Nachbericht Haufe ESRS Summit 2024

Der erste Haufe ESRS Summit bot den Teilnehmenden eine Plattform zum Austausch über die Herausforderungen und Chancen der neuen europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Kongress war geprägt von einer hohen Beteiligung des Publikums. Dabei wurde immer wieder auch die wahrgenommene Überforderung vieler Unternehmen mit der Umsetzung der CSRD thematisiert.

Dr. Jens Freiberg, Vorstand von BDO, eröffnete den ersten Haufe ESRS Summit mit dem Bild des Summits als Navigator durch die stürmische See der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er betonte insbesondere, dass es bei der CSRD nicht nur um Compliance gehe, sondern um den Aufbau von Vertrauen. Dabei setzten viele Unternehmen noch auf Bordmittel - das wichtigste Tool für das ESG-Reporting sei auch 2024 noch Excel.

Georg Lanfermann vom DRSC betonte, dass Deutschland einer der Hauptanwender der CSRD sei – bei der Umsetzung in nationales Recht aber in zeitlichem Verzug ist. Andere Länder, zum Beispiel Frankreich, haben diese schon abgeschlossen. Er kritisierte den Ablauf der Einführung von CSRD und ESRS - vor allem im Vergleich zur Einführung der International Financial Reporting Standards (IFRS), die eine wesentlich längere Entwicklungszeit hatten. Lanfermann betonte, dass ein guter Standard mehrere Testläufe benötige, bevor er verbindlich in Kraft treten könne. Sowohl Unternehmen als auch Wirtschaftsprüfer müssten viel lernen.

BASF: Baustellenbericht zur ESRS-Implementierung

BASF, das größte Chemieunternehmen der Welt, hat bereits seit 2007 Erfahrung mit der integrierten Berichterstattung. Dennoch bedeutet die Einführung der ESRS auch für BASF eine grundlegende Umstellung. Tanja Castor, Head of Sustainability Reporting & Controlling Committee, berichtete, dass die Implementierung der ESRS eine erhebliche Verstärkung der personellen Ressourcen erforderte. Das Kernteam für die Umsetzung umfasse 50 Personen, Datenlieferanten seien es annähernd 1.000.

Ein zentraler Aspekt der neuen Standards ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, die sich für BASF im Vergleich zu früheren Analysen als deutlich komplexer herausgestellt hat und rund sechs Monate in Anspruch genommen habe. Das Thema Biodiversität erweise sich als aufsteigendes, wesentliches Thema. Bei der Frage nach KPIs mit Aussagekraft setze BASF auch auf externe Expertise in Form eines Nature Advisory Council. Tanja Castor wünschte sich einen zügigen Review der ESRS basierend auf den Erfahrungen der Erstanwender und sprach sich zugleich dagegen aus, Nachhaltigkeit in die Ecke eines Bürokratie-Monsters zu drängen. Ihre abschließende Botschaft: die Wesentlichkeitsanalyse zur Fokussierung nutzen.

DHL: Dekarbonisierungsziele und Transitionspläne nach ESRS E1

Dr. Klaus Hufschlag von DHL präsentierte die Ansätze des Logistikriesen zur Planung und Steuerung von Dekarbonisierungszielen. Mit einem CO2-Ausstoß, der dem eines Landes wie Dänemark entspricht, steht DHL vor der Herausforderung, seine Emissionen signifikant zu reduzieren. DHL hat dazu eine ESG-Roadmap entwickelt, die neben der Reduktion von Emissionen auch die Verbesserung sozialer Nachhaltigkeitsindikatoren wie Arbeitssicherheit oder des Anteils von Frauen in Führungspositionen umfasst.

Klaus Hufschlag betonte, die Ziele seien den ESRS folgend aus wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeleitet und in der Strategie verankert. Ein besonderes Problem stelle die Abhängigkeit der Zielerreichung vom Geschäftsvolumen dar. In wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten sei es schwieriger, die Dekarbonisierungsziele zu erreichen, da das Volumen der Logistikaktivitäten steigt. Um die tatsächliche Emissionsreduktion zu fördern, rechnet DHL Kompensationsmaßnahmen nicht auf die Zielerreichung an.

ESG-orientierte Managementsysteme: Ein strategisches Fundament

Prof. Dr. Patrick Velte (Leuphana Universität Lüneburg) und Heike Adam (Theron) betonten die Bedeutung von ESG-orientierten Managementsystemen, nur mit deren guter Qualität ließen sich gute Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Patrick Velte stellte sechs zentrale Thesen vor, die die Integration von ESG-Kriterien in die Unternehmensführung untermauern. Eine der Kernaussagen war, dass eine starke Corporate Governance entscheidend für die ökologische und soziale Transformation von Unternehmen ist. Die Berichterstattung sei nicht nur eine bürokratische Pflich, sie sollte vielmehr als Instrument genutzt werden, um Veränderungsdruck zu erzeugen. Dabei spielen insbesondere die Stakeholder eine wichtige Rolle, da sie die Unternehmen zu nachhaltigeren Praktiken bewegen können.

Dr. Jens Freiberg berichtete aus der Sicht des Wirtschaftsprüfers. Er sprach unter anderem über Prüftiefe und Verweistechniken, wies aber auch auf aus seiner Sicht verbesserungswürdige Schwachstellen der ESRS hin, wie etwa das arbeitsintensive elektronische XBRL-Tagging. Weitere Vorträge von Pascal Morgan (think.speak.transform.), Finn Arnd Wendland (Universität Hamburg), Viola Möller und Lisa Umann (BDO), Sebastian Leins (Bayer) und Chris Neubauer (BARC) rundeten den umfassenden Überblick über die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den neuen Standards ab.

Fazit: Von den Vorreitern lernen

Die Erfahrungen von BASF, DHL und anderen zeigen, dass die Implementierung der ESRS komplex und ressourcenintensiv ist. Nahezu alle Vorträge des Haufe ESRS Summit unterstrichen die Notwendigkeit, die Berichterstattung als strategisches Instrument zu nutzen, das über bloße Compliance hinausgeht. Während BASF den Fokus auf eine detaillierte Wesentlichkeitsanalyse und Stakeholder-Einbindung legt, betont DHL die Bedeutung einer klaren Zielsetzung und der Unabhängigkeit von kurzfristigen Marktentwicklungen. Velte und Adam ergänzen diese Perspektive durch die Notwendigkeit robuster Managementsysteme, die ESG-Kriterien nahtlos integrieren.

Die Praxisberichte und theoretischen Einblicke des Haufe ESRS Summit haben gezeigt, dass Nachhaltigkeitsberichterstattung eine entscheidende Rolle bei der Transformation von Unternehmen spielen kann. Sie zeigten aber auch, dass es noch viele Hürden zu überwinden gilt. Um die Berichterstattung zu einem wirksamen Instrument für nachhaltige Entwicklung zu machen, bedarf es nicht nur klarer Standards, sondern auch eines Kulturwandels in der Unternehmensführung. Die Herausforderung besteht darin, Berichterstattung nicht nur als regulatorische Pflicht zu sehen, sondern als Chance, Unternehmen zukunftsfähig zu machen.


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