Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung und Verpachtung, Verlustabzug, Anwendung der degressiven AfA auf im Inland belegene Immobilien
Leitsatz (amtlich)
Art. 56 EG steht Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats über die Einkommensteuer entgegen, wonach das Recht gebietsansässiger und unbeschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen, Verluste aus Vermietung und Verpachtung einer Immobilie im Verlustentstehungsjahr von der Besteuerungsgrundlage abzuziehen und bei der Ermittlung der Einkünfte aus einer Immobilie eine degressive Abschreibung anzusetzen, von der Voraussetzung abhängt, dass die Immobilie im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegen ist.
Normenkette
EGVtr Art. 56
Beteiligte
Grundstücksgemeinschaft Busley / Cibrian |
Grundstücksgemeinschaft Busley und Cibrian Fernandez |
Finanzamt Stuttgart-Körperschaften |
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 22.01.2008; Aktenzeichen 6 K 234/07; Abl.EU 2008, Nr. C 92/15) |
Tatbestand
„Freier Kapitalverkehr ‐ Immobilien ‐ Einkommensteuer ‐ Abzugsfähigkeit der Verluste aus Vermietung von den zu besteuernden Einkünften eines Steuerpflichtigen ‐ Anwendung einer degressiven Abschreibung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ‐ Günstigere steuerliche Behandlung nur für im Inland belegene Immobilien“
In der Rechtssache C-35/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2008, in dem Verfahren
Grundstücksgemeinschaft Busley/Cibrian
gegen
Finanzamt Stuttgart-Körperschaften
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Grundstücksgemeinschaft Busley/Cibrian, vertreten durch Rechtsanwalt R. Busley,
‐ des Finanzamts Stuttgart-Körperschaften, vertreten durch H. Henzler als Bevollmächtigten,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und W. Mölls als Bevollmächtigte,
‐ der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. Bjørgan und L. Armati als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18 EG und 56 EG.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Busley und Herrn Cibrian Fernandez als Erbengemeinschaft und dem Finanzamt Stuttgart-Körperschaften (im Folgenden: Finanzamt) über die von diesem für die Jahre 1997 bis 2003 gewährte steuerliche Behandlung der Einnahmen aus einem in Spanien belegenen Haus, das die Kläger von ihren Eltern geerbt hatten.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. L 178, S. 5) bestimmt:
„Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert.“
Rz. 4
Zu dem in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Kapitalverkehr gehört unter Rubrik XI der Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter, der auch Erbschaften und Vermächtnisse umfasst.
Nationales Recht
Rz. 5
Nach § 2a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Jahren 1997 bis 2003 gültigen Fassung (im Folgenden: EStG) dürfen bestimmte Kategorien negativer Einkünfte mit Auslandsbezug nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat wie diese negativen Einkünfte ausgeglichen werden. Soweit die negativen Einkünfte nicht in dieser Weise ausgeglichen werden können, mindern sie die positiven Einkünfte der jeweils selben Art, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus demselben Staat erzielt. Die Minderung ist nur insoweit zulässig, als die negativen Einkünfte in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht berücksichtigt werden konnten. Zu diesen Kategorien zählen nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG negative Einkünfte aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem ausländischen Staat belegen sind.
Rz. 6
§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG sieht für Gebäude, die zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, ...