Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschalierung nach § 37b EStG bei Anmietung einer VIP-Loge mit zwölf Plätzen in einer Mehrzweckhalle, um Kunden und Arbeitnehmer u. a. zu Sportveranstaltungen und Konzerten einzuladen
Leitsatz (redaktionell)
1. Mietet ein Unternehmen eine VIP-Loge mit zwölf Sitzplätzen in einer Mehrzweckhalle an, in der u. a. Sport- und Konzertveranstaltungen angeboten werden, und sind Werbe- und Sponsoringmaßnahmen nur innerhalb der VIP-Loge gestattet, so ist das Unternehmen bei der von ihm für die Zuwendungen an die eingeladenen Kunden und Arbeitnehmer gewählten Einkommensteuer-Pauschalierung nach § 37b EStG nicht an die sog. VIP-Logen-Erlasse (BMF-Schreiben v. 22.8.2005, IV B 2 – S 2144 – 41/05, BStBl I 2005, 845; v. 11.7.2006, IV B 2-S 2144-53/06, BStBl I 2007, 447) gebunden.
2. Enthält die für die VIP-Loge gezahlte Miete keine Bewirtungsleistungen, sind die auf Zuwendungen i. S. d. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG entfallenden Aufwendungen im Wege größtmöglicher Annäherung an den konkreten Streitfall zu schätzen, indem die Gesamtaufwendungen der Loge ins Verhältnis der tatsächlichen Nutzung gesetzt werden und entsprechende Aufwandsteile abgezogen werden, die nicht auf die Erbringung von Zuwendungen i. S. d. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG entfallen (im Streitfall: Ermittlung des Werts eines Platzes in der VIP-Loge anhand der Einzelticket-Preises der Preiskategorie 1 zuzüglich eines VIP-Zuschlags von 5 Euro; Ermittlung eines „Gesamtplatzwertes” für von Kunden i. S. d. § 37b Abs. 1 EStG bzw. Mitarbeitern i. S. d. § 37b Abs. 2 EStG tatsächlich bei Veranstaltungen genutzte Plätzen, für nicht genutzte „Leerplätze” sowie für aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Unternehmens in der Loge anwesende Mitarbeiter; Ermittlung des prozentualen Anteils der auf Kunden i. S. d. § 37b Abs. 1 EStG bzw. Mitarbeiter i. S. d. § 37b Abs. 2 EStG entfallenden Platzwerte am Gesamtplatzwert und Anwendung dieses Prozentsatzes auf die tatsächlich gezahlte VIP-Logen-Miete; Kürzung des so ermittelten Betrags um einen auf Werbeleistungen entfallenden Anteil in Höhe von 40 % zur Ermittlung der Aufwendungen i. S. d. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG).
Normenkette
EStG § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2; AO § 162 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 2; KStG § 31 Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2014 vom 01. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2018 wird dahingehend geändert, dass die pauschale Lohnsteuer um 40.943 EUR gemindert wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Revision wird zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 71 % und die Klägerin zu 29 %.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die zutreffende Bewertung bei der Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen (§ 37b Einkommensteuergesetz –EStG–).
Bei der Klägerin handelt es sich um einen C… Markenhersteller für alle Produkte im Bereich Farben, Bodenbeläge und Wärmedämmverbundsysteme. Sie mietete in den Streitjahren (2012 bis 2014) in der damaligen B… Arena eine VIP-Loge mit zwölf Sitzplätzen an. Hierbei handelt es sich um eine Mehrzweckhalle, in der Sportveranstaltungen (insb. Eishockey und Basketball) sowie Konzerte und sonstige Veranstaltungen stattfinden. Der Vertrag über die VIP-Loge umfasste ausdrücklich keine Bewirtungsleistungen. Werbe- und Sponsoringmaßnahmen waren der Klägerin nur innerhalb der VIP-Loge gestattet. Das angebotene Werbepaket beinhaltete Logo- und Schriftzugdarstellung im Logenumlauf, auf einem Board sowie durch Einträge im Branchenbuch der B… Arena. Die VIP-Loge wurde – das ist zwischen den Beteiligten unstreitig – bei Veranstaltungen dergestalt genutzt, dass Geschäftspartner zum entsprechenden Event eingeladen worden sind. Ferner haben Mitarbeiter oder Mitglieder der Geschäftsleitung der Klägerin an den jeweiligen Veranstaltungen teilgenommen. Diesbezüglich hatte die Klägerin interne Anweisungen über das Verhalten als sog. Gastgeber erteilt. Der verantwortliche Mitarbeiter hatte danach u.a. darauf zu achten, dass Flyer im Schrank auslagen, ausreichend T-Shirts der Klägerin vorhanden waren und das Video „…” lief. Ferner sollte der Mitarbeiter den Gästeempfang sowie die Essensbestellungen durchführen.
Die Klägerin hatte für die VIP-Loge Nettoaufwendungen (ohne Bewirtungsaufwendungen) in Höhe von 130.000 EUR (jeweils für die Jahre 2012 und 2013) sowie in Höhe von 126.666,67 EUR (Jahr 2014). Entsprechend des VIP-Logenerlasses des Bundesministeriums der Finanzen –BMF–, der eine Aufteilung von 40 % Werbung, 30 % Bewirtung und 30 % Geschenke vorsieht, teilte die Klägerin den nicht vorhandenen Anteil für Bewirtung im Verhältnis 4:3 (Werbung: Geschenke) auf und ermittelte einen Anteil von 57 % (40 + 17) für Werbung sowie von 43 % (30 + 13) für Geschenke. Zunächst kürzte die Klägerin die gesamten Aufwendungen um 8,33 % (einer von zwölf Plätzen), da s...