Entscheidungsstichwort (Thema)
Ohne begünstigte Reinvestition irrtümlich gegenüber dem Vorjahr niedriger ausgewiesene Rücklage nach § 6b EStG ist gewinnerhöhend aufzulösen. Bilanzberichtigung. Bilanzänderung. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit eine Rücklage nach § 6b EStG aufgrund eines Irrtums des Steuerberaters in der Bilanz gegenüber der vorangegangenen Bilanz niedriger ausgewiesen ist, ohne dass eine Übertragung stiller Reserven auf begünstigte Reinvestitionsgüter erfolgte, ist die Rücklage im Wirtschaftsjahr der buchmäßigen Minderung gewinnerhöhend aufzulösen.
2. Das Wahlrecht, eine Rücklage nach § 6b EStG in geringerer Höhe als in der Bilanz des Vorjahres auszuweisen und damit insoweit auf die Rücklage zu verzichten, ist spätestens mit der Einreichung der Bilanz des Folgejahres beim Finanzamt wirksam ausgeübt. Unerheblich ist, ob für die Minderung des Bilanzansatzes eine rechtsirrtümliche Auffassung des Steuerberaters zur Übertragbarkeit von Rücklagen nach § 6b EStG ursächlich war. Der Steuerpflichtige ist nach Einreichung der Bilanz beim Finanzamt grundsätzlich an die von ihm freiwillig, wenn auch möglicherweise irrtümlich gewählten Wertansätze gebunden.
3. Ist eine Bilanz subjektiv richtig und widerspricht sie auch nicht objektiv den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den steuerlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, sind die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung nicht gegeben.
4. Eine unbegrenzte Bilanzänderung ist nur solange möglich, wie die Bilanz noch nicht bei der Finanzbehörde eingereicht worden ist.
Normenkette
EStG 1997 § 6b Abs. 3, § 4 Abs. 2 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betrag, um den eine nicht auf begünstigte Reinvestitionsgüter übertragene Rücklage nach § 6b EStG aufgrund eines Irrtums des Steuerberaters der Kläger in der Bilanz auf den 30. April 2000 niedriger ausgewiesen wurde als in der vorangegangenen Bilanz auf den 30. April 1999, vom Beklagten zu Recht bei der Einkommensteuerveranlagung 1999 gewinnerhöhend erfasst wurde.
Die Kläger werden antragsgemäß als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Veranlagungszeitraum 1999 unter anderem Einkünfte aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Einzelbetrieb. Mit seinen drei Kindern K., D. und G. bildete der Kläger im Wirtschaftsjahr 1999/2000 jeweils eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts -GbR- als Beteiligungsgesellschaft.
Mit Kaufvertrag vom 08. September 1998 veräußerte der Kläger Grund und Boden und erzielte dadurch einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 5.464.625,– DM. Davon übertrug er 417.383,29 DM auf im Wirtschaftsjahr der Veräußerung, dem Wirtschaftsjahr 1998/ 1999, angeschafften anderen Grund und Boden und stellte die verbleibenden 5.047.241,71 DM in eine Rücklage nach § 6b EStG ein. In der am 21. Januar 2000 aufgestellten Bilanz auf den 30. April 1999 heißt es dazu unter der Überschrift „B Sonderposten mit Rücklageanteil” wörtlich: „I § 6b und ähnliche 5.047.241,71”.
In der am 27. September 2001 aufgestellten Bilanz auf den 30. April 2000 heißt es unter der Überschrift „B Sonderposten mit Rücklageanteil” wörtlich: „I § 6b und ähnliche 3.293.944,17”. Unter der Rubrik „Vorjahr” erscheint der Betrag „5.047.241,71” und unter der Rubrik „Veränderung” der Betrag „-1.753.297,54”. Die Kläger äußerten sich trotz schriftlicher Aufforderungen des Beklagten vom 27. Februar 2002 und 03. Mai 2002 nicht dazu, auf welche angeschafften Wirtschaftsgüter der Differenzbetrag in Höhe von 1.753.297,54 DM übertragen wurde. Der Beklagte behandelte den Differenzbetrag daraufhin als Auflösung der Rücklage und erhöhte den erklärten Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1999/2000 von 84.380,16 DM um die aufgelöste Rücklage in Höhe von 1.753.297,54 DM sowie einen Zuschlag in Höhe von 105.197,85 DM. In der am 03. Juni 2002 vorgenommenen Einkommensteuerveranlagung 1999 wurde demgemäß der Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1999/ 2000 mit 2/3 (= 1.295.250,– DM) berücksichtigt. Zusammen mit dem anteiligen Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 in – unstreitiger – Höhe von 16.525,– DM ergab sich ein Betrag von 1.311.775,– DM, der als Einkünfte des Klägers aus Land und Forstwirtschaft als Einzelunternehmer sowohl in dem ursprünglichen, die Adresse der O-Steuerberatungsgesellschaft mbH ausweisenden Einkommensteuerbescheid 1999 vom 13. Juni 2002 als auch in dem geänderten, die Adresse der Kläger persönlich ausweisenden Einkommensteuerbescheid 1999 vom 15. August 2002 angesetzt wurde.
Am 23. September 2002 ging beim Beklagten ein Schreiben des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger ein, in dem die Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 1999 beantragt wurde. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass sich die für den Veranlagungszeitraum 1999 festgesetzte ...