Besteuerung von Zuschüssen der GIZ für eine Tätigkeit als Fachkraft in Tadschikistan
Hintergrund: Besteuerung von Zahlungen der GIZ
Das Urteil ist zur Kassenstaatsklausel des DBA-Tadschikistan (DBA-DJK) ergangen. Die Grundsätze lassen sich auf vergleichbare Klauseln in anderen DBA übertragen. Streitig war, ob Zuschüsse, die die X für ihre Tätigkeit an einer Universität in Tadschikistan im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit erhielt, im Inland steuerbar sind.
X hatte im Streitjahr 2014 weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie arbeitete aufgrund eines mit einer Universität in Tadschikistan abgeschlossenen Arbeitsvertrags in Tadschikistan. Außerdem hatte sie mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eine Vereinbarung über den Erhalt eines Zuschusses für ihre Tätigkeit an der Universität geschlossen. Grundlage dieser Förderung war ein Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Zuschussleistungen wurden von der GIZ bzw. dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) im Auftrag und für Rechnung des BMZ erbracht. Das CIM ist eine nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der GIZ zur Förderung nachhaltiger Entwicklung im Auftrag der Bundesregierung.
X erhielt im Streitjahr von der GIZ/CIM Zuschüsse von 49.000 EUR. Das FA besteuerte die Zuschüsse als Arbeitslohn. Die Zahlungen der Universität (1.900 EUR) wurden dem Progressionsvorbehalt unterworfen.
Das FG gab der Klage statt. Das grundsätzliche Besteuerungsrecht Deutschlands werde durch das erweiterte Kassenstaatsprinzip (sog. Entwicklungshelferklausel) nach Art. 18 Abs. 4 DBA-TJK verdrängt.
Entscheidung: Die Kassenstaatsklausel führt zum Besteuerungsrecht Deutschlands
Der BFH verneint den Vorrang des Art. 18 Abs. 4 DBA-TJK. Das FG-Urteil wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Beschränkte Steuerpflicht
X war hinsichtlich der Zuschüsse wegen fehlenden Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland beschränkt steuerpflichtig da sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG bezog (§ 1 Abs. 4 EStG). Bei den an sie gezahlten Beträgen handelt es sich um Arbeitslohn von dritter Seite (BFH v. 8.7.2020, X R 6/19, BStBl II 2021, 557). Denn die GIZ/CIM zahlten die Zuschüsse im Hinblick auf den mit der Universität geschlossenen Arbeitsvertrag. Die Zuschüsse wurden auch aus einer inländischen öffentliche Kasse gewährt, da die GIZ/CIM sie im Auftrag und für Rechnung des BMZ zahlten (BFH v. 28.3.2018, I R 42/16, BStBl II 2019, 671).
Besteuerungsrecht nach der Kassenstaatsklausel
Das ausschließliche Besteuerungsrecht Deutschlands ergibt sich aus der sog. Kassenstaatsklausel des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a DBA-TJK. Diese Bestimmung setzt insbesondere voraus, dass die Zahlungen vom Kassenstaat an eine natürliche Person geleistet werden und diese natürliche Person die Zahlungen für ihre dem Kassenstaat geleisteten Dienste erhält. Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Zahlung durch den Kassenstaat
Die Zuschüsse wurden im Auftrag und für Rechnung des BMZ erbracht. Die GIZ trat also nicht als zwischengeschalteter, privatrechtlich organisierter Arbeitgeber auf, sondern handelte im Auftrag und für Rechnung des BMZ im Rahmen des unterstützten Programms. Es handelt sich daher um eine Zuschusszahlung durch den Kassenstaat i.S. des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a DBA-TJK. Die Zwischenschaltung der privatrechtlichen Körperschaften (GIZ, CIM), d.h. die mittelbare Zahlung über diese Gesellschaften, ist unerheblich.
Zahlungen für dem Kassenstaat geleistete Dienste
Auch diese Voraussetzung ist gegeben. Das folgt aus § 50d Abs. 7 EStG. Die Regelung bestimmt für Einkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die aus einer Kasse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gewährt werden (hier BMZ), dass das Kassenstaatsprinzip bei Bestehen eines Dienstverhältnisses mit einer anderen Person (hier Universität) so auszulegen ist, dass die Vergütungen für der erstgenannten Person (hier BMZ) geleistete Dienste gezahlt werden. Die Vorschrift zielt darauf ab, die Kassenstaatsklausel (hier Art. 18 Abs. 1 DBA-TJK) auf mittelbare Beschäftigungsverhältnisse mit der öffentlichen Hand auszudehnen und das Besteuerungsrecht Deutschlands auch für den Fall zu sichern, dass die Dienste nicht an den Kassenstaat geleistet werden. Voraussetzung ist lediglich, dass die Vergütung "ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln" stammt, d.h. wenn ein inländischer Finanzierungsanteil von mindestens 75 % vorliegt (BFH v. 28.3.2018, I R 42/16, BStBl II 2019, 671, Rz 27).
Die Voraussetzungen des § 50d Abs. 7 EStG sind erfüllt
Die X erzielte durch die Zuschüsse Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG. Die Zuschüsse wurden aus einer öffentlichen Kasse gewährt (Art. 18 Abs. 1 DBA-TJK), während das Dienstverhältnis (nur) zur Universität und damit zu einer anderen Person bestand. Die Zuschüsse betragen 96 % der Gesamtvergütung, so dass diese im Wesentlichen (§ 50d Abs. 7 EStG) aus öffentlichen Mitteln erbracht wurde.
Keine Verdrängung von Art. 18 Abs. 1 durch Abs. 4 DBA-DJK
Durch Art. 18 Abs. 4 DBA-TJK wird das Kassenstaatsprinzip für diejenigen Fälle erweitert, in denen weder eine öffentliche Kasse die Vergütung zahlt noch ein Dienstverhältnis mit dem Kassenstaat besteht (erweiterte Kassenstaatsklausel, sog. Entwicklungshelferklausel). Voraussetzung ist u.a., dass die Mittel "ausschließlich" von diesem Staat (bzw. Land, Gebietskörperschaft) bereitgestellt" werden (sog. Ausschließlichkeitsgebot, d.h. keine Mischfinanzierung). Aus Art. 18 Abs. 1 und 4 DBA-DJK sowie § 50d Abs. 7 EStG sind jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass das Ausschließlichkeitsgebot auch dann eine einschränkende Wirkung entfalten soll, wenn bereits die Voraussetzungen der allgemeinen Kassenstaatsklausel des Art. 18 Abs. 1 DBA-DJK i.V.m. § 50d Abs. 7 EStG erfüllt sind.
Hinweis: Treaty override
Art. 18 Abs. 1 DBA-DJK setzt dem Kassenstaat Deutschland geleistete Dienste voraus. Hierzu konnte offen bleiben, ob dieses Tatbestandsmerkmal ein Dienstverhältnis zwischen dem Kassenstaat und dem Vergütungsgläubiger erfordert oder ob im öffentlichen Interesse liegende Dienstleistungen genügen. Denn für den Fall, dass ein unmittelbares Dienstverhältnis mit dem Kassenstaat gefordert wird, handelt es sich bei § 50d Abs. 7 EStG um einen sog. Treaty override. Die Regelung bringt hinreichend klar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber das Abkommen erforderlichenfalls überschreiben will (BFH v. 3.9.2020, I R 80/16, BStBl II 2021, 237).
BFH Urteil vom 08.09.2021 - I R 17/18 (veröffentlicht am 17.02.2022)
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