Zusammenfassung
Gelangt ein körperlicher Gegenstand vom Drittlandsgebiet in das Inland und wird er hier zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr in der Europäischen Union abgefertigt, liegt der umsatzsteuerliche Tatbestand der Einfuhr vor. Es kommt nicht allein auf das körperliche Gelangen der Drittlandsware in das Inland an. Ein steuerbarer Tatbestand im Inland ist zusätzliche Voraussetzung. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist grds. der Anmelder. Unter den allgemeinen Voraussetzungen vorsteuerabzugsberechtigt ist derjenige, der die Kosten für den eingeführten Gegenstand in den Preis für seine Ausgangsumsätze einbezieht und dem die Verfügungsmacht über den Gegenstand zum Zeitpunkt der Abfertigung zum freien Verkehr zuzuordnen ist. Seit Beginn des Binnenmarkts kann die Einfuhr auch im Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats für einen im Inland ansässigen Abnehmer erfolgen. Dies führt bei einem anschließenden körperlichen Verbringen des Gegenstands in das Inland zur Verfügung des Einführers oder seines Abnehmers zu einem steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb. Besonderheiten gelten derzeit noch für (zollfreie) Sendungen mit einem Warenwert bis 150 EUR an nichtsteuerpflichtige Abnehmer.
1 Definition des Einfuhrtatbestands
Ein Einfuhrtatbestand liegt vor, wenn ein körperlicher Gegenstand nach den zollrechtlichen Vorschriften vom Drittlandsgebiet in das Inland oder in die zum österreichischen Hoheitsgebiet gehörenden Gemeinden Jungholz und Mittelberg (Kleines Walsertal) gelangt. Neben dem "Gelangen" in das Inland setzt dies einen steuerbaren Vorgang, d. h. eine Abfertigung zum freien Verkehr in der EU voraus .
Die Verwirklichung des Einfuhrtatbestands setzt keine Verschaffung der Verfügungsmacht voraus, somit kann diese auch im Falle eines rechtsgeschäftslosen Verbringens ausgelöst werden. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist grds. der Anmelder. Unerheblich ist, ob der Einführer im Inland oder im Ausland ansässig ist. Befinden sich Gegenstände zwar körperlich im Inland, aber zollrechtlich in einem besonderen Verfahren, gelten diese insoweit nicht als eingeführt. Hierzu gehören gem. Art. 210 Unionszollkodex (UZK) der externe und interne Versand, die Lagerung (Zolllager und Freizonen), die vorübergehende und die Endverwendung sowie die Veredelung (aktive und passive Veredelung).
Einfuhrumsatzsteuer
- Ein in Brasilien ansässiger Unternehmer liefert Maschinenteile unverzollt und unversteuert an die in Deutschland ansässige A-GmbH. Die A-GmbH beantragt bei der zuständigen Zolldienststelle die Abfertigung zum freien Verkehr und schuldet somit die Einfuhrumsatzsteuer.
- Ein in Japan ansässiger Lieferant von Kameraersatzteilen vereinbart mit einer Vielzahl deutscher Kunden die kontinuierliche Abnahme von Waren. Aus Gründen der Vereinfachung für seine Kunden unterhält er in Deutschland ein Zolllager und lässt bei Auslieferung der Ersatzteile an die Kunden auf seinen Namen zum freien Verkehr abfertigen. Der japanische Unternehmer schuldet die Einfuhrumsatzsteuer gegenüber dem Zoll, die er in seinen beim Finanzamt einzureichenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen als Vorsteuer mit seiner eigenen Steuerschuld für die anschließende Inlandslieferung an die deutschen Kunden verrechnen kann.
- Der im Inland ansässige Unternehmer DE bestellt bei einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmer türkisches Gemüse. Der niederländische Gemüsehändler lässt die Waren von der Türkei aus direkt an DE im Inland ausliefern. Es ist vereinbart, dass DE die Abfertigung zum freien Verkehr in Deutschland auf seinen Namen übernimmt. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist DE. Der niederländische Unternehmer tätigt zwar einen im Inland steuerbaren Umsatz, der aber gem. § 4 Nr. 4b UStG der Steuerbefreiung für nicht in den freien Verkehr überführte Nichtunionswaren unterliegt (Lieferung vor der Einfuhr).
- Ein Unternehmer aus der Schweiz lässt in Deutschland einen Gegenstand bearbeiten, der im Anschluss daran wieder in die Schweiz ausgeführt wird. Für die Bearbeitung ist das besondere Verfahren der aktiven Veredelung bewilligt worden. Einfuhrumsatzsteuer wird daher nicht erhoben.
2 Einfuhrumsatzsteuer
Die Einfuhrumsatzsteuer gehört zwar in das System der Umsatzsteuer, weil sie beim Import der Gegenstände für die gleiche steuerliche Belastung wie bei Inlandswaren sorgt. Gleichwohl zeichnen sie bestimmte Besonderheiten aus. Das UStG verweist in § 21 Abs. 2 UStG auf die sinngemäße Anwendung der Vorschriften für Zölle und meint damit, dass die Einfuhrumsatzsteuer nicht nur in die Zuständigkeit der Zollbehörden fällt, sondern ihre Erhebung an die Existenz des Zollbescheids über die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gebunden ist. Im normalen Umsatzsteuer...