegen der Veränderungen während der dreißigjährigen Laufzeit Sonderprobleme geboten habe, deren notwendige Berücksichtigung den Rahmen der relativ schlichten Formel des § 7 StAnpG gesprengt hätte. Die Bundesregierung sei aber willens, in bindender Form dafür zu sorgen, daß „die Sache … da, wo es zur Vollstreckung käme, proportional” gehandhabt werde. Zur Zeit existiere dazu allerdings nur folgende, nicht veröffentlichte Verwaltungsmaßnahme:
Wenn in Vollstreckungsfällen von einem Ehegatten Einwendungen gegen seine Inanspruchnahme aus der gesamtschuldnerischen Haftung (§ 7 Abs. 2, 3 StAnpG) erhoben werden, stelle ich anheim zu prüfen und zu entscheiden, ob und inwieweit nach den Verhältnissen im Einzelfall eine unbillige Härte besteht, die es gemäß § 2 Abs. 2 StAnpG gerechtfertigt erscheinen läßt, auf die Inanspruchnahme ganz oder zum Teil zu verzichten.
Die Pflicht der Verwaltungsbehörden, bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten die restliche Gesamtschuld auf Antrag proportional aufzuteilen, ergibt sich jedoch, unabhängig von konkreterer Regelung durch Gesetz oder Verwaltungsanordnung, bereits aus der allgemeinen Bestimmung des § 7 Abs. 3 StAnpG, daß es dem Finanzamt freisteht, an welchen Gesamtschuldner es sich halten will, und daß es die geschuldete Leistung von jedem Gesamtschuldner ganz oder zum Teil fordern kann. Wie der Bundesfinanzhof zutreffend ausgesprochen hat, ist bei der Handhabung dieser Vorschrift gemäß § 2 StAnpG „nach Recht und Billigkeit” zu verfahren. Im Rahmen von „Recht und Billigkeit” muß – zugleich in Beachtung der vom Bundesminister der Finanzen erlassenen, oben zitierten Verwaltungsmaßnahme – das verfassungsrechtliche Verbot einer Benachteiligung von Ehegatten berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 7, 198 [215]). Auch die Verwaltung ist gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an das Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG als an unmittelbar geltendes Recht gebunden. Solange die Ehegatten selbst Gesamtschuldner sind, darf daher – bei entsprechendem Antrag – die Schuld nur nach proportionaler Aufteilung von ihnen beigetrieben werden. Die Verknüpfung der Vermögensabgabe mit der Vergangenheit und ihre lange Laufzeit, die den Verzicht des Gesetzgebers auf eine bestimmte Regelung rechtfertigen mögen, sind für die Behandlung des Einzelfalles durch die Verwaltung belanglos. Die Anknüpfung an den zurückliegenden Stichtag erschwert zwar die Aufteilung, doch wird sie durch Antrags- und Beweis pflicht des Schuldners erleichtert, ist übrigens für den Fall der Scheidung (§ 66 LAG) im Gesetz selbst vorgesehen. Die lange Laufzeit führt nur bei Rechtsnachfolge zu Sonderproblemen, die hier – wo es sich um das Ehepaar handelt – keiner Erörterung bedürfen. Bei verfassungsmäßiger Anwendung von § 7 Abs. 3 StAnpG kann hiernach die Gesamthaftung gegen den Willen der Ehegatten nicht verwirklicht werden.
Die Minderung der privatwirtschaftlichen Kreditfähigkeit durch die Gesamthaftung muß als „unbeabsichtigte Nebenfolge” der gesetzlichen Regelung hingenommen werden. Dieser mittelbare Nachteil gehört offenbar weder zu den mit der gesetzlichen Bestimmung erstrebten Wirkungen, noch trifft er die Zusammenveranlagten allgemein oder in einer beachtlichen und rechtlich selbständig erfaßbaren Gruppe. Er kann vielmehr nur unter besonderen Umständen in Einzelfällen auftreten. Zudem ist ihm bei Handhabung des § 7 Abs. 3 StAnpG in der vorstehend erläuterten, allein verfassungsgemäßen Weise nur geringes Gewicht beizumessen.
6. Die nachteiligen Auswirkungen, die sich für ein nach § 38 LAG zusammen veranlagtes Ehepaar etwa aus den Bestimmungen über Stundung und Erlaß oder der Art ihrer Handhabung ergeben können, sind ohne Bedeutung für die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 38 LAG selbst, weil jene Bestimmungen allenfalls durch den Gedanken der Behandlung der Vermögen von Ehegatten als Einheit mit § 38 LAG verknüpft, rechtlich aber unabhängig sind. Die Erlaßvorschrift (§ 131 AO iVm § 203 Abs. 5 LAG) hebt lediglich darauf ab, ob die „Einziehung nach der Lage des einzelnen Falles unbillig wäre”, ohne für Zusammenveranlagte besondere Maßstäbe aufzustellen. Sie ist also nicht auf § 38 LAG bezogen. Von der Verwaltung dazu erlassene Durchführungsbestimmungen oder Entscheidungen, die etwa im Ehestand Lebende benachteiligen, berühren die gesetzliche Bestimmung nicht. Soweit die Stundung (§ 54 LAG) von der Höhe eines Vermögens abhängig gemacht ist, handelt es sich nicht um das zur Vermögensabgabe, sondern um das zur laufenden Vermögensteuer veranlagte oder zu veranlagende Vermögen. Die Bestimmung steht also offensichtlich mit § 38 LAG nicht im Zusammenhang. Für sich betrachtet sind die Erlaß- und Stundungsvorschriften in beiden Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich, so daß ihre Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 GG hier keiner Prüfung bedarf.
III. Nach alledem löst die Zusammenveranlagung von Ehepaaren nach § 38 LAG weder allein noch in Verbindung mit anderen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes nachteilige Wirkungen für Ehepaare aus: Die Bildung des „gewogenen Mittels” hat überhaupt keine spezifischen Wirkungen auf ihre Abgabeberechtigung; die Auswirkung der Zusammenveranlagung in Verbindung mit der Kriegsschadensberücksichtigung ist noch mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar, die Bestimmungen über die Freibeträge und über die Gesamthaftung sind, soweit sie ins Gewicht fallen, verfassungskonformer Interpretation und Anwendung fähig, Erlaß- und Stundungsregeln von der Zusammenveranlagung unabhängig.
Im Urteilstenor ist nicht über Verfassungsgemäßheit der lediglich im Hinblick auf § 38 LAG geprüften Bestimmungen zu befinden, sondern nur die Vereinbarkeit der für die Entscheidung der vorlegenden Gerichte erheblichen §§ 38 und 29 Abs. 1 LAG mit dem Grundgesetz auszusprechen.
Fundstellen