Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Lieferung. Leistungsaustausch. Steuerbefreiung. Kreditgewährung. Tankkarten. Bereitstellung von Tankkarten. Vorlage zur Vorabentscheidung. Steuerrecht. Mehrwertsteuer. Richtlinie 2006/112/EG. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b. Lieferung von Gegenständen. Steuerbefreiungen für andere Tätigkeiten. Gewährung und Vermittlung von Krediten
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. b
Beteiligte
Vega International Car Transport and Logistic |
Vega International Car Transport and Logistic – Trading GmbH |
Dyrektor Izby Skarbowej w Warszawie |
Verfahrensgang
Naczelny Sąd Administracyjny (Polen) (Beschluss vom 23.11.2017; ABl. EU 2018, Nr. C 231/14) |
Tenor
Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Bereitstellung von Tankkarten durch eine Muttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaften, wodurch diese die Fahrzeuge, die sie überführen, mit Kraftstoff betanken können, als von der Mehrwertsteuer befreite Gewährung eines Kredits im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen) mit Entscheidung vom 23. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 28. März 2018, in dem Verfahren
Vega International Car Transport and Logistic – Trading GmbH
gegen
Dyrektor Izby Skarbowej w Warszawie
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, des Richters C. G. Fernlund und der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),
Generalanwalt: E. Tanchev,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Vega International Car Transport and Logistic – Trading GmbH, vertreten durch J. Pomorska-Porębska, Steuerberaterin,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).
Rz. 2
Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vega International Car Transport and Logistic – Trading GmbH mit Sitz in Österreich (im Folgenden: Vega International) und dem Dyrektor Izby Skarbowej w Warszawie (Direktor der Finanzkammer Warschau, Polen) über dessen Weigerung, Vega International die Mehrwertsteuer für den Kauf von Kraftstoff unter Verwendung von Tankkarten zu erstatten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 bestimmt:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;
…
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”.
Rz. 4
Art. 14 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:
„(1) Als ‚Lieferung von Gegenständen’ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
(2) Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:
…
c) die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission.”
Rz. 5
Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 lautet:
„Als ‚Dienstleistung’ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.”
Rz. 6
In Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 heißt es:
„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
…
b) die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber”.
Polnisches Recht
Rz. 7
Die Richtlinie 2006/112 wurde durch die Ustawa o podatku od towarów i uslug (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom 11. März 2004 (Dz. U. 2011, Nr. 177, Pos. 1054) in geänderter Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) in polnisches Recht umgesetzt:
Rz. 8
Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzes lautet:
„[Der Mehrwertsteuer unterliegen:] die entgeltliche Lieferung von Gegenständen und die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen im Inland.”
Rz. 9
Art. 7 Abs. 1 und 8 des Mehrwertsteuergesetzes sieht vor:
„1) Als Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über Gegenstände zu verfügen …
…
8) Wird die Lieferung desselben Gegenstands von mehreren Unternehmen in der Art vorgenommen, dass das erste Unternehmen diesen Gegenstand unmittelbar an den Erwerber am Ende der Reihe übergibt, so gilt d...