Leitsatz

Polnische Wanderarbeitnehmer haben für ihre in Polen wohnhaften Kinder Kindergeldanspruch, wenn der Anspruch auf Familienbeihilfe in Polen ausgeschlossen ist (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Dieser Kindergeldanspruch ist auch nicht aufgrund der Regelungen in Art. 12 Abs. 2, 76 VO 1408/71/EWG oder Art. 7 Abs. 1, 10 VO 574/72/EWG zu kürzen.

 

Sachverhalt

Der Kläger begehrt die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine 1994 und 1996 geborenen und in Polen bei den Großeltern wohnenden Kinder in Höhe von monatlich je 154 EUR statt mit lediglich je 77 EUR festzusetzen. Mit der Begründung, dass auch ein Kindergeldanspruch in Polen bestehe, hatte die Familienkasse das Kindergeld nur in Höhe von je 77 EUR mtl. festgesetzt. Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, dass weder die Ehefrau noch die Großeltern einen Anspruch auf Familienleistungen in Polen hätten. Die Familienkasse vertritt dagegen weiter die Auffassung dass Kindergeld nur in Höhe von je 77 EUR monatlich zu gewähren sei.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG hat der Kläger für seine beiden Kinder Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 154 EUR, weil der Anspruch auf Kindergeld nicht durch § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen ist. Nach Feststellungen des FG bestand in Polen für die Kinder kein mit dem Kindergeld nach § 31 EStG vergleichbarer Anspruch. Mit dem Kindergeld i. S. von § 31 EStG ist nur das Familiengeld vergleichbar, weil es allgemein und regelmäßig gezahlt wird. Ein Anspruch auf Familiengeld bestand während des Streitzeitraums jedoch nur, wenn das Einkommen pro Familienmitglied nicht höher war als 504 PLN. Diese Einkommensgrenze überschreitet die Familie des Klägers für den gesamten Streitzeitraum, da der Kläger während dieses Zeitraumes Sozialleistungen in Höhe von mindestens 747 EUR monatlich bezogen hat. Damit war ein Anspruch auf Familiengeld in Polen ausgeschlossen. Eine Kürzung des Kindergeldanspruches war auch nicht aufgrund der Regelungen in Art. 76 VO Nr. 1408/71 oder Art. 10 VO Nr. 574/72 vorzunehmen, weil in Polen kein Anspruch auf Familiengeld bestand. Die Festsetzung von Kindergeld in Höhe der Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Betrags lässt sich auch nicht auf Art. 12 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 i. V. mit Art. 7 Abs. 1 VO Nr. 574/72 stützen, weil keine Rechtsvorschriften zweier Mitgliedstaaten eingreifen, nach denen die geschuldeten Leistungen gegenseitig gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen werden können.

 

Hinweis

Das Urteil des FG ist rechtskräftig. Betroffene Eltern sollten daher in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf dieses Urteil die Festsetzung des vollen Kindergeldes beantragen.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2008, 10 K 1462/07 Kg

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