Entscheidungsstichwort (Thema)
Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen einer von privater, nicht gemeinnütziger GmbH betriebenen Jugendbegegnungsstätte nicht umsatzsteuerbefreit
Leitsatz (redaktionell)
1. Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen sowie das Angebot von Pauschalprogrammen einer von einer erwerbswirtschaftlich tätigen „privaten”, nicht gemeinnützigen GmbH betriebenen Jugendbegegnungsstätte sind nicht mit den Leistungen des (gemeinnützigen) Deutschen Jugendherbergswerks vergleichbar und somit nicht gem. § 4 Nr. 24 UStG steuerfrei, da sie nicht die gleichen Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen (u. a. fehlende Gemeinnützigkeit der GmbH als gegen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG sprechender Umstand). Die Leistungen sind auch weder (mangels staatlicher Anerkennung) nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der RL 77/388/EWG noch (mangels Gemeinnützigkeit) nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei.
2. Die Beherbergung, Beköstigung usw. von Jugendlichen ist nur dann gemäß § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Jugendlichen obliegen. Er muss die Erziehungszwecke, Ausbildungszwecke oder Fortbildungszwecke zwar nicht allein verfolgen; es reicht aber auch nicht aus, dass sie lediglich von einem Dritten verfolgt werden. Diese Voraussetzungen sind bei einer überwiegend von Schulklassen aufgesuchten Jugendbegegnungsstätte nicht erfüllt, wenn die Klassen bei den Aufenthalten von einigen wenigen Tagen im Wesentlichen nur von ihren Lehrern pädagogisch bzw. erzieherisch betreut werden und die Jugendbegegnungsstätte im Wesentlichen nur ihre pauschalen Programmpunkte anbietet und für die Einhaltung der Hausordnung sorgt.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 23, 24 Sätze 1-2, Nr. 25 Sätze 1-2; RL 388/77/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i, h
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gegen das Urteil wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2006 eine „Jugendbegegnungsstätte” in B.. Sie übernahm dabei Anlagen der vormaligen so genannten „X.” in C.. Das mehrere Hektar große Gelände war während der DDR-Zeit unter anderem mit einem Heizkraftwerk, Sporthallen sowie zahlreichen Gebäuden zur Unterbringung von Jugendlichen bebaut worden. Soweit die Klägerin Jugendliche bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs beherbergte, behandelte sie die Beherbergungen als umsatzsteuerfrei. Sie beruft sich hierzu auf die Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 Nr. 23, Nr. 24 und 25 Umsatzsteuergesetz – UStG –.
Insgesamt verfügte die Klägerin über ca. 1.100 Betten in Gebäuden mit unterschiedlichem Zuschnitt, von gruppenbezogener Unterbringungsmöglichkeit bis zu Zimmern für individualreisende. In den Monaten Dezember und Januar war sie belegungsfrei. In den übrigen Monaten wurde ihr Unterbringungsangebot überwiegend von Schulklassen aus dem Land Brandenburg genutzt, teilweise wurden auch ganze Schulen gleichzeitig beherbergt. Die Aufenthalte dauerten üblicherweise von Montagmittag bis Freitagmittag derselben Woche. Bei ganz jungen Gästen beschränkte sich der Aufenthalt oftmals auch auf zwei Übernachtungen. Nach Aussagen von Mitarbeitern der Klägerin sei insbesondere von April bis Oktober eine hohe Belegungsauslastung erreicht worden, wobei in Zeiten guter Auslastung etwa um 900 Gäste gleichzeitig beherbergt worden seien. In den Schulferienzeiten nahm die Klägerin ebenfalls ganz überwiegend Gruppen bei sich auf, etwa konfessionelle Gruppen, Sportvereine und andere Jugendgruppen.
Nach Aussagen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klägerin hätten etwa 75 % aller Besucher ein Unterbringungsangebot ohne im Voraus vereinbartes besonderes Programm in Anspruch genommen. Allerdings hätten auch diese Gäste die Möglichkeit gehabt, noch vor Ort besondere Angebote wahrzunehmen, etwa Naturrallyes oder Ortsrallyes, für die die Klägerin Programmbeschreibungen bereitgehalten habe. Die Klägerin habe jedoch daneben auch, wie sie behauptet im Umfang von etwa 25 % der Buchungen, themenbezogene Buchungsprogramme angeboten und hierfür insbesondere bei Schulklassen schon im Vorfeld eines Aufenthalts geworben. So habe es Naturprojekte gegeben, ein Projekt „Gesund und fit”, ein Pferdeprojekt, Kennlernwochen für neu gebildete Schulklassengemeinschaften, das Programm „Schule einmal anders”, bei dem ganze Schulen für eine Schulwoche den Unterricht in ihr Objekt verlagert hätten mit entsprechenden Themenbezügen zur vorhandenen Naturumgebung. Für die Programmgestaltung hätten seitens der Klägerin vier bis fünf in der Saisonzeit festangestellte pädagogische Betreuer zur Verfügung gestanden, dazu bis zu zwei Kräfte aus dem Freiwilligen Ökologischen Jahr. Diese hätten auch in besonderen Einrichtungen, etwa dem Freizeithaus, einer Kreativwerkstatt oder dem Internetclub themenbezogene Unterweisungen erteilt....