OFD Karlsruhe, Schreiben v. 19.12.1996, S 2290 A - St 221, DStR 1997, 497
Der XI. Senat des BFH hatte mit Urteil vom 6.9.1995, XI R 71/94 (BFH/NV 1996 S. 204) in einem Fall, in dem einem ausgeschiedenen Arbeitnehmer eine Einmalabfindung gewährt wurde, mangels einer Zusammenballung von Einkünften die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG versagt. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Steuerpflichtige bezog im Vorjahr als Angestellter einen jährlichen Arbeitslohn in Höhe von 297.976 DM. Außerdem war ihm ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung überlassen worden; der steuerpflichtige geldwerte Vorteil hieraus betrug 8.057 DM. Mit Auflösung des Dienstverhältnisses erhielt er zu Beginn des Streitjahres eine Einmalzahlung in Höhe von 300.000 DM. In diesem Jahr fand der Steuerpflichtige keine neue Anstellung.
Der BFH kam zu dem Ergebnis, daß sich die steuerlichen Verhältnisse des Klägers nicht durch eine Zusammenballung von Einkünften zu seinem Nachteil verändert hätten. Obgleich er lediglich eine Einmalabfindung erhielt, sei kein zusammengeballter Zufluß, der eine Tarifermäßigung rechtfertige, gegeben. Der Steuerpflichtige erzielte nämlich im maßgeblichen Veranlagungszeitraum keine anderweitigen Einkünfte, und die Abfindung entsprach der Höhe nach den bisherigen in einem Veranlagungszeitraum erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, so daß sich keine Progressionserhöhung durch die Zahlung der Abfindung ergeben habe. Außerordentliche Einkünfte seien nur dann anzunehmen, wenn sie entweder für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf, also bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses, auf mehrere Jahre verteilt hätten, in einem Veranlagungszeitraum gezahlt würden, oder wenn sie für den Fall, daß sie nur Einnahmen eines Jahres ersetzen, mit anderen Einkünften zusammenfallen und der Steuerpflichtige im Jahr der entgangenen Einnahmen keine nennenswerten Einnahmen hatte. Der BFH folgerte aus dem Umstand, daß die Einmalzahlung in etwa der Höhe des jährlichen Arbeitslohns entsprach, daß es sich bei der Zahlung um eine Entschädigung gehandelt habe, die an die Stelle der Einnahmen lediglich eines Jahres treten sollte.
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben die Auswirkungen dieses Urteils erörtert und beschlossen, das BFH-Urteil vom 6.9.1995 a.a.O. nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Damit kann bei einer Einmalabfindung grundsätzlich weiterhin nicht davon ausgegangen werden, daß sie lediglich die Einnahmen eines Kalenderjahres entschädigt, und zwar auch dann nicht, wenn sie der Höhe nach in etwa den entgehenden Einnahmen eines Kalenderjahres entspricht. Gilt die in einem Veranlagungszeitraum gezahlte Abfindung daher - wie regelmäßig - entgangene oder entgehende Einnahmen mehrerer Jahre ab, handelt es sich bei den Einnahmen um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 EStG; die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG kommt zur Anwendung.
Das Urteil wird deshalb nicht amtlich veröffentlicht.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1
EStG § 34 Abs. 1
Fundstellen
DStR, 1997, 497