Zusammenfassung
Säumniszuschläge dienen als Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steueransprüche. Sie haben auch Zinscharakter. Sie entstehen bei Nichtzahlung zum Fälligkeitstermin. Als steuerliche Nebenleistungen gehören sie zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§§ 3 Abs. 4, 37 AO).
Säumniszuschläge sind zu unterscheiden von
- Verspätungszuschlägen bei nicht rechtzeitiger Abgabe von Steuererklärungen (§ 152 AO),
- Zwangsgeldern, die zur Durchsetzung, insbesondere zur Abgabe von Steuererklärungen angedroht und festgesetzt werden können (§§ 329ff. AO),
- Verzinsung von Steuernachforderungen, die nach Ablauf der sog. Karenzzeit beginnt (Vollverzinsung, § 233a AO).
Wie die Zinshöhe nach § 238 Abs. 1 AO von 0,5 % pro vollem Monat ist auch die Höhe des Säumniszuschlags von 1 % pro angefangenem Monat verfassungsrechtlich umstritten, soweit es den darin enthaltenen Zinsanteil betrifft. Die Chancen für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde dürften indes aufgrund der Entscheidung des BVerfG v. 8.7.2021 eher gering sein. So hat es das BVerfG in seiner Begründung zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Vollverzinsung gem. §§ 233a, 238 AO ausdrücklich abgelehnt, diese auch auf die Zinsen nach §§ 234 ff. AO zu übertragen. Der Steuerpflichtige habe in jenen Fällen nämlich grundsätzlich die Wahl, ob er den Zinstatbestand verwirklicht. Dies ist bei der Entstehung von Säumniszuschlägen i. d. R. nicht anders, zumal die Ursachen der Säumnis immer in der Person des Steuerpflichtigen liegen und von den Umständen des Einzelfalls abhängen.
Inzwischen sind zahlreiche Beschlüsse verschiedener Senate des BFH in Beschwerdeverfahren wegen Aussetzung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge ergangen. Sie ergeben ein völlig uneinheitliches Bild, sowohl in Bezug auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO als auch des Vorliegens eines besonderen berechtigten Interesses des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Bezeichnend hierfür ist der Beschluss des III. Senats v. 28.12.2022 (III B 48/22 (AdV), BFH/NV 2023 S. 970), in dem er AdV gewährt hat. Für ihn bestehen allein schon deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn eine Entscheidung von einer Rechtsfrage abhängt, die von mehreren Senaten des BFH unterschiedlich bzw. widersprüchlich beantwortet worden ist. Aufgrund der uneinheitlichen Linie des BFH innerhalb der verschiedenen Senate ist eine "belastbare" Prognose über die Erfolgsaussichten eines AdV-Rechtsstreits unmöglich. Es ist daher von einem AdV-Antrag abzuraten, zumal die Verwaltung einen solchen weiterhin ablehnen wird. Eine Anrufung des Großen Senats des BFH wegen einer Rechtsfrage im Verfahren der AdV kommt nicht in Betracht. Demnach bleibt abzuwarten, wie es in den Hauptsachverfahren weiter geht.
1 Entstehung
1.1 Nichtzahlung von Steuern
Säumniszuschläge können nur bei Nichtzahlung von Steuern und bei zurückzuzahlenden Steuervergütungen entstehen. Um eine Steuer handelt es sich auch, wenn z. B. eine zu Unrecht erfolgte Steuererstattung zurückzuzahlen ist.
Auch bei Nichtzahlung einer Haftungsschuld können Säumniszuschläge entstehen.
Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen. Es gibt also keine Säumniszuschläge auf Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Zinsen usw.
Ob Säumniszuschläge bei der Kirchensteuer entstehen, hängt von den Regelungen in den einzelnen Bundesländern ab.
1.2 Nichtzahlung bei Fälligkeit
Säumniszuschläge entstehen, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird. Ihre Besonderheit liegt darin, dass sie nicht – wie alle anderen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis – durch einen besonderen Bescheid festgesetzt, sondern sogleich durch Zahlungsaufforderung erhoben werden.
Das Entstehen von Säumniszuschlägen setzt ein Verschulden des Steuerpflichtigen nicht voraus. Ein fehlendes Verschulden kann allenfalls für den Erlass der Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen bedeutsam sein.
Wann eine Steuer fällig wird, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen. Fällt danach der Tag der Fälligkeit auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, gilt als Fälligkeitstag der nächste Werktag.
Die Fälligkeit und damit auch das Entstehen von Säumniszuschlägen kann durch Stundung i. S. d. § 222 AO hinausgeschoben bzw. verhindert werden. Eine Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO bzw. § 69 FGO berührt zwar die Fälligkeit des ausgesetzten Steuerbetrags nicht, hindert gleichwohl aber das Entstehen von Säumniszuschlägen für die Zeit der Aussetzung der Vollziehung.
Säumniszuschläge fallen weiterhin an bei einem Vollstreckungsaufschub i. S. d. § 258 AO und bei der Niederschlagung nach § 261 AO, auch wenn diese Maßnahmen dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben werden; darauf weist die Finanzbehörde regelmäßig hin. Eine andere Frage ist, ob in solchen Fällen ein Billigkeitserlass ...