Umwelt und Business: Start-ups in der Circular Economy
Herr Schulz, in diesem Jahr wird der Green Alley Award zum zehnten Mal vergeben. Was ist das Erfolgsgeheimnis dieses Events?
Vor mehr als zehn Jahren haben wir den Green Alley Award ins Leben gerufen, weil wir Unternehmen finden wollten, die Kreislaufwirtschaft anders denken, mit neuen Ideen überraschen oder auch eine andere Sichtweise auf diese Thematik haben. Mit solchen Unternehmen wollten und wollen wir ins Gespräch kommen. Und das ist uns mit dem Award bis heute sehr gut gelungen.
Die Kreislaufwirtschaft auf der Suche nach neuen Lösungen
Wo sehen Sie für die Kreislaufwirtschaft das größte Potenzial, das Start-ups nutzen könnten?
Genau das ist ein Punkt, warum dieser Wettbewerb für die Kreislaufwirtschaft so wichtig ist. Niemand weiß, welche Lösung in der Zukunft den größten Impact haben wird und vor allem weiß man im Vorfeld nicht, wie Verbraucher:innen darauf reagieren.
Niemand weiß, welche Lösung in der Zukunft den größten Impact haben wird und vor allem weiß man im Vorfeld nicht, wie Verbraucher:innen darauf reagieren.
Wie alle Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft sind auch wir ständig auf der Suche nach neuen Lösungen. Und wir sind überzeugt, je mehr Optionen auf den Tisch kommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit hochwirksame und von Verbraucher:innen akzeptierte Lösungen zu finden, mit denen Ressourcen geschont und Schadstoff-Emissionen gesenkt werden können. Je mehr Start-ups wir fördern können und je mehr mit unserer Hilfe erfolgreich sind, umso wahrscheinlicher ist genau das. In der Kreislaufwirtschaft wird vieles staatlich geregelt. Durch den Award fördern wir jedoch auch explizit die Kräfte des Marktes und der Innovation.
Wie sieht diese Förderung konkret aus?
Der Preis wird für Start-ups in einer sehr frühen Phase ausgegeben. Daher kann dieses Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro – übrigens nicht zweckgebunden und in Cash ausgezahlt – schon einen echten Unterschied machen. Vor allem auch die Aufmerksamkeit hilft den Start-ups. Der Award wirft ein Licht auf die eigenen Ideen und Lösungen und eröffnet die Möglichkeit, mit anderen Firmen ins Gespräch zu kommen. Aufmerksamkeit für die innovativen Lösungen zu erzeugen und Start-Ups aus verschiedensten Ländern zusammen zu bringen, sind für uns zwei sehr wichtige Aspekte im Rahmen der Green Alley Initiative.
Wie funktioniert dieser Wissens- und Erfahrungsaustausch?
Ein Ziel ist es, den jungen Unternehmer:innen Netzwerkmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen und Aufmerksamkeit auf das Event und die präsentierten Lösungen zu lenken. Zwar sind die Bewerber:innen in der Szene untereinander gut vernetzt, aber wir bringen zusätzlich unser eigenes Netzwerk mit ein. Wir arbeiten weltweit mit den größten Markenartikelherstellern zusammen, um die innovativen Lösungen der Start-ups bekannter zu machen. Auf Wunsch stellen wir auch die Verbindung zu den Start-ups her. Nicht zuletzt ist unsere Gruppe mit 450 Mitarbeitenden eine der größten Ansammlungen von Kreislaufwirtschaftsexperten. Im Vorfeld der Preisverleihung bieten wir den Finalist:innen daher die Möglichkeit, mit unseren Expert:innen zu sprechen, Geschäftsmodelle beurteilen zu lassen und sich auszutauschen.
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Der Green Alley Award als Signal an die Industrie?
Beteiligt sich Landbell auch an den Start-ups?
Wir investieren nicht direkt in die Start-ups, sondern unterstützen dabei, die Lösungen der Start-ups in den Vordergrund zu stellen und über eine Plattform mehr Aufmerksamkeit für die nächste Generation von Kreislaufwirtschaftstechnologien zu schaffen. Dafür haben wir über die Jahre hinweg bereits mehr als 1,2 Millionen Euro investiert.
Was ist der Benefit für Landbell?
Es gibt für uns keinen unmittelbaren monetären Mehrwert. Für uns ist der Award vielmehr ein wichtiges Signal in die Industrie hinein, dass unternehmerische Lösungen funktionieren und die Transformation maßgeblich vorantreiben können. Mit Green Alley verdeutlichen wir, dass das Zusammenspiel zwischen staatlicher Regulierung und unternehmerischer Initiative extrem wichtig ist.
Das Zusammenspiel zwischen staatlicher Regulierung und unternehmerischer Initiative ist extrem wichtig.
Außerdem können wir unsere Kund:innen mit interessanten Start-ups in Verbindung bringen. Das ist ihr und unser Benefit.
Wie erfolgreich war dieses Konzept bisher?
Alle Finalist:innen und auch die meisten Firmen, die für den Award gepitcht haben, existieren noch heute und sind in der Regel erfolgreich. Viele arbeiten mittlerweile mit namhaften, großen Unternehmen zusammen. Das zeigt, dass Start-ups leistungsfähig sind und das wir in der Kreislaufwirtschaft noch viel mehr von ihnen benötigen. Ihre Lösungen reichen von Recycling über Abfallvermeidung bis hin zu digitalen Lösungen in verschiedenen Branchen. Der ukrainische Gewinner von 2023 „S.LAB“ hat beispielsweise eine biobasierte und kompostierbare Alternative zu Polystyrol für die Verpackungsindustrie entwickelt, um Abfall zu vermeiden. Mithilfe einer speziellen Technologie werden landwirtschaftliche Abfälle und Hanf in eine nachhaltige Alternative zu Polystyrol umgewandelt. Der Gewinner von 2022 „Voltfang“ verlängert die Lebensdauer gebrauchter Elektroautobatterien, indem er eine Lösung für ein grünes Stromspeichersystem entwickelt, das ausschließlich gebrauchte Batterien aus Elektroautos verwendet. Mit seiner speziellen Technologie kann das Voltfang-System überschüssige Energie aus Solarmodulen speichern und saubere Energie für Unternehmen und Privathaushalte bereitstellen.
Start-ups im Wandel: Von Leidenschaft und Wirtschaftlichkeit
Beobachten Sie Veränderungen in der Start-up-Szene der Kreislaufwirtschaft?
Ja, vieles hat sich geändert. Und das ist aus unserer Sicht sehr positiv. Der Beginn war nicht einfach, in den Anfangstagen des Awards gab es zum einen relativ wenige Start-ups in diesem Bereich und zum anderen war das Thema Kreislaufwirtschaft kaum im Fokus junger Firmen, auch bei Gründer:innen nicht. Es waren oft lokale Lösungen. Die Gründer:innen waren leidenschaftlich, die Geschäftsmodelle aus ihrer Sicht aber eher nebensächlich. So waren die vorgebrachten Ideen meist nicht auf Skalierung ausgerichtet. Am Anfang waren die Bewerber:innen zudem stark auf Deutschland bezogen.
… und heute?
Mittlerweile erhalten wir Bewerbungen aus der ganzen Welt. Es sind mehr und interessantere Bewerbungen als noch vor wenigen Jahren. Positiv ist, dass zu der Leidenschaft der Gründer:innen mittlerweile eine stärkere ökonomische Komponente hinzukommt. Es fällt auf, dass immer mehr Gründer:innen unter den Gewinner:innen sind. Ihr Anteil ist auch im Vergleich zur sonstigen Start-up-Szene hoch. Viele der Gründer:innen arbeiten heute mit großen Marken zusammen, denn sie haben verstanden, dass ihre Ideen einen viel größeren Einfluss nehmen können, wenn das Geschäft skalierbar ist.
Viele der Gründer:innen arbeiten heute mit großen Marken zusammen, denn sie haben verstanden, dass ihre Ideen einen viel größeren Einfluss nehmen können, wenn das Geschäft skalierbar ist.
Die positiven Effekte lassen sich dann exponentiell steigern. Wir sehen immer mehr Start-ups, die daran glauben und daran arbeiten und keinen Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie mehr sehen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung.
In welchen Sektoren der Kreislaufwirtschaft sind die Start-ups besonders aktiv?
Für den diesjährigen Award haben wir rund 340 Bewerbungen erhalten. Etwa ein Drittel ist im Bereich Abfallvermeidung aktiv, ein Drittel im Recycling und ein weiteres Drittel bietet digitale Lösungen. Mit einem Anteil von 20 Prozent kommen die meisten Firmen aus Deutschland, 16 Prozent aus dem Vereinigten Königreich und 11 Prozent der Bewerber:innen sind italienische Firmen.
Wie geht es für die Kandidat:innen weiter?
Zusammen mit einer Fachjury nominieren wir im März fünf Finalist:innen. Ein:e weitere:r Finalist:in wird durch ein Public Voting ermittelt, das am 22. Januar gestartet hat. Alle sechs Finalist:innen pitchen dann am 25. April 2024 in Berlin um den Sieg.
Kräfte des Marktes, des Unternehmertums und des Ideenreichtums
Können Sie abschließend einen kleinen Ausblick geben: Was ist aus ihrer Sicht die wichtigste Aufgabe, welche die Kreislaufwirtschaft insgesamt lösen muss?
Für mich ist das Wichtigste, dass wir die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie hinbekommen. Das Thema ist zu wichtig, als dass man sich auf nur einen Weg oder eine Ideologie festlegen sollte. Wir müssen offen sein und technische Lösungen finden, um diese Balance zu ermöglichen. Und wir müssen die Kräfte des Marktes, des Unternehmertums und des Ideenreichtums der Menschen nutzen, um die Lösungen zu finden, die wir dringend brauchen. Für uns ist dieser Award über die Firma hinaus essenziell, um die Kreislaufwirtschaft weiter voranzubringen und als Gesellschaft das Ziel ‚Net Zero‘ zu erreichen.
Über die Landbell Group Im Jahr 1995 als Entsorgungsunternehmen gegründet, betreibt Landbell heute das zweite zertifizierte duale System in Deutschland und bietet weltweit Beratung, Software und Dienstleistungen für die Kreislaufwirtschaft an. Bereits 2014 rief das Unternehmen den Green Alley Award ins Leben – den ersten europäischen Award für Start-Ups aus der Kreislaufwirtschaft. Mehr als 1,2 Millionen Euro hat das Unternehmen mittlerweile in die Ausrichtung des jährlichen Awards investiert. |
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