Leitsatz

Für die Abgabe zubereiteter Speisen über die Ladentheke durch ein in einem Einkaufszentrum ansässiges Fast-Food Restaurant gilt der Regelsteuersatz, wenn dem Unternehmer ein Anspruch auf Mitbenutzung des von seinem Vermieter unterhaltenen gemeinsamen Sitz- und Verzehrbereichs zusteht und dieser sich in örtlicher Nähe zu den dort konzentrierten gastronomischen Betrieben befindet.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Fast-Food Restaurant in einem Einkaufszentrum in angemieteten Räumen. In diesem werden die Speisen zubereitet und über eine Verkaufstheke mittels Einwegverpackungen an die Kunden abgegeben. Angemietet ist auch eine Kundenstehfläche (1m Tiefe) ohne eigenen Sitz- und Verzehrbereich bzw. eigene Sanitäreinrichtung. Die angebotenen Speisen werden überwiegend nicht auf Einzelbestellung eines Kunden, sondern kontinuierlich entsprechend der allgemeinen Nachfrage zubereitet. Eine gastronomische Bedienung wird nicht bereitgestellt.

Laut Mietvertrag dürfen alle Kunden des Zentrums und Mieter den dem Einkaufszentrum gehörenden Sitz- und Verzehrbereich sowie dazugehörige Toiletten gemeinschaftlich nutzen. Die Kosten hierfür (Personal, Strom, Wasser, Spülküche) tragen die beteiligten Mieter im Verhältnis ihrer Ladenflächen.

Das Finanzamt unterwarf die oben genannten Restaurationsumsätze dem Regelsteuersatz.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG handelt es sich bei den oben genannten Fast-Food-Umsätzen der Klägerin nicht um ermäßigt zu besteuernde Lieferungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit der Anlage 2 zum UStG. Nach Art. 6 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 v. 15.3.2011 und der Rechtsprechung unterliegt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder von Getränken nur dann dem Regelsteuersatz, wenn damit zusammenhängend ausreichend unterstützende den sofortigen Verzehr ermöglichende Dienstleistungen erfolgen (sogenannte Restaurantdienstleistung). Zu diesen unterstützenden Dienstleistungen gehört z. B. auch die Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen vor Ort.

Verzehrvorrichtungen eines Dritten (hier des Einkaufszentrums) können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, selbst wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt waren. Etwas anderes gilt aber, wenn dem Leistenden durch den Dritten der Art nach ein Mitbenutzungsrecht an dessen Verzehrvorrichtungen zugestanden hat (BFH, Urteil v. 3.8.2017, V R 15/17 zur Abgabe von "Wiesnbrezn" in Festzelten nicht durch den Festzeltbetreiber).

Die Klägerin hatte vertraglich das Recht, ihren Kunden den Bereich im Einkaufszentrum zur Verfügung zu stellen, was dann auch – entsprechend der Erwartung der Verbraucher – geschah. Dass die Klägerin den Bereich nicht allein nutzen konnte, ist unerheblich. Zwar reicht allein die Möglichkeit einer bloßen Mitbenutzung von Sitzgelegenheiten und Tischen nicht aus, ausreichend ist aber, wenn – wie hier gegeben – ein Anspruch auf eine solche Mitbenutzung vertraglich eingeräumt ist. Vorliegend besteht in dem Einkaufszentrum als Gesamtkonzept ein "gastronomisches Zentrum". Die Sitzgelegenheiten und Tische sind ausschließlich zur Erleichterung des Verzehrs von Lebensmitteln bestimmt. Im unmittelbaren Bereich der Verzehrvorrichtungen des Einkaufszentrums befinden sich neben einer Eis-Verkaufsstelle nur Gastronomiebetriebe. Der Bereich bildet also das "gastronomische Zentrum" des Einkaufszentrums: Sitzgelegenheiten und Tische für die Klägerin und hier befindliche Verkaufsstätten, die alle über keinen eigenständigen Verzehrbereich verfügen. Dass der Bereich auch als Treffpunkt oder Wartebereich von anderen Personen als Kunden benutzt werden kann, ist von untergeordneter Bedeutung. Dazu lädt der eher einem Restaurant- oder Kantinenbereich ähnelnde Bereich von seiner Gestaltung her nicht zwingend ein. Auch sind die Öffnungszeiten auf Montag bis Sonntag und an Feiertagen 11.00 bis 21.00 Uhr begrenzt – eine Nutzung als Wartebereich über Zeiten darüber hinaus also nicht möglich.

 

Hinweis

Das FG hat sich eingehend mit BFH, Urteil v. 3.8.2017, V R 15/17 zur Abgabe von "Wiesnbrezn" in Festzelten durch eine andere Person als der Festzeltbetreiber (Dritter) auseinandergesetzt und die Revision nicht zugelassen. Zwischenzeitlich hat der BFH nach einer Nichtzulassungsbeschwerde die Revision zugelassen, Az beim BFH V R 42/20. Es ist daher fraglich, ob die Entscheidung des FG vor dem BFH Bestand haben wird. Die Finanzverwaltung hat mit Bezug auf das oben genannte BFH-Urteil Abschnitt 3.6 Absatz 5 UStAE insoweit ergänzt, "dass dem Essenslieferer die Verzehrvorrichtungen eines Dritten zuzurechnen sind, wenn der Essenslieferer daran ein Mitbenutzungsrecht in Form von Verfügungs- und Dispositionsmöglichkeiten hat" (BMF, Schreiben v. 22.4.2021, III C 2 -S 7210/19/10002 :005).

Überlässt dagegen der Dritte die Verzehrvorrichtungen vertraglich direkt an den Essenslieferer, ist dieses Dienstleistungselement beim speiseabgebenden Unternehmer stets im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen ...

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