Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Die Partnerin einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann auch ohne finanzielle Beteilung an der Haushaltsführung in der Wohnung ihres Lebensgefährten ihren Lebensmittelpunkt haben und durch eine Wohnung am Arbeitsort eine doppelte Haushaltsführung begründen.
Sachverhalt
Streitig war die Berücksichtigung von Mietaufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Die Kläger heirateten am 1.12.2006, zuvor bestand eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Klägerin lebte an den Wochenenden in der Wohnung des Klägers, verlegte ihren Wohnsitz allerdings erst zum 1.12.2006 in diese Wohnung. In der Woche wohnte sie in einer Wohnung am 91 Km entfernt liegenden Beschäftigungsort. Die dadurch verursachten Mehraufwendungen (für Familienheimfahrten sowie Wohnungskosten) machten die Kläger als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung erst mit Eheschließung ab 1.12.2006 vorliegen würden und berücksichtigte die Kosten entsprechend nur anteilig. Nachdem die Fahrtkosten im Laufe des Finanzgerichtsverfahrens berücksichtigt wurden, blieb der Abzug der Unterkunftskosten noch vor dem FG streitbefangen.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt und kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) vorliegen würden. Eine doppelte Haushaltsführung setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstands neben dem Hausstand am Beschäftigungsort voraus. Dies war im Streitfall gegeben, denn die Klägerin hatte auch in der Zeit vor ihrer Heirat ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt ihres damaligen Lebensgefährten und jetzigen Ehemannes. Die Unterhaltung eines eigenen Hausstandes erfordert nicht zwingend eine finanzielle Beteiligung, wenn aus anderen Indizien unzweifelhaft ersichtlich ist, dass die Wohnung als Mittelpunkt der Lebensinteressen anzusehen ist. Im Streitfall schloss das FG dies aus dem Umstand, dass die Klägerin sich an jedem Wochenende sowie im Urlaub in der Wohnung ihres Lebensgefährten aufgehalten hatte. Außerdem war die Wohnung am Beschäftigungsort wesentlich kleiner als die gemeinsam bewohnte Wohnung. Letztlich konnte auch aus dem Umstand, dass die Lebenspartnerschaft in einer Eheschließung mündete, geschlossen werden, dass die Wohnung des Partners auch schon zuvor der Lebensmittelpunkt der Klägerin war.
Hinweis
Auch nach Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich der sog. Wegzugsfälle ist nach wie vor der Mittelpunkt der Lebensinteressen zu bestimmen. Dies hat unter Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu erfolgen. Das Vorliegen eines eigenen Haushalts setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Haushaltsführung zumindest mitbestimmt, also nicht nur in einen fremden Haushalt, etwa als Gast, eingegliedert ist. Lässt sich eine finanzielle Beteiligung - wie im Streitfall - nicht feststellen, ist damit jedoch das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung noch nicht zwingend ausgeschlossen. Vielmehr kann auch anhand anderer Indizien der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt werden. Entsprechend ist aber auch bei einer feststehenden finanziellen Beteiligung nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 20.12.2011, 1 K 4150/08 E