Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Beendigung der Berufsausbildung bei Hochschulstudium

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Universitätsstudium ist erst mit dem Abschluss des in der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungsverfahrens beendet. Hierzu gehört auch die Feststellung, dass der Prüfungsteilnehmer die Prüfung bestanden hat, und dass ihm offiziell das Prüfungsergebnis bekannt gegeben wird. Dass ein Kind bereits nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung im Vertrauen auf eine bestandene Diplomprüfung eine Vollzeitstelle angenommen und hierfür seine Arbeitskraft und Zeit eingesetzt hat, ist unerheblich.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, S. 2, § 63 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.05.2000; Aktenzeichen VI R 143/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der in 1970 geborene Sohn des Klägers studierte an der Universität Betriebswirtschaftslehre -BWL-. Im Rahmen der Diplomprüfung reichte er am 30. April 1998 die Diplomarbeit beim Prüfungsamt ein und erbrachte hiermit die letzte Prüfungsleistung. Das Prüfungsergebnis wurde ihm am 9. Juli 1998 mittels einer vorläufigen Bescheinigung des Gemeinsamen Prüfungsausschusses der Universität vom 9. Juli 1998 mitgeteilt, das Diplom am Ende des Jahres nach den satzungsrechtlichen Vorschriften unter dem Datum „30. April 1998” verliehen.

Anfang 1998 hatte der Kläger dem Beklagten mitgeteilt, daß sein Sohn ab Februar 1998 zunächst im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung bei der Stadtsparkasse tätig sei und monatliche Einnahmen von 673.44 DM erziele und ab dem 1. Mai 1998 dort als vollbeschäftigter Angestellter mit einer monatlichen Bruttovergütung von 3.415,01 DM weiterbeschäftigt werde. Ferner hatte er den Beklagten darüber informiert, daß die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses nicht vor dem 1. Juli 1998 erfolgen werde. Daraufhin ging der Beklagte von einen Ausbildungszeitraum von Januar bis einschließlich Juli 1998 aus und prognostizierte hierauf entfallende Einkünfte und Bezüge des Sohnes von 14.288 DM. Neben den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigte er u. a. für die Monate Januar bis April 1998 gewährte Studienbeihilfen von insgesamt 2.000 DM sowie Kapitaleinnahmen von 1.078 DM. Wegen Überschreitung der (anteiligen) Einkunftsgrenze von 7.210 DM hob er mit Bescheid vom 18. März 1998 die Kindergeldfestsetzung rückwirkend ab 1. Januar 1998 auf und forderte einen Betrag von 660 DM zurück.

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch, mit dem er u. a. unter Hinweis auf die vorläufige Bescheinigung vom 9. Juli 1998 geltend machte, die Berufsausbildung sei bereits am 30. April 1998 beendet worden. Berufsausbildung liege nur dann vor, wenn die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch genommen werde. Da sein Sohn ab dem 1. Mai 1998 eine Vollzeitstelle angetreten habe, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Demnach sei hier von einem Ausbildungszeitraum bis einschließlich April 1998 auszugehen und nur für diesen Zeitraum seien Einkünfte und Bezüge seines Sohnes zu ermitteln. Bei dieser Berechnung seien u. a. Werbungskosten von 772,02 DM zu berücksichtigen, so daß von Einkünften und Bezügen in Höhe von insgesamt 3.874 DM auszugehen sei. Die für vier Monate zu berechnende Einkunftsgrenze von 4.120 DM sei damit nicht überschritten. Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18. August 1998 als unbegründet zurück. Nach seiner Auffassung befand sich der Sohn bis zur offiziellen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und daher bis Ende Juli in Berufsausbildung. Für diesen Zeitraum habe der Kläger aber keinen Anspruch auf Kindergeld, weil die hierauf entfallenden Einkünfte und Bezüge des Sohnes (nunmehr 12.378 DM) die maßgebliche Einkunftsgrenze erheblich überschritten.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, daß als Beendigung der Berufsausbildung nicht die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, sondern vielmehr die Ableistung des letzten Prüfungsteils anzusehen sei, wenn der Student hiernach eine Vollzeitstelle antrete. Dies entspreche dem Grundgedanken der Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs -DA-, die davon ausgehe, daß es regelmäßig dem Hochschulabsolventen kaum möglich sein werde, sich vor Unterrichtung über das Prüfungsergebnis um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Das sei hier aber nicht der Fall. Außerdem sehe die DA vor, daß bei einer unangemessenen Verzögerung des Prüfungsverfahrens auf die Ableistung der letzten Prüfungsleistung abzustellen sei. Bei Abgabe der Diplomarbeit habe sein Sohn, der weitere Prüfungsleistungen bereits während seines Studiums erbracht gehabt habe, damit gerechnet, daß er die Diplomprüfung erfolgreich abschließen werde. Zur Begründung hat er eine Bescheinigung des Vorsitzenden des Gemeinsamen Prüfungsausschusses für u. a. den Diplomstudiengang BWL (Universität) vom 28. April 1999 vorgelegt. Hierin wird u. a. bestätigt, daß Prüfungsleistungen studien...

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