Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Dialysesammelbeutel aus Kunststoff, Urinsammelbeutel aus Kunststoff, Positionen 9018 und 3926
Leitsatz (amtlich)
Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif ist so auszulegen, dass ein aus Kunststoffen hergestellter Dialysebeutel, der speziell für die Verwendung zusammen mit einem Dialysegerät (künstliche Niere) konzipiert worden ist und nur in dieser Weise verwendet werden kann, von Mai 2001 bis Dezember 2003 als „Kunststoffe oder Ware daraus“ in Unterposition 3926 90 99 dieser Nomenklatur einzureihen war und dass ein Urinsammelbeutel, der aus Kunststoffen hergestellt und speziell für die Benutzung zusammen mit einem Katheter konzipiert worden ist und daher nur in dieser Weise verwendet werden kann, in demselben Zeitraum als „Kunststoffe oder Waren daraus“ in Unterposition 3926 90 99 dieser Nomenklatur einzureihen war.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Verfahrensgang
Hojesteret (Dänemark) (Urteil vom 08.03.2010; Abl.EU 2010, Nr. C 148/20) |
Tatbestand
„Gemeinsamer Zolltarif ‐ Tarifierung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Dialysesammelbeutel aus Kunststoff, die ausschließlich für Dialysegeräte (künstliche Nieren) bestimmt sind ‐ Urinsammelbeutel aus Kunststoff, die ausschließlich für Katheter bestimmt sind ‐ Positionen 9018 und 3926 ‐ Begriff ‚Teile‘ und ‚Zubehör‘ ‐ Andere Waren aus Kunststoffen“
In der Rechtssache C-152/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Højesteret (Dänemark) mit Entscheidung vom 8. März 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 31. März 2010, in dem Verfahren
Unomedical A/S
gegen
Skatteministeriet
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Unomedical A/S, vertreten durch A. Hedetoft und M. Andersen, advokater,
‐ der dänischen Regierung, vertreten durch B. Weis Fogh als Bevollmächtigte im Beistand von K. Lundgaard Hansen, advokat,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Bouyon als Bevollmächtigte im Beistand von Professor N. Fenger,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in ihren auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassungen (im Folgenden: KN) und insbesondere die Frage, welcher Sinn den Begriffen „Teile“ und „Zubehör“ in Kapitel 90 der KN beizumessen ist.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Unomedical A/S (im Folgenden: Unomedical) gegen das Skatteministeriet (dänisches Ministerium für Steuern), in dem es um die Tarifierung von Urinsammelbeuteln für Katheter und Sammelbeuteln für Dialysegeräte geht.
Rechtlicher Rahmen
Die KN
Rz. 3
Die KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), erarbeitet durch den Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, das durch das Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren, geschlossen in Brüssel am 14. Juni 1983 (im Folgenden: HS-Übereinkommen), und mit dem dazugehörenden Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigt worden ist.
Rz. 4
Die Allgemeinen Regeln zur Auslegung der KN sind in deren Teil I Titel I Abschnitt A enthalten. Sie sind identisch in allen auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassungen und bestimmen insbesondere:
„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:
1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und ‐ soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist ‐ die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.
…
6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und ‐ sinngemäß ‐ die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorsc...