Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungserlös aus dem Verkauf sog. derivativ einbringungsgeborener Anteile
Leitsatz (redaktionell)
1. Gehen stille Reserven von Gesellschaftsanteilen, die durch Sacheinlage gemäß § 20 Abs. 1 UmwStG erworben worden sind (einbringungsgeborene Alt-Anteile), bei einer Kapitalerhöhung auf junge, durch Bareinlage erworbene Anteile des nämlichen Gesellschafters über, bleiben diese Reserven steuerverhaftet.
2. Auch diese jungen Anteile sind im Sinne des § 21 Abs. 1 UmwStG durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG) erworben, soweit sich die Anteile vermittels des dem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft zustehenden Bezugsrechts von einbringungsgeborenen Altanteilen ableiten.
3. Kommt es bei einer Kapitalerhöhung zu einem Ausgabekurs, der unter dem Wert des Gesellschaftsanteils liegt, verlieren die alten Anteile im Wege der Abspaltung an Substanz, die sich in den jungen – derivativ- einbringungsgeborenen Anteilen fortsetzt. Dieser abgespaltenen Substanz haftet die Steuerverstrickung nach § 21 UmwStG an.
Normenkette
EStG § 16; UmwStG § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob im Jahr 1995 verkaufte Aktien einbringungsgeborene Anteile waren und der erzielte Veräußerungsgewinn somit zu versteuern ist.
Der Veräußerung liegt die folgende Entwicklung zugrunde:
Bis 1984 war der Kläger (Kl.) Gesellschafter der –A– GmbH, die in –Y– bereits seit vielen Jahren eine … fabrik betrieb. Er hielt 50 % des Stammkapitals, die andere Hälfte stand seinem Bruder B.Z. zu. Die GmbH fungierte als Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Besitzgesellschaft war die Firma –Z– Grundstücksgesellschaft (GbR), deren Alleingesellschafter wiederum die Gebrüder –Z– waren. Im Juni 1984 wurde die rechtliche Struktur des Unternehmens vollkommen neu geordnet. Das Stammkapital der –A– GmbH wurde durch Bildung von zwei neuen Stammeinlagen von je 300.000 DM von 6 Mio. DM auf 6,6 Mio. DM erhöht. Die Gebrüder –Z– leisteten ihre Einlagen dadurch, dass sie ihre Beteiligungen an der –Z– Grundstücksgesellschaft als Sacheinlage einbrachten. Die –A– GmbH wurde sodann zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Firma der Gesellschaft lautet seitdem –A– Aktiengesellschaft (im Folgenden: die AG). Das Grundkapital der AG in Höhe von 6,6 Mio. DM war laut Satzung eingeteilt in 132.000 Inhaberaktien im Nennbetrag von 50 DM.
Mit Beschluss der Hauptversammlung vom…1984 wurde das Grundkapital um 6,9 Mio. DM auf 13,5 Mio. DM erhöht. Vor der Kapitalerhöhung belief sich der gemeine Wert der (Alt-) Anteile auf 35.772.000 DM. Zur Kapitalerhöhung wurden der Kl. und sein Bruder zugelassen, diese übernahmen die neuen Aktien gegen Bareinzahlung je zur Hälfte. Der Kl. besaß nach der Kapitalmaßnahme 135.000 Aktien im Nennwert von 6,75 Mio. DM. Obgleich die Kapitalerhöhung nach Tz. 66 des damals geltenden Umwandlungssteuererlasses (BMF-Schreiben vom 16.06.1978 IV B 2 – S 1909 – 8/78, BStBl I 1978, 235) die Versteuerung der auf die Junganteile übergehenden stillen Reserven nach sich zog, kam diese Regelung unter Umständen, die zwischen den Beteiligten streitig sind, im Ergebnis nicht zur Anwendung. In der Folgezeit – der genaue Zeitpunkt ist unklar – erfassten die steuerlichen Berater des Kl. jedenfalls die 66.000 Altaktien buchmäßig in einem Anteilsbesitz I – einbringungsgeborene Anteile – und die 69.000 jungen Aktien in einem Anteilsbesitz II – nicht einbringungsgeborene Anteile. Hieraus ergab sich ein Verhältnis von 66/135: 69/135, das die steuerlichen Berater bei künftigen Kapitalerhöhungen und Verkäufen zugrunde legten.
Im Juli 1985 wurde das Kapital der AG aus Gesellschaftsmitteln um 1,5 Mio. DM auf 15 Mio. DM erhöht. Die Zuordnung der jungen Aktien zu den beiden Anteilsbesitzen nahmen die Steuerberater des Kl. nach dem eben erwähnten Verhältnis vor.
Die außerordentliche Hauptversammlung der AG änderte mit Beschluss vom…1985 die Satzung der Gesellschaft dahingehend, dass das Grundkapital in zwei Aktien zu je 7,5 Mio. DM eingeteilt wurde. Bereits zwei Tage später nahm die Hauptversammlung eine neuerliche Satzungsänderung vor. Das Kapital war hiernach in 153.000 Stammaktien und 147.000 Vorzugsaktien eingeteilt. Nach wie vor standen alle Aktien im Eigentum der Gebrüder –Z–.
Die Folgezeit war gekennzeichnet durch mehrfache Erhöhungen des Grundkapitals und die sukzessive Veräußerung von Aktien im Zuge des Börsengangs der AG. Die erforderlichen Eintragungen in das Handelsregister wurden, wie in den Vorjahren, jeweils vorgenommen. Im einzelnen:
- • In den Jahren 1985 und 1986 veräußerten der Kl. und sein Bruder ihre gesamten 147.000 Vorzugsaktien. Sie waren anschließend am Grundkapital der AG noch zu 51 % beteiligt.
- • 1988 wurde das Grundkapital der AG aus Gesellschaftsmitteln um 7,5 Mio. DM auf 22,5 Mio. DM erhöht. Die Gebrüder –Z– hielt...