Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerverkürzung durch Beamten. Beabsichtigte Information des Dienstvorgesetzten durch die Strafverfolgungsbehörde. Rechtsweg. Einstweilige Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Einem Beamten ist der Finanzrechtsweg eröffnet, wenn die Strafverfolgungsbehörde nach Abschluss des Steuerstrafverfahrens seinen Dienstvorgesetzten über die begangene Steuerverkürzung informieren möchte.
2. Die Strafverfolgungsbehörde ist zur Weitergabe von Informationen über die begangene Steuerverkürzung an den Dienstvorgesetzten nicht befugt, wenn dieser die Erkenntnisse im Rahmen einer disziplinarischen Maßnahme gegen den Beamten angesichts des Steuerschadens von rund 10.000 EUR, teilweise bereits eingetretener Strafverfolgungsverjährung sowie wirksam erstatteter Selbstanzeige wegen des nicht erheblichen disziplinaren Gewichts nicht verwerten könnte.
Normenkette
FGO §§ 114, 33 Abs. 2-3; AO §§ 5, 30 Abs. 1, 4 Nr. 5, § 386 Abs. 1; BRRG §§ 125c, 126 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung einer erstinstanzlichen Entscheidung in einer noch zu erhebenden Hauptsacheklage untersagt, dem Dienstvorgesetzten der Antragstellerin Mitteilung über die im Strafverfahren XXXXX gewonnenen Erkenntnisse zu machen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist Beamtin der Finanzverwaltung.
Neben ihrer dienstlichen Tätigkeit übte sie eine freiberufliche Tätigkeit als Dozentin aus, durch die sie seit 1997 von verschiedenen Auftraggebern Honorare erzielte, die zu Einnahmen und Einkünften aus selbstständiger Arbeit in 2001 in Höhe von XXXXX DM bzw. XXXXX DM, in 2002 in Höhe von XXXXX EUR bzw. XXXXX EUR, in 2003 in Höhe von XXXXX EUR bzw. XXXXX EUR und in 2004 in Höhe von XXXXX EUR bzw. XXXXX EUR führten. Von diesen Einnahmen hatte die Antragstellerin in ihren Einkommensteuererklärungen zunächst nur XXXXX DM in 2001, XXXXX EUR in 2002, XXXXX EUR in 2003 und XXXXX EUR in 2004 erklärt. Die Einkommensteuerveranlagungen 1997 bis 2003 wurden – offenbar erklärungsgemäß – durchgeführt. Die Einkommensteuererklärung 2004 ging am 26.06.2006 beim Antragsgegner ein und wurde zunächst noch nicht veranlagt.
Vorliegende Kontrollmitteilungen (die jedoch nur einen Bruchteil der erklärten Einnahmen auswiesen) gaben dem für die Antragstellerin zuständigen Finanzamt L Anlass, zu den Nebeneinkünften Anfragen an die Antragstellerin zu richten. Daraufhin erklärte diese am 02.07. und 12.08.2006 die bisher noch nicht erklärten Nebeneinkünfte der Jahre 1997 bis 2004 nach. Das Finanzamt L erließ in der Folge geänderte Einkommensteuerbescheide, für die Jahre 2001 bis 2004 am 14.09.2006. Die darin enthaltenen Abrechnungen wiesen nur für die Jahre 2001 und 2002 Nachzahlungen aus, im Übrigen Guthaben.
Am 13.09.2006 leitete das Finanzamt L das Strafverfahren wegen Einkommensteuer 1997 bis 2004 ein und gab den Vorgang an den Antragsgegner ab. Dieser stellte am 29.09.2006 das Strafverfahren wegen der Jahre 1997 bis 2000 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung – StPO – wegen eingetretener Strafverfolgungsverjährung ein. Für die Jahre 2001, 2003 und 2004 stellte er das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 371 Abgabenordnung – AO – ein, da zu diesem Zeitpunkt auch die Einkommensteuer 2001 getilgt war. Mit Verfügung vom 09.10.2006 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin die Einleitung des Strafverfahrens mit und gab ihr auf, die noch offene Einkommensteuer 2002 bis zum 18.10.2006 zu tilgen. Ferner kündigte er an, dem Dienstvorgesetzten der Antragstellerin Mitteilungen über ihre Verfehlungen zu machen.
Die Einkommensteuer 2002 wurde fristgerecht gezahlt, worauf der Antragsgegner am 21.12.2006 das Strafverfahren einstellte.
Gegen die beabsichtigte Mitteilung an den Dienstvorgesetzten erhob die Antragstellerin am 11.12.2006 gegenüber dem Antragsgegner Einwendungen, die dieser unter Hinweis auf Textziffer – Tz. – 8.6 des Anwendungserlasses zu § 30 AO zurückwies, da die Antragstellerin zum Teil Steuerverkürzungen von mehr als 2.500,00 EUR pro Jahr bewirkt habe.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 26.02.2007 bei Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie macht geltend, es habe allenfalls für das Jahr 2002 Anlass bestanden ein Strafverfahren einzuleiten. Für dieses Jahr sei der Betrag von 2.500,00 EUR verkürzter Steuer nur geringfügig überschritten worden. Dieser Betrag sei unangemessen niedrig. Der Erlassgeber unterscheide auch zu Unrecht nicht danach, ob die Steuerverkürzung durch eine Selbstanzeige oder auf anderem Wege aufgedeckt worden sei. Ferner sei der Betrag, der bereits seit Jahren in ähnlicher Größenordnung verfügt worden sei, der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen. Die Auffassung des Antragsgegners führe dazu, dass Beamte faktisch von der Möglichkeit eine strafbefreiende Selb...