Entscheidungsstichwort (Thema)
Für Auftritte eines selbständigen Disjockeys im EU-Ausland einbehaltene, aber nicht nachgewiesene Quellensteuern: Erfassung als Betriebseinnahmen, kein Abzug als Betriebsausgaben, keine Steueranrechnung nach § 34c EStG. kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit durch Belegnachweis nach § 68b EStDV
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein Disjockey, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, im Rahmen einer selbstständigen, künstlerischen Tätigkeit in verschiedenen anderen Staaten der Europäischen Union tätig und wird von dem ihm jeweils vertraglich zustehenden Gesamthonorar nur ein Teilbetrag (im Sinne eines „Netto”-Anteils) tatsächlich ausgezahlt, der verbleibende Differenzbetrag dagegen zur Abgeltung der in dem jeweiligen ausländischen Staaten anfallenden (Quellen-)Steuern von dem jeweiligen (Musik-)Veranstalter bzw. dem jeweiligen Auftraggeber einbehalten, so ist nicht nur in Höhe des tatsächlich ausgezahlten Nettoentgelts, sondern auch in Höhe der einbehaltenen Quellensteuern von einem Zufluss von Betriebseinnahmen auszugehen. Das gilt auch dann, wenn die einbehaltenen Quellensteuerbeträge nicht nachweisbar an den jeweiligen ausländischen Steuergläubiger weitergeleitet worden sind und bei der Einkommensteuer deswegen nach § 34c EStG nicht angerechnet werden können.
2. Ein Betriebsausgabenabzug der ausländischen Quellensteuern ist nach § 12 Nr. 3 EStG ausgeschlossen.
3. Können die für die Auslandshonorare in Ansatz gebrachten Steuereinbehalte entgegen § 68b EStDV nicht urkundenmäßig, z. B. durch sog. „Tax-certificate”-Bescheinigungen, belegt werden, geht dies zu Lasten des Steuerpflichtigen; das gilt auch dann, wenn die ausländischen Auftraggeber nicht mehr erreichbar sind bzw. nicht mehr existieren und deswegen dem Steuerpflichtigen auch nicht mehr nachträglich i. S. v. § 68b EStDV geeignete Unterlagen/Belege zukommen lassen können.
4. Die sog. Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV gebietet keine Relativierung der Anforderungen für einen (Beleg-)Nachweis für die „festgesetzte und gezahlte” ausländische Quellensteuer nach § 68b EStDV.
Normenkette
EStG 2010 § 18 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 3, § 11 Abs. 1 S. 1, § 34c Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 7 Nr. 2; EStDV § 68b Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre 2010 und 2011, um ihre Honorare für ihre im europäischen Ausland erbrachten Disjockey-[Dj-] Dienstleistungen vermindert um die von ihren Auftraggebern vertragsgemäß einbehaltenen (Quellen-)Steueranteile nur in ihrer tatsächlichen Vereinnahmungshöhe ihrer (inländischen) Einkommensbesteuerung unterfallen lassen zu müssen, anderenfalls aber immerhin eine gleichhohe Steuerermäßigung für ausländische Steuern erreichen zu können.
Die Klägerin war in den Streitjahren 2010 und 2011 im Rahmen einer selbständigen, künstlerischen Tätigkeit als Dj berufstätig. Ihre ihr von einer B… GbR – GbR – in verschiedene Staaten der europäischen Union vermittelten (Auslands-)Aufträge sollen hinsichtlich der ihr gebührenden Dienstleistungsentgelte durchweg dahin gelautet haben, dass ihr von ihrem (höheren) Gesamthonorar nur ein Teilbetrag (im Sinne eines „Netto”– Anteils) tatsächlich ausgezahlt, der verbleibende Differenzbetrag dagegen zur Abgeltung der in den dortigen (Auslands-)Staaten anfallenden (Quellen-)Steuern von den (Musik-)Veranstaltern/ihren Auftraggebern einbehalten werde. Die ihr im Rahmen ihrer Berufstätigkeit erwachsenen Gewinne ermittelte die Klägerin in den Streitjahren 2010 und 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung – EStG 2010/2011 – im Wege des Ansatzes des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (sogenannte [sog.] Einnahmen-/Überschussrechnung).
Am 23. Mai 2013 begann bei der Klägerin eine auf die Einkommen- und Umsatzsteuer der Streitjahre 2010 und 2011 bezogene Außenprüfung. In seinem hierüber aufgenommenen Prüfungsbericht vom 25. Oktober 2013 beanstandete der Prüfer unter anderem [u. a.] die von der Klägerin in ihren Einkommensteuererklärungen 2010 und 2011 über die Anlagen AUS 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 5.285,– EUR (2010) beziehungsweise [bzw.] in Höhe von insgesamt 9.556,– EUR in Ansatz gebrachten Positionen zur anzurechnenden ausländischen (Quellen-)Steuer. Im Lichte der Regelungen der §§ 34c Abs. 7 Nr. 2 EStG, 68b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV – ließe sich nur diejenige ausländische (Quellen-)Steuer(-zahlung) berücksichtigen, deren tatsächliche Entrichtung durch über jeden Zweifel erhabene Urkunden (zum Beispiel [z. B.]: Steuerbescheid, Zahlungs-quittung) nachgewiesen sei. In dieser Beziehung könnten als entsprechende Belege nur die von der Klägerin vorgelegten „Tax Certificate”-Bescheinigungen gelten. Der Klägerin gebührte...