Leitsatz
Nach Art. 19 Abs. 3 (i.V.m. Abs. 1 Satz 1) DBA-Indonesien können Vergütungen, die im Rahmen eines Entwicklungshilfeprogramms (u.a.) eines Vertragsstaats aus Mitteln, die ausschließlich von diesem Staat bereitgestellt werden, an Fachkräfte oder freiwillige Helfer gezahlt werden, die in den anderen Vertragsstaat mit dessen Zustimmung entsandt worden sind, nur in diesem Staat besteuert werden. Dem Ausschließlichkeitserfordernis ist auch dann genügt, wenn die Bereitstellung der Mittel sich nur auf den Teil einer Gesamtvergütung bezieht, der im Rahmen eines konkreten Entwicklungshilfeprojekts gezahlt wird, während andere Projekte aus Mitteln des anderen Vertragsstaats oder dritter Zuschussgeber finanziert werden. Es ist auch weder erforderlich, dass der zahlende Vertragsstaat Vergütungsschuldner oder Dienstherr des Entwicklungshelfers ist, noch dass er das Entwicklungshilfeprogramm initiiert hat oder er Träger des Programms ist.
Normenkette
Art. 15 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 und 3 DBA-Indonesien
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr 2008 verheiratet, hatte einen Wohnsitz im Inland und war Angestellter der GTZ, später GIZ, deren Hauptauftraggeber das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) war/ist. Zum BMZ selbst unterhielt der Kläger kein Arbeits- oder Vertragsverhältnis.
Im Streitjahr 2008 war der Kläger vom 28.1. bis zum 31.12. im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indonesien im Büro der GTZ in Indonesien als "Ländermanager Ausland" tätig. Hierbei entfiel seine Arbeitszeit zu 32 % auf allgemeine Bürotätigkeiten, zu 7,3 % auf sog. "kofinanzierte Maßnahmen", die nicht allein durch das BMZ finanziert wurden, und zu 60,7 % auf Projekte, die ausschließlich vom BMZ finanziert wurden.
Der Kläger wurde für das Streitjahr getrennt zur ESt veranlagt. Die während des Aufenthalts in Indonesien erzielten Einkünfte behandelte das FA im Ergebnis zu 60,7 % als steuerpflichtige Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Der übrige Teil, der nicht auf allein aus deutschen Mitteln finanzierte Entwicklungshilfemaßnahmen entfallen war, wurde lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen
Das FG stellte auf die anschließende Klage auch den Teil von 60,7 % unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung frei (Thüringer FG, Urteil vom 25.4.2013, 2 K 756/10, Haufe-Index 4052631, EFG 2013, 1137).
Entscheidung
Der BFH war anderer Auffassung als das FG: Da nach den tatrichterlichen Feststellungen jene 60,7 % ausschließlich aus deutschen Mitteln (re-)finanziert worden seien, stehe Deutschland nach Art. 19 Abs. 3 DBA-Indonesien das Besteuerungsrecht an den Tätigkeitsvergütungen des Klägers zu. Dennoch sei die Sache noch einmal an das FG zurückzuverweisen, weil nicht mit der notwendigen Gewissheit feststehe, ob der Kläger ggf. in Indonesien ansässig gewesen und nicht deutscher Staatsangehörigkeit sei.
Hinweis
1. Vor ungefähr zwei, drei Jahren geriet die Besteuerung der sog. integrierten Fachkräfte und sonstiger Entwicklungshelfer der bundeseigenen GIZ (= Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, zuvor für Technische Zusammenarbeit GmbH – GTZ) in das Fadenkreuz des öffentlichen Interesses:
Zuvor wurde dieser Personenkreis im Inland hier trotz weiterhin aufrechterhaltenen Wohnsitzes so gut wie nicht besteuert. Man verzichtete schlicht darauf. Die Gründe dafür bleiben im Dunkeln.
Manchmal gab der Entwicklungshelfer seinen Inlandswohnsitz (teilweise offenbar auf "Empfehlung") aber doch (zumindest formal) auf, sodass ohnehin kein Unbill drohte. Dann aber wollte ein GIZ-Angestellter noch "mehr", er wehrte sich auch gegen die Einbeziehung des Auslandsgehalts in den Progressionsvorbehalt im Wegzugsjahr. Das ging im Ergebnis "schief". Das FG Düsseldorf wies die von jenem Angestellten erhobene Klage durch Urteil vom 31.1.2012, 13 K 1178/10, EFG 2012, 1167 im Ergebnis ab. Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die dagegen zunächst gerichtete Klage trotz eingelegter Revision I R 20/12 wenige Sekunden vor Schluss der beim BFH durchgeführten mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden war.
Einzelheiten dieser Vorgeschichte ergeben sich wohlfeil aus einem Beitrag (des Verfassers dieser Zeilen) in der Zeitschrift IWB (2013, 179), dessen Schlusswort wie folgt lautete:
"Geht es "nach den Regeln der Gesetze", dann müssen die Arbeitsentgelte, welche die GIZ ihren entsandten Fachkräften … zahlt, im Inland besteuert werden. Für eine Freistellung besteht kein Anlass. Es bedarf ausnahmsweise weder einer unilateralen Rückfallklausel noch eines sonstigen Treaty Override, um der verwaltungsseitig vielfach verpönten – weil leistungsfähigkeitswidrigen – sog. Keinmalbesteuerung zu begegnen. Vielmehr genügen dafür die gesetzlichen "Bordmittel". Offenbar ist es bislang aber die Ausnahme, dass ein FA dieses Besteuerungsrecht auch wahrnimmt und aufgreift, und möglicherweise ist das "politisch" auch nicht gewollt. Diese Praxis sollte überdacht werden. Deutschland mag Entwicklungshilfeprogramme fördern, das aber ...