Leitsatz
Eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG kann nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Vorschriften ansonsten verfassungswidrig wären. Die Wirkung der durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 1 BvL 21/12 angeordneten Weitergeltung darf nicht unterlaufen werden.
Normenkette
§ 13a, § 13b ErbStG a.F., § 152 BewG
Sachverhalt
A hatte bis zum Ende des Jahres 2000 auf eigenen Grundstücken ein Einzelunternehmen betrieben und dort auch gewohnt. Die Kläger, seine Neffen, waren in diesem Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigt.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 8.12.2000 errichteten A mit einer Stammeinlage i.H.v. 700 EUR und die Kläger mit Stammeinlagen i.H.v. jeweils 37.150 EUR eine GmbH. Die Kläger wurden zu Geschäftsführern bestellt. Am 2.1.2001 verkaufte und übertrug A den Geschäftsbetrieb seines Einzelunternehmens sowie die zu seinem Betriebsvermögen gehörenden beweglichen Wirtschaftsgüter an die GmbH. Die Betriebsgrundstücke verpachtete er an die GmbH, und zwar unter Fortführung seines nunmehr auf die Verpachtung beschränkten Einzelunternehmens.
In einem gemeinschaftlichen Testament vom 27.1.2006 setzten sich A und seine Ehefrau gegenseitig zu Erben ein. Ein Vermächtnis auf den Tod des A sah vor, dass die beiden Kläger gegen eine Versorgungsrente zugunsten der überlebenden Ehefrau sowohl das Verpachtungsunternehmen als auch den Geschäftsanteil des A an der GmbH zu je hälftigem Miteigentum erhalten sollten.
Mit Vertrag vom 30.7.2012 übertrug A den Klägern in GbR im Hinblick auf deren "künftiges Erbrecht" die betrieblich genutzten Grundstücke gegen eine lebenslängliche Versorgungsrente; im Falle des Erstversterbens des A sollte der Witwe eine Versorgungsrente zustehen. Die GbR setzte die Verpachtung der Grundstücke an die GmbH fort. Im Jahr 2013 verstarb A.
Das FA stellte auf der Basis gesonderter Grundbesitzwertfeststellungen die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens auf den 30.7.2012 fest. Es nahm dabei an, dass die von A auf die GbR der Kläger übertragenen Grundstücke nicht als begünstigtes Verwaltungsvermögen anzusehen seien. Die Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.5.2018, 11 K 3401/16, Haufe-Index 11844740, EFG 2018, 1566).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht entschieden, dass die Summe der Werte des Verwaltungsvermögens bei dem Verpachtungsbetrieb des A unter Einbeziehung der an die GmbH verpachteten Grundstücke festzustellen gewesen sei. Bei den Grundstücken handle es sich um Verwaltungsvermögen, da sie i.S.v. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG a.F. an Dritte zur Nutzung überlassen seien. Die Rückausnahmen des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. griffen nicht ein.
Hinweis
1. Das BVerfG hat mit Urteil vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12 (BFH/NV 2015, 301, BStBl II 2015, 50, Haufe-Index 7505781) entschieden, dass §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, aber bis zu einer spätestens bis zum 30.6.2016 zu treffenden Neuregelung weiter anwendbar sind. Das Urteil hat gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13 Nr. 11 BVerfGG und Art. 100 Abs. 1 GGGesetzeskraft. Dies steht einer neuerlichen Vorlage an das BVerfG entgegen.
Bei der Auslegung der betroffenen Vorschriften darf die Fachgerichtsbarkeit – das FG und der BFH – verfassungsrechtliche Aspekte allenfalls noch berücksichtigen, wenn die Gesetzesauslegung unter Ausschöpfung der herkömmlichen Auslegungsmethoden Unklarheiten oder Zweifelsfragen aufwirft, die ggf. mithilfe verfassungsrechtlicher Erwägungen behoben werden können.
Eine teleologische Reduktion oder Erweiterung, die ausschließlich auf die anderweit gegebene Verfassungswidrigkeit gestützt wird, unterliefe die Wirkung der Weitergeltungsanordnung und wäre deshalb unzulässig. Die Weitergeltungsanordnung steht auch einer Aussage der Art entgegen, dass es zur Behebung der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften sachlicher Billigkeitsmaßnahmen bedürfe oder bedürfen könne.
2. Nach § 13b Abs. 2a Satz 1 ErbStG i.d.F. des Gesetzes vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) – ErbStG a.F. – stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige FA i.S.d. § 152 Nrn. 1 bis 3 BewG die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. und des jungen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. gesondert fest, wenn diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i.S.d. Vorschrift von Bedeutung sind. Der Erbschaftsteuer steht nach § 1 Abs. 1 ErbStG die Schenkungsteuer gleich.
3. Als steuerpflichtiger Erwerb bei einer Schenkung unter Lebenden gilt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist, u.a. nach § 13a ErbStG.
a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt unter den im Weiteren benannten Voraus...