Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Tenor
1. Der Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Sohn … vom 30. April 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1997 werden dahingehend geändert, daß die Festsetzung des Kindergelds ab 1. Juni 1997 aufgehoben wird.
2. Dem Beklagten werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld für das zweite Kind in Höhe von DM 220 nach § 66 Abs. 1 und 2 EStG für den Mai 1997 vorlagen.
Das zweite Kind des Klägers (Kl), der Sohn … war im Wintersemester 1996/97 an der Universtät … immatrikuliert im Fach … Nachdem der Sohn des Kl den ersten Teil der Diplomprüfung für den Diplom-Studiengang … bestanden hatte (§§ 27–29 Abs. 1 der Diplomprüfungsordnung für den Diplom-Studiengang … an der Universtät … vom 29. März 1994 – DiplO –) wurde von ihm im Rahmen des zweiten Teils der Diplomprüfung (§§ 31–34 DiplO) am 23. April 1997 die Diplomarbeit beim Prüfungsausschuß abgeliefert. Mit Datum vom 5. Mai 1997 erhielt er von der Universität eine Bescheinigung, daß die schriftliche Arbeit mit „sehr gut” bewertet worden sei. Am 7. Mai 1997 wurde dem Sohn des Kl der Grad eines „Dipl.-… Univ.” verliehen. Nachdem der Kl dem Beklagten (Bekl) mit Schreiben vom 28. April 1997 am 29. April 1997 angezeigt hatte, daß der Sohn … alle Prüfungen abgelegt, seine Diplomarbeit am 23. April 1997 abgegeben habe und nach Korrektur dieser Arbeit voraussichtlich im Juni 1997 sein Diplomzeugnis erhalten werde, erließ der Bekl gegenüber dem Kl am 30. April 1997 einen Bescheid, mit welchem die Kindergeldfestsetzung im Sinne des § 78 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab 1. Mai 1997 aufgehoben wurde.
Gegen den Aufhebungsbescheid vom 30. April 1997, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, legte der Kl form- und fristgerecht Einspruch ein, der vom Bekl mit Entscheidung vom 22. Mai 1997, auf die wegen der Einzelheiten hingewiesen wird, als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kl, vertreten durch seine Prozeßbevollmächtigten, form- und fristgerecht Klage. Diese bringen vor, der Sohn des Kl sei bis zum Zugang des Schreibens vom 5. Mai 1997 in Berufsausbildung gewesen. Aus § 34 Abs. 3 DiplO ergebe sich, daß die Ausbildung nicht mit der Abgabe der Diplom-Arbeit abgeschlossen gewesen sei, weil bei einer Bewertung der eingereichten Diplomarbeit mit nicht ausreichend die Prüfung wiederholt werden könne. Erst mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses sei daher die Berufsausbildung abgeschlossen, weil ein Student damit rechnen müsse, daß seine Arbeit als „nicht ausreichend” gewertet werden könnte. Dieser Umstand zwinge den Studenten und somit auch den Sohn des Kl. sein Wissen weiterhin auf neuestem Stand zu halten. Solange habe er keine gesicherte Rechtsposition auch dann, wenn er nach seinen bisherigen Leistungen habe davon ausgehen können, daß seine Arbeit anerkannt werden würde. Erst nach der endgültigen Bewertung der Diplom-Arbeit erfolge die Festsetzung der Gesamtnote und werde nach der Prüfungsordnung innerhalb von 8 Wochen über die bestandene Diplom-Prüfung ein Zeugnis ausgestellt. Aus der Prüfungsordnung ergebe sich somit, daß erst mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses die Hochschulausbildung abgeschlossen sei. Hieran ändere auch § 37 letzter Satz der Prüfungsordnung nichts, wonach als Tag des Bestehens der Prüfung der Tag der Abgabe der Diplom-Arbeit anzugeben sei. Hierdurch werde lediglich zeitlich festgelegt, wann der Student alle notwendigne Leistungen zum Bestehen der Prüfungen erbracht habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 23. Juni 1997 sowie die Schriftsätze vom 25. Juni 1997, 11. Juli 1997 und 22. September 1997 Bezug genommen.
Der Kl beantragt,
unter Aufhebung des Aufhebungsbescheids vom 30. April 1997 und der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1997 die nach § 78 Abs. 1 Satz 1 für den Sohn … geltende Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom 1. Juni 1997 aufzuheben.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und bringt vor, der Sohn des Kl sei nach Einreichung der Diplom-Arbeit nicht mehr in Berufsausbildung gewesen, weil die Ausbildung die Zeit und Arbeitskraft des Sohnes … nicht mehr überwiegend in Anspruch genommen habe. Denn die Prüfung sei mit der Einreichung der Diplomarbeit abgelegt gewesen. Unter Ablegung der Prüfung sei die Erbringung der letzten Prüfungsleistung zu verstehen und nicht erst die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Dies ergebe sich auch aus den Prüfungszeugnissen, wo zumeist die Formulierung gewählt werde, „… hat die Prüfung am … abgelegt/bestanden”, wobei als Datum der Tag der mündlichen Prüfung oder der Tag der Abgabe der Diplomarbeit eingefügt werde, je nachdem, welche Prüfungsleistung zuletzt erbracht werde. Auch die Hochschulen sähen ein Studium am Erbringen der letzten Prüfungsleistung (mündliche Prüfung, Abgabe der Diplomarbeit, Präsentation...