Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldberechtigung bei Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG. keine Erzielung inländischer Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Tätigkeit im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch bei Anwendung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung „nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig” nur für die Kalendermonate vor, in denen der Anspruchsteller Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen.
2. Die Familienkasse kann keine unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG annehmen, wenn keine entsprechende Bescheinigung des Finanzamts vorliegt oder keine Veranlagung in diesem Sinne vorgenommen wurde. Die Prüfung, ob inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG in den entsprechenden Monaten des Streitzeitraums erzielt worden sind, obliegt aber weiterhin der Familienkasse bzw. dem Finanzgericht.
3. War der Anspruchsteller im Streitzeitraum ausschließlich im Ausland (hier Belgien) und gerade nicht im Inland und damit an seiner inländischen Betriebsstätte gewerblich tätig, hat er keine Einkünfte gemäß § 49 EStG erzielt und ist damit nicht kindergeldberechtigt.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 49; EGV Nr. 883/2004 Art. 11 Abs. 3 Buchst. a, Art. 68 Abs. 2 S. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger Kindergeld für den Streitzeitraum zusteht.
Der Kläger ist Vater des am 26.11.1998 geborenen B…, der am 05.11.1999 geborenen C… und der am 11.05.2013 geborenen D… (Bl. 8 bis 9 Kindergeldakte –KGA–).
Am 24.01.2008 meldete der Kläger einen Betrieb Trockenbau sowie Bodenleger, Holz- und Bautenschutz, Fliesenleger, Einbau von genormten Fertigteilen gewerberechtlich an (Bl. 12 KGA). Einen Wohnsitz in Deutschland meldete er am 22.01.2008 unter der Anschrift E…-straße in F… an. Der Kläger legte die letzte Seite eines Untermietvertrages mit seinem Schwiegervater Herrn G…, der in diesem Vertrag als Hauptmieter bezeichnet wird, vor (Bl. 11 KGA). Des Weiteren legte er eine Erklärung des Herrn G… vom 10.01.2018 vor, dass sein Schwiegersohn sein Mitbewohner sei und regelmäßig seinen Mietanteil in Höhe von 200,00 EUR an ihn entrichte. Aus der Vermieterbescheinigung, in der Herr G… als Vermieter genannt ist, ergibt sich, dass die Wohnung 57 m² groß ist und ausschließlich zu Wohnzwecken vermietet wird (Bl. 307 KGA).
Am 10.09.2013 beantragte der Kläger erstmals Kindergeld, wobei er angab, verheiratet (und nicht dauernd getrennt lebend) zu sein und dass seine Ehefrau mit den Kindern in Polen lebt. Die Ehefrau war im Streitzeitraum selbst erwerbstätig (Bl. 3, 127 KGA). Die Ehefrau stimmte der Gewährung des Kindergelds an den Kläger zu. Der Kläger legte einen Bescheid einer polnischen Behörde (Gemeindeverwaltung) vom 13.08.2013 vor, wonach kein Antrag auf Kindergeld in Polen gestellt wurde (Bl. 22 KGA). Mit Bescheiden jeweils vom 24.06.2015 gewährte die Familienkasse H… dem Kläger Kindergeld für die Kinder B… und C… für das Jahr 2009 und ab Januar 2010 bis einschließlich April 2013 (Bl. 92-93 KGA) und für alle drei Kinder ab Mai 2013 bis November 2016 (Bl. 95 bis 97 KGA).
Mit Schreiben vom 16.10.2017 (Bl. 188 KGA), 23.10.2017 (Bl. 239 KGA), 22.12.2017 (Bl. 276 KGA) und 13.04.2018 (Bl. 339 KGA) forderte die Beklagte den Kläger auf, Kopien der Rechnungen (inkl. Leistungszeitraum und Leistungsort) für den Zeitraum Juli 2015 bis Dezember 2015 und Kontoauszüge über den Erhalt der Rechnungsbeträge einzureichen. Der Kläger reichte die Rechnungen 03/2015 (Bl. 394 KGA) vom 01.07.2015 (Leistungszeitraum 13.05.2015 bis 30.06.2015), 05/2015 (Bl. 395 KGA) vom 03.11.2015 (Leistungszeitraum 01.10.2015 bis 27.10.2015) und 06/2015 (Bl. 396 KGA) vom 19.12.2015 (Leistungszeitraum 05.11.2015 bis 18.12.2015) ein, auf welchen Arbeiten auf einer Baustelle in Belgien abgerechnet wurden. Adressat der Rechnungen war in allen Fällen die I… sprl (J…-straße, K…).
Aus den Erläuterungen in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 ergibt sich, dass die Veranlagung nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz –EStG– erfolgte (Bl. 232 f. KGA).
Mit Bescheid vom 18.06.2018 hob die Beklagte die bisherige Kindergeldfestsetzung für die Monate Juli 2015 bis Dezember 2015 auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 3.420,00 EUR zurück (Bl. 353 ff. KGA).
Hiergegen legte der Kläger am 13.07.2018 Einspruch (Bl. 401 f. KGA) ein, reichte die angeforderten Kontoauszüge aber weiterhin nicht ein.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20.08.2018 wies die Beklagte den Einspruch zurück (Bl. 427 ff. KGA).
Daraufhin hat der Kläger am 24.09.2018 Klage erhoben (Bl. 1 ff. Gerichtsakte –GA–).
Der Kläger macht geltend, ihm stehe das streitgegenständliche Kindergeld zu. Er habe im Streitzeitraum seinen Wohnsitz in Deutschland geh...