Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den nicht ausgleichsfähigen Einkünften aus einem Steuerstundungsmodell gehören auch nach dem ursprünglichen Konzept nicht geplante Beteiligungseinkünfte. teleologische Reduktion des § 15b Abs. 1 EStG im Hinblick auf Totalverluste
Leitsatz (redaktionell)
1. Negative Einkünfte aus einem Steuerstundungsmodell sind auch solche, die einer Beteiligung der als Steuerstundungsmodell anzusehenden Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft entstammen. Das gilt auch dann, wenn die Beteiligung an der anderen Personengesellschaft nicht Bestandteil der ursprünglichen Planung gewesen ist.
2. § 15b Abs. 1 EStG erfasst zwar auch Totalverluste, mithin auch Veräußerungsverluste. Es ist aber – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – eine einschränkende Auslegung (sog. teleologische Reduktion) des Wortlauts der Norm geboten, soweit ein Steuerpflichtiger bei Ausscheiden aus der jeweiligen Einkunftsquelle (Steuerstundungsmodell) einen Veräußerungsverlust tatsächlich wirtschaftlich erleidet.
Normenkette
EStG § 15b Abs. 1-2
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG der B. GmbH & Co. KG auf den 31. Dezember 2008 vom 21. September 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2012 wird dahingehend geändert, dass die Feststellung verrechenbarer Verluste des Beigeladenen zu 1) um 8.500 EUR vermindert wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendung des § 15b Einkommensteuergesetz – EStG – auf Verluste der Beigeladenen.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der B. GmbH & Co. KG. Die B. GmbH & Co. KG wurde am 02. Dezember 2005 gegründet und sollte als Öko-Tech-Fonds fungieren. Ein entsprechender Fondsprospekt wurde am 19. Januar 2007 erstellt. Das Kommanditkapital der B. GmbH & Co. KG sollte durch die Neuaufnahme von Kommanditisten auf 7,7 Mio. EUR erhöht werden. Der Gesamtaufwand zur Errichtung der Öko-Tech-Anlage wurde auf ca. 19,7 Mio. EUR prognostiziert. Für das Jahr 2007 war lediglich die Bildung einer Rücklage gem. § 7g EStG in Höhe von 10.000,00 EUR geplant. Die steuerlichen Ergebnisse der B… GmbH & Co. KG wurden wie folgt prognostiziert (Seite 32 des Prospekts):
Jahr |
steuerliches Ergebnis |
in % vom Eigenkapital |
kumuliert |
2008 |
./. 2.728.374,00 EUR |
./. 35,43 % |
./. 35,43 % |
2009 |
911.367,00 EUR |
11,84 % |
./. 23,60 % |
2010 |
1.024.608,00 EUR |
13,31 % |
./. 10,29 % |
2011 |
977.948,00 EUR |
12,70 % |
2,41 %. |
Im Prospekt (Seite 13) wurde unter „Risiken der Beteiligung” auch auf steuerliche Risiken hingewiesen, u.a.:
„Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass durch die Änderung der Steuergesetzgebung (§ 15b EStG) die prognostizierten anfänglichen Verluste nur noch mit zukünftigen Gewinnanteilen aus derselben Beteiligung verrechenbar sind.”
Das Gericht nimmt Bezug auf den vollständigen Fondsprospekt in der Vertragsakte des Beklagten.
Im Jahr 2007 wurden weitere 286 Kommanditisten im Handelsregister der B. GmbH & Co. KG eingetragen, darunter der Beigeladene zu 1 (Nr. 145 des Handelsregisters) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 10.000,00 EUR sowie der Beigeladene zu 2 (Nr. 256 des Handelsregisters) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 25.000,00 EUR.
Da das Projekt nicht wie ursprünglich beabsichtigt umgesetzt werden konnte, lud die B. GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 26. Februar 2008 die Gesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung ein. In der Anlage wurde ausgeführt, dass sich die Finanzierung sowie die Bauantragstellung schwierig gestalten würden. Nunmehr solle – unter Erhöhung des Eigenkapitals der B. GmbH & Co. KG – eine 100 %-ige Beteiligung an einer anderen Öko-Tech-Anlage in C. sowie eine 25 %-ige Beteiligung an einer Öko-Tech-Anlage in D. erworben werden. Zugleich solle das Eigenkapital um 11.157.500 EUR erhöht werden. Der Beschlussvorlage war eine abweichende Liquiditätsprognose, jedoch keine abweichende steuerliche Ergebnisprognose beigefügt. Am 13. März 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung der B. GmbH & Co. KG die Beschlussvorlage. Das Gericht nimmt Bezug auf die Einladung vom 26. Februar 2008 nebst Anlagen (Blatt 134 bis 143 der Gerichtsakte).
Am 21. Juli 2008 veräußerte der Beigeladene zu 2 seine Kommanditbeteiligung an den neu in die B… GmbH & Co. KG eintretenden Herrn E. für einen Kaufpreis in Höhe von 25.000,00 EUR. Mit Vertrag vom 29. November 2008 veräußerte der Beigeladene zu 1 seine Kommanditbeteiligung an die neu in die B. GmbH & Co. KG eintretende Frau F. für einen Kaufpreis in Höhe von 1.500,00 EUR.
Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung vom 22. Dezember 2008 der B. GmbH & Co. KG und der Klägerin – die eine Öko-Tech-Anlage in D. errichten ließ – wurde beschlossen, dass die B. GmbH & Co. KG der Klägerin unter der aufschiebenden Bedingung der Handelsregistereintragung als Kommanditistin mit einer Beteiligung i...