Kim Louisa Dillenberger, Anne Kowalski
In einem zweijährigen Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde das Konzept einer neuen Bewertungsplattform für die Nachhaltigkeit von Organisationen entwickelt: Die Plattform soll künftig allen Menschen Informationen über die Nachhaltigkeit aller Organisationen liefern. Zusätzlich können sie als Stakeholder "ihrer" Organisationen an deren Bewertung mitwirken.
1. Einführung zum "Innovativen Bewertungsmodell"
Die Plattform mit dem Arbeitstitel "Nachhaltigkeits-Index" wurde als offenes Projekt mit breiter Stakeholder-Beteiligung entwickelt. Sie zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
- Alle Organisationen werden bewertet – unabhängig davon, ob sie dazu selbst die Initiative ergreifen oder nicht.
- Die Plattform erfindet kein zusätzliches Bewertungssystem, sondern macht bestehende Systeme vergleichbar und führt sie zu einer Bewertung zusammen.
- Über das Zusammenführen bestehender formaler Bewertungssysteme hinaus werden auch informale und informelle Kriterien gesammelt, diskutiert und bewertet. Dadurch können auch jene Organisationen einbezogen werden, die bisher von keinem Bewertungssystem erfasst sind.
- Alle Kriterien fließen gewichtet in eine finale Kennzahl ein, wobei die Gewichtung partizipativ erfolgt.
- Die Diskursorientierung macht diese Plattform zur Lernplattform, trägt zu einem gemeinsamen Verständnis von Nachhaltigkeit bei und zeigt allen Organisationen Potenziale für ihre Weiterentwicklung auf.
Auf Basis der vorliegenden Konzeption ist aktuell ein Folgeprojekt für die Umsetzung in Österreich und das internationale Ausrollen in Vorbereitung.
2. Die Ausgangssituation
Was Nachhaltigkeit ausmacht, welche Unternehmen tatsächlich nachhaltig agieren und im Vergleich zu anderen positiv hervorstechen, lässt sich derzeit nicht sagen. Auch die steigenden gesetzlichen Verpflichtungen zum Nachhaltigkeits-Reporting betreffen nur einen kleinen Teil der österreichischen Unternehmen. Daneben gibt es zahlreiche Zertifikate, Labels, Standards und Regelwerke, die Aspekte der Nachhaltigkeit in Unternehmen bewerten oder belegen. Die darin verankerten Kriterien, Maßstäbe und Anwendungsbereiche unterscheiden sich jedoch. Damit geht z. B. die Frage einher, worauf sich ein Label wirklich bezieht und wie viel es über die Nachhaltigkeit einer Organisation tatsächlich aussagen kann. Die Bewertung von Nachhaltigkeit bleibt Experten vorbehalten. Der breiten Masse und auch den wesentlichen Stakeholdern bleibt es bislang verwehrt, an der Nachhaltigkeitsbewertung einer Organisation aktiv teilzuhaben. Dabei könnten sie wertvolle Beiträge leisten, neue Perspektiven einbringen und ein ausführlicheres Bild möglich machen. Das hier vorgestellte Projekt widmet sich der Schließung dieser Lücke: Es wird eine Online-Plattform entwickelt, die eine übergeordnete Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen unter Beteiligung der Stakeholder ermöglicht.
3. Input: Ermittlung möglicher Bewertungskriterien
Eine neue zusätzliche Bewertungsmethode würde die Komplexität steigern und keine geeignete Lösung sein. Es wird nicht an einem neuen Standard gearbeitet, sondern ein Algorithmus entwickelt, der auf allen bestehenden Methoden aufbaut und flexibel die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsbewertung berücksichtigen kann.
Die folgenden Fragen standen dabei im Vordergrund:
Welche Ansätze zur Nachhaltigkeitsbewertung und zum Reporting gibt es aktuell?
- Welche Kriterien gelten hier?
- Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich feststellen?
- Gibt es auffällige Entwicklungen, die für das Konzept wichtig sind?
- Welche Kriterien lassen sich für die Bewertungsplattform nutzen?
Untersucht wurden 41 Standards, Regelwerke, Schlüsseldokumente, Bewertungsmethoden, Label, Zertifikate, Preise und Auszeichnungen, wie z. B. B Corp, Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK), Economy for the Common Good, EKCSR-Strategie 2011, EMAS, EU-Taxonomy, Global Compact, Global Reporting Initiative (GRI), Integrated Reporting Framework<IR>, ISO14000 ff., ISO 26000, ISS ESG, OECD Responsible Business Conduct, ONR 192500, Ökobilanzierung, Österreichisches Umweltzeichen, SDGs, Social Reporting Standard(SRS), TRIGOS, nach Kriterien, wie geographischer Geltungsbereich, Verbreitung, Nachhaltigkeitskriterien, Wirkungsmanagement, Einbeziehung der Stakeholder, Aktualität.
4. Bewertungsprozess, Output und Bewertungskriterien
Die Nachhaltigkeitsbewertung über die Plattform ist nicht nur auf geeignete Kriterien angewiesen. Sie muss auch anhand eines sinnvollen Prozesses erfolgen. Der Vergleich bestehender Bewertungsprozesse von Ratings und Audits brachte Best Practices, um sich an einen optimalen Prozess anzunähern. Die folgenden Fragen stützen den Ablauf:
- Welche Prozesse zur Bewertung gibt es zurzeit?
- Wie funktioniert die Erfassung der Daten?
- Wie transparent sind die Kriterien und die Ergebnisse?
- Wer nimmt die Bewertungen vor?
- Gibt es Feedbackschleifen?
- Welche Form der Darstellung wurde für die Ergebnisse gewählt?
- Gibt es eine Qualitätskontrolle für Bewertu...