Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer – auch ein Partner allein kann gegen den Bescheid klagen
Mitgefangen, mitgehangen.
besagt schon ein sehr altes Sprichwort. Gemeint ist damit, dass alle Beteiligten die gleichen Konsequenzen aus einem Vorgang tragen müssen. Bei Ehepartnern, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, gilt dieser Grundsatz jedoch zumindest nicht in jedem Fall. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung, die der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 14.12.2021, VIII R 16/20) zuletzt veröffentlicht hat. Geklagt hatte ein Ehemann, dem das Finanzgericht Köln in der Vorinstanz die Klagebefugnis abgesprochen hatte.
Klage eines Ehepartners gegen Steuerbescheid aus Zusammenveranlagung
Hintergrund des Rechtsstreits war die Entscheidung des zuständigen Finanzamts, die Einsprüche des Mannes gegen Einkommensteuerbescheide aus den Jahren 2013 bis 2016 zurückzuweisen. In diesem Zeitraum hatte er neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit auch solche aus Kapitaleinkünften, seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau hatte lediglich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Gemeinsam legte das Paar Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide ein. Ziel war es, eine Herabsetzung der Kapitaleinkünfte des Mannes zu erreichen.
Nachdem das Finanzamt dem Wunsch der Ehepartner nicht nachgekommen war, ging der Mann allein gegen diese Entscheidung vor und klagte vor dem Finanzgericht. Sein Vorgehen begründete er damit, dass es sich bei der beanstandeten Steuerfestsetzung des Finanzamts nur um seine Einkünfte handelte. Für die Richter am Finanzgericht ergab sich daraus jedoch ein Grund zur Abweisung der Klage. Sie sahen das Ehepaar als Gesamtschuldner der gegenüber der Frau nun bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer. Eine Steuererstattung wäre nach ihrer Einschätzung selbst bei einer erfolgreichen Klage nicht mehr möglich. Neben der Klagebefugnis fehlte es daher auch an einem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
BFH: Klagebefugnis und Rechtsschutzbedürfnis
Anders als die Vorinstanz werteten die Richter am Bundesfinanzhof den Fall. Daher hoben sie das Urteil auf und verwiesen die Sache zurück an das Finanzgericht. Denn bei der Klage des Mannes handelte es sich um eine sogenannte Anfechtungsklage, da er durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt wurde und dadurch ein Rechtsschutzbedürfnis genießt. Daran kann auch die gesamtschuldnerische Haftung in Bezug auf den bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid nichts ändern. Immerhin bleiben Ehepartner auch bei einer Zusammenveranlagung verfahrensrechtlich gesehen selbstständige Rechtssubjekte. Das heißt, jeder der beiden ist für sich genommen Steuerschuldner und Adressat der Einkommensteuerfestsetzung.
Ein Rechtsschutzbedürfnis genießt der Kläger zudem bereits dann, wenn ein rechtlicher Vorteil nicht im Voraus vollkommen auszuschließen ist. So war es auch im vorliegenden Fall. Denn hier musste der Mann erst einmal den Einkommensteuerbescheid anfechten, um eventuell eine Erstattung erreichen zu können. Ob aufgrund der Bestandskraft des Bescheids trotz erfolgreicher Anfechtung die Auszahlung verweigert werden könnte, müsste das zuständige Finanzamt erst in einem Abrechnungsbescheid ermitteln. Ergänzend wäre dann außerdem zu prüfen, ob auch die Ehefrau eine Anpassung des Einkommensteuerbescheids verlangen könnte. Denn eine Entscheidung zugunsten des Mannes wäre als rückwirkendes Ereignis zu werten, das nicht dazu führen darf, dass zu viel bezahlte Steuern einbehalten werden können.
Praxistipp: Entscheidung für die Art der Veranlagung
Für viele Ehepaare erscheint vor Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung selbstverständlich zu sein, dass sie zusammen veranlagt werden. Dabei können sie diese Entscheidung bewusst und jedes Jahr neu treffen. Ändern lässt sie sich sogar so lange, bis der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig ist. Tatsächlich ist die gemeinsame Veranlagung vor allem für diejenigen vorteilhaft, wo die Einkünfte der Partner sich stark unterscheiden. In diesem Fall profitieren sie vom günstigeren Splittingtarif, bei dem die Einkünfte der Eheleute addiert und dann nach dem Splittingverfahren besteuert werden. Voraussetzung für die Zusammenveranlagung ist der Trauschein. Dies gilt selbst dann, wenn die Ehe oder eingetragene Partnerschaft an Silvester geschlossen wird und damit erst einen Tag im betreffenden Jahr besteht.
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