Alexander Schlüter, Deborah Nasca
Management Summary
Der vorliegende Leitfaden, entstanden aus dem Dream-Car-Bericht der ICV-Ideenwerkstatt, widmet sich der Frage der Gestaltung des Controllings von Start-Ups und Start-Up-Initiativen im Umfeld etablierter Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sollen dem Controller grundsätzliche Gestaltungsaspekte in Start-Ups aufgezeigt und an Praxisbeispielen verdeutlicht werden, da sich das Controlling von Start-Ups und Start-Up-Initiativen maßgeblich vom Controlling etablierter Unternehmen unterscheidet.
Unter dem Begriff des Start-Ups werden dabei Unternehmensneugründungen verstanden, oftmals auf Basis eines innovativen und digitalen Geschäftsmodells. Start-Up-Initiativen entstehen demgegenüber aus etablierten Unternehmen und sind von diesen in verschiedenen Dimensionen abhängig.
Seit geraumer Zeit streben auch etablierte Unternehmen nach Start-Up-Kultur. In den verschiedensten Formen bieten sie ein Ökosystem für die Verfolgung von eigenen Ideen (unternehmensintern) und beteiligen sich in Form von Minderheitsbeteiligungen an aufstrebenden Geschäftsmodellen. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Labs, Inkubatoren, Akzeleratoren, Hubs und Corporate Venture Capitals. Diese lassen sich nicht nur hinsichtlich ihrer Ausgestaltung in der Förderung der Start-Ups differenzieren, sondern hängen auch vom aktuellen Lebenszyklus des Start-Ups ab.
Die oberste Zielsetzung von Start-Ups und Start-Up-Initiativen besteht vor allem in den frühen Phasen darin, durch sehr schnelles Wachstum ein profitables Level zu erreichen. Das Controlling sollte dabei als Unterstützung und Beschleunigungsfaktor dienen. Der Controller in Start-Ups unterscheidet sich dabei in Arbeitsweise und häufig auch in der Persönlichkeitsstruktur vom Controller etablierter Unternehmen.
Ein bewährter Ansatz zur Gestaltung des Controllings in Start-Ups orientiert sich an den Lebenszyklusphasen "Seed", "Grow" und "Expand". In jeder dieser Phasen sind dabei unterschiedliche Ziele und damit unterschiedliche Controllingprozesse und -instrumente relevant bzw. unterschiedlich bedeutsam.
In der Seed-Phase steht die Entwicklung des Geschäftsmodells im Vordergrund, welches typischerweise in den Folgephasen flexibel weiterzuentwickeln ist. Zentral sind dabei die Fragen bzgl. Produkten, Zielgruppen und Wertgenerierung bzw. Wertschöpfung. Die Kernaufgabe des Controllings in der Seed-Phase besteht in der Sicherung der Rationalität zur Schaffung eines konsistenten Geschäftsmodells.
Die Grow-Phase steht demgegenüber im Zeichen des Wachstums und der Stabilisierung, z. B. interner Prozesse. Das Geschäftsmodell ist hier durch grundsätzliche KPIs transparent und messbar zu machen. Die Entwicklung dieser KPIs ist dabei Kernaufgabe des Controllings. Diese sind nicht nur "stand-alone" zu entwickeln, sondern auch durch (logische oder rechnerische) Ursache-Wirkungszusammenhänge aufeinander abzustimmen. Die übergeordnete Zielsetzung dieser KPI-Sets ist dabei das Wachstum des Start-Ups.
In der Expand-Phase ist es dem Start-Up schließlich gelungen, sich mit dem Geschäftsmodell am Markt zu etablieren. Die Unterstützung durch das Controlling erfolgt dabei durch den schrittweisen Aufbau der eher klassischen Controllinginstrumente und -prozesse, wie z. B. Planung, Management-Reporting sowie Kosten- und Ergebnisrechnung. Darüber hinaus werden neue Instrumente zur Bewältigung der zunehmenden Volatilität wie Rolling Forecasts verstärkt Einzug finden. Das Controlling wir in dieser Phase schrittweise verfestigt, wobei auch das Selbstcontrolling der Fachbereiche unterstützt werden soll und muss.
Die Anforderungen des Controllings hinsichtlich Start-Ups und Start-Up-Initiativen unterscheiden sich maßgeblich von denen in etablierten und weit entwickelten Unternehmen. Es reicht jedoch nicht nur nach Form des Start-Ups, sondern auch hinsichtlich des Lebenszyklusprozesses zu unterscheiden. Besonders schwierig dabei stellt sich der Transfer der Controllinginstrumente von etablierten auf junge und Start-Up-Unternehmen dar.
Für alle Phasen gelten für das Controlling zentrale Erfolgsfaktoren: die durchgängige Sicherstellung der Liquidität (mindestens durch eine einfache Einnahmen-Ausgabenrechnung inkl. Vorschau) sowie die Bedienung von Informationsanforderungen der externen Stakeholder und Kapitalgebern. Neben Investoren und Behörden umfassen diese insbesondere für Start-Up-Initiativen die zugehörige Unternehmensmutter. Für Start-Up-Initiativen gilt noch im Speziellen, dass diese insbesondere in den frühen Phasen von den generellen Controllinganforderungen der Unternehmensmutter freigestellt werden bzw. für diese deutlichen Vereinfachungen zugelassen sind.