Leitsatz
Dem EuGH wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Widerspricht es Art. 59 EGV, wenn der im Inland beschränkt steuerpflichtige Angehörige eines anderen Mitgliedstaats die Erstattung der auf seine inländischen Einnahmen entfallenden und im Weg des Steuerabzugs erhobenen Steuer nur dann beanspruchen kann, wenn die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben höher sind als die Hälfte der Einnahmen?
Normenkette
§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1990 , § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990 , § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 2 EStG 1997 , Art. 59 EGV , Art. 60 EGV (= Art. 49, Art. 50 EG)
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Portugal. Sie nahm im Streitjahr 1996 an einer in Deutschland, Irland und Großbritannien durchgeführten Tournee mit pferdesportlichen Darbietungen teil.
Sie beantragte beim Bundesamt für Finanzen nach § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 (i.V.m. § 52 Abs. 31 Satz 2) EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG die Erstattung der gem. § 50a Abs. 4 EStG 1990 in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung vom inländischen Vergütungsschuldner im Weg des Steuerabzugs einbehaltenen und abgeführten Körperschaftsteuer sowie des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags. Aufgrund der letztlich erklärten Einnahmen und Ausgaben, hinsichtlich derer noch das eine oder das andere unklar war und ist, errechnete sie im Ergebnis einen Verlust. Dazu gelangte die Klägerin allerdings nur deswegen, weil sie Anteile jener Gemeinkosten geltend machte, die ihr in Portugal entstanden waren. Das Bundesamt für Finanzen lehnte die Erstattung ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte zunächst die deutsche Rechtslage:
Die Klägerin sei als Kapitalgesellschaft portugiesischen Rechts ausschließlich in Portugal ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA?Portugal). In Deutschland habe sie weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung. Sie sei daher in Deutschland nur mit ihren inländischen Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 2 Nr. 1 KStG). Zu diesen Einkünften gehörten nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und Art. 17 Abs. 2 DBA Portugal) auch die in Rede stehenden gewerblichen Einkünfte aus den pferdesportlichen Darbietungen, die nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) dem Steuerabzug (i.H.v. 45 % gem. § 23 Abs. 1 KStG 1991) unterlägen.
Zwar komme grundsätzlich die Erstattung der einbehaltenen und angeführten Steuer in Betracht. Diese scheide de lege lata jedoch in der Tat aus, weil die der Klägerin entstandenen Kosten, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den inländischen Einnahmen aus pferdesportlichen Veranstaltungen standen, nicht höher als die Hälfte ihrer in Deutschland erzielten Einnahmen seien. Diese Grenze werde nur überschritten, wenn man die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten – mittelbaren – Gemeinkosten einbeziehe, was § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 2 EStG aber nicht zulasse.
Der BFH bezweifelt, dass die darin liegende Ungleichbehandlung gegenüber unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen es keine derartige Abzugsbeschränkung gibt, in Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten steht.
Hinweis
1. Zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften gehören nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG auch gewerbliche Einkünfte aus sportlichen Darbietungen. Solche Einkünfte unterliegen nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Steuerabzug. Allerdings gilt die Körperschaftsteuer mit diesem Steuerabzug unter der Voraussetzung nicht als abgegolten, dass die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben höher sind als die Hälfte der Einnahmen (§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 2 EStG 1997).
Der Steuerpflichtige kann dann nach amtlich vorgeschriebenem Muster die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beantragen. Die Steuer wird erstattet, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben übersteigt (§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 3 EStG 1997). Durch die Erstattungsmöglichkeit soll eine Überbesteuerung des beschränkt Steuerpflichtigen vermieden werden, wenn und soweit die Betriebsausgaben 50 % der Einnahmen übersteigen und der erzielte Gewinn entsprechend geringer ist.
2. Problematisch ist allerdings, ob die Beschränkung auf Ausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den betreffenden Einnahmen stehen, gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen ohne weiteres standhält. Dem könnte die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 59 EGV widersprechen. Gerade in seinem erst kürzlich ergangenen Urteil vom 12.6.2003, C-234/01 "Gerritse" (BFH-PR 2003, 343) hat der EuGH sich nachhaltig für die Beachtung des objektiven Nettoprinzips auch für beschränkt steuerpflichtige EG-Bürger ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund ist in der Tat nur schwerlich einzusehen, weshalb der Inlä...