Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Schul- und Hochschulunterricht, Gestellung von Lehrkräften, Personalüberlassung
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass sich die Wendung „die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung“ nicht darauf bezieht, dass ein Lehrer gegen Entgelt einer von dieser Vorschrift erfassten Lehreinrichtung zur Verfügung gestellt wird, in der er dann vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt. Dies gilt auch dann, wenn die die Lehrkraft zur Verfügung stellende Einrichtung selbst eine der Erziehung gewidmete Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung ist.
2. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388 in Verbindung mit Art. 13 Teil A Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die entgeltliche Gestellung eines Lehrers an eine Lehreinrichtung, in der dieser Lehrer dann vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt, eine von der Mehrwertsteuer befreite Tätigkeit in Form von im Sinne dieser Vorschrift mit dem Unterricht „eng verbundenen“ Dienstleistungen sein kann, wenn diese Gestellung das Mittel darstellt, um unter den bestmöglichen Bedingungen in den Genuss des als Hauptleistung angesehenen Unterrichts zu kommen, und ‐ was der nationale Richter zu prüfen hat ‐ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
‐ Sowohl die Hauptleistung als auch die mit der Hauptleistung eng verbundene Gestellung werden von in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i genannten Einrichtungen erbracht, wobei gegebenenfalls eventuell vom betreffenden Mitgliedstaat aufgrund von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a aufgestellte Bedingungen zu berücksichtigen sind.
‐ Die genannte Gestellung ist von solcher Art oder Qualität, dass ohne Rückgriff auf eine derartige Dienstleistung keine Gleichwertigkeit des Unterrichts der Zieleinrichtung und damit des ihren Studierenden erteilten Unterrichts gewährleistet wäre.
‐ Eine derartige Gestellung ist nicht im Wesentlichen dazu bestimmt, zusätzliche Einnahmen durch eine Tätigkeit zu erzielen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt wird.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i
Beteiligte
Stichting Regionaal Opleidingen Centrum Noord Kennemerland/West Friesland (Horizon College) |
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 02.12.2005; Abl.EU 2006, Nr. C 74/2) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Befreiungen ‐ Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und Abs. 2 ‐ Bei einer Lehreinrichtung beschäftigter Lehrer, der gegen Entgelt einer anderen Lehreinrichtung zur Verfügung gestellt wird“
In der Rechtssache C-434/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 2. Dezember 2005, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren
Stichting Regionaal Opleidingen Centrum Noord-Kennemerland/West-Friesland (Horizon College)
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. Klŭcka, J. N. Cunha Rodrigues und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Stichting Regionaal Opleidingen Centrum Noord-Kennemerland/West-Friesland (Horizon College), vertreten durch G. C. Bulk, advocaat, und A. van Dongen, adviser,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und P. van Ginneken als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch E. Mamouna, O. Patsopoulou, S. Trekli, K. Georgiadis und S. Spyropoulos als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und A. Weimar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. März 2007
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stichting Regionaal ...