Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Fonds. Schadensersatz wegen Prospekthaftung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rückabwicklung einer Beteiligung setzt voraus, dass die Vertragspartner darüber übereinkommen, dass das ursprüngliche Erwerbsgeschäft keinen Bestand haben soll und dass die gegenseitig erbrachten Leistungen vollständig zurückzugewähren sind. Daran fehlt es, wenn die Anteile nicht an den ursprünglichen Vertragspartner, sondern an einen Dritten übertragen werden.
2. Eine Zahlung, die ein Kommanditist einer gewerblich tätigen Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG als „Schadensersatz” wegen Prospekthaftung Zug um Zug gegen die Abtretung der Beteiligung nebst sämtlicher Rechte daraus erhält, führt nicht zu Einkünften aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die Anteile im Zeitpunkt der Übertragung objektiv wertlos waren.
3. Die Schadensersatzzahlung kann keiner Einkunftsart i. S. v. § 2 Abs. 1 EStG zugeordnet werden, wenn sie auf einer Schädigung beruht, die vor Begründung der Mitunternehmerstellung erfolgt ist.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1, § 22 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Einkommenbesteuerung 2010 vom 17.04.2014 betreffend die Beteiligung des Klägers als Kommanditist an der am 04.03.2011 im Handelsregister gelöschten B… GmbH & Co. KG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 wird dahingehend geändert, dass die im Jahr 2010 von der D… Bank AG an den Kläger geleistete Schadensersatzleistung nebst Zinsen und die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben des Klägers bei ihm nicht als Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Die Berechnung des festzustellenden Betrages wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Der Kläger war – neben weiteren 259 Personen – als Kommanditist an der gewerblich tätigen B… GmbH und Co. KG (im Folgenden: GmbH & Co. KG) beteiligt. Er hielt die Beteiligung in seinem Privatvermögen. Die Beteiligung war durch Vermittlung der D… Bank AG unter Verwendung eines von der C… GmbH erstellten Beteiligungsprospektes zustande gekommen. Aufgrund von fehlerhaften Angaben in dem verwendeten Prospekt erstritt der Kläger in der Folgezeit Schadensersatzleistungen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gegen die D… Bank AG, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung an der GmbH & Co. KG. Am 04.03.2011 wurde die Löschung der GmbH & Co. KG im Handelsregister eingetragen.
Im Feststellungsbescheid für das Jahr 2010 vom 17.4.2014 berücksichtigte der Beklagte Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe der Schadensersatzleistung nebst Zinsen, so dass sich abzüglich der berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ergab. Dagegen wandte sich der Kläger – neben acht weiteren Personen – mit seinem Einspruch und machte geltend, dass der Schadensersatz als Veräußerung des Gesellschaftsanteils nach §§ 16, 34 Einkommensteuergesetz – EStG – zu behandeln sei. Dem entsprechend seien die Zinsen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen. Angesichts der zivilgerichtlichen Urteile habe es keiner förmlichen Übertragung der Geschäftsanteile auf die D… Bank AG bedurft. Die Erwerberperspektive sei ohnehin ohne Bedeutung, weil nach § 16 EStG nicht nur die Veräußerung, sondern auch die Aufgabe eines Betriebs begünstigt sei.
Der Beklagte verband im Einspruchsverfahren die Einsprüche des Klägers und der weiteren Einspruchsführer und zog 25 Gesellschafter hinzu, denen aus gleichen Gründen wie dem Kläger und den weiteren Einspruchsführern Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben zugerechnet worden waren. Mit der einheitlichen Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 wies der Beklagte unter anderem den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger als Mitunternehmer der GmbH & Co. KG gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG erzielt habe. Diese Einkünfte beschränkten sich nicht nur auf den Gewinnanteil und die in der Norm ausdrücklich aufgeführten Vergütungen, sondern erfassten alle Einnahmen die ihre Veranlassung in der Betei...