aufgehoben durch BFH VI R 95/94, Urteil v. 12.05.1995
Nachgehend
Tenor
Der Haftungsbescheid vom 25.01.1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24.08.1993 wird insoweit aufgehoben, als die Klägerin für 1990 in Haftung genommen worden ist.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf 8.033,– DM festgesetzt.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Verwaltungsvorverfahren war notwendig.
Gründe
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gemeinschaftseinrichtung Geflügelzucht …. Trägerbetriebe dieser Gemeinschaftseinrichtung (GE) waren verschiedene landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG). Zur Arbeit in der GE waren Genossen der LPG als Delegierte entsandt worden.
Durch Beschluß der Bevollmächtigtenversammlung vom 16. Juli 1990 beschlossen die Trägerbetriebe (LPG), die GE in zwei GmbH, die Klägerin und die Geflügelhof … – GmbH umzuwandeln. Entsprechende Gesellschaftsverträge wurden am 23. Juli 1990 notariell beurkundet. Die Klägerin und die Schwester-GmbH wurden am 28. Mai 1991 in das Handelsregister beim Kreisgericht … eingetragen.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1990 beschäftigte die Klägerin weiterhin ausschließlich Delegierte der Trägerbetriebe. Lohnsteuer wurde insoweit nicht einbehalten und abgeführt.
Aufgrund des Ergebnisses einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung erließ der Beklagte einen Haftungsbescheid und Nachforderungsbescheid für die Zeit vom 01. Juli bis 31. Dezember 1990, für 1991 und für 1993. In diesem Bescheid wurde die Klägerin unter anderem für Lohnsteuern in Höhe von 8.033,48 DM in Haftung genommen. Nach den Ausführungen des Prüfungsberichts vom 05. August 1992 und einem ergänzenden Schreiben vom 25. Januar 1993 – auf beide Unterlagen wird im Haftungsbescheid Bezug genommen – handelt es sich um die Lohnsteuer auf die auf den Lohnkonten eingetragenen Löhne und Gehälter für das zweite Halbjahr 1990, die bisher nicht versteuert worden waren, in Höhe von 7.741,37 DM und um die Nachforderung einer Steuer von 292,11 DM wegen der Zahlung von Urlaubsgeld im zweiten Halbjahr 1990 für nicht in Anspruch genommenen Urlaub des Arbeitnehmers … der Steuerbeträge waren unter Berücksichtigung der individuellen Besteuerungsmerkmale der Arbeitnehmer errechnet worden.
Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der Beklagte ging in der Einspruchsentscheidung davon aus, die Klägerin hätte Lohnsteuer einbehalten und abführen müssen. Seit dem 01. Juli 1990 seien die Arbeitnehmer bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Denn auf diesen Zeitpunkt datierten die Gewerbeanmeldung, die steuerliche Erfassung für den Beginn der Tätigkeit und die Eröffnungsbilanz. Bei Kapitalgesellschaften beginne nach dem Körperschaftsteuergesetz die Steuerpflicht nicht erst mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
Vielmehr sei die Vorgesellschaft nach der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages mit der später entstehenden Kapitalgesellschaft identisch. Die Rechte und die Pflichten der Vorgesellschaft seien Rechte und Pflichten der Kapitalgesellschaft. Unter Leitung der Klägerin hätten die Bauern als Arbeitnehmer seit dem 01. Juli 1990 den Zweck der GmbH erfüllt. Die gesellschaftliche Stellung als Bauer sei dabei unberührt geblieben. Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes hafte der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen habe.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer seien Gesamtschuldner, wobei das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen die Schuld gegen jeden Gesamtschuldner geltend machen könne. Es sei der gesetzgeberische Zweck des Lohnsteuerabzugsverfahrens zu beachten, den schnellen Eingang der Lohnsteuer durch Quellenabzug zu gewährleisten. Das Finanzamt verbleibe im Rahmen des billigen Ermessens, wenn es aus Verwaltungsvereinfachungsgründen den Arbeitgeber als Haftenden in Anspruch nehme. Es lägen viele im wesentlichen Punkten gleichgelagerte Sachverhalte vor, die zu einer Steuernachzahlung führten. Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers sei ermessensfehlerfrei, wenn er in einem rechtlich einfachen und eindeutigen Fall sich nicht hinreichend über die Rechtslage unterrichtet habe. Die Einordnung der Vergütung für nichtgenommenen Urlaub als Arbeitslohn sei keine schwierige rechtliche Schlußfolgerung. Auch in diesem Punkt bleibe es bei der Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin, weil bei hinreichender Unterrichtung über die steuerliche Behandlung eine zutreffende abführende Lohnsteuer möglich gewesen wäre.
Mit der Klage macht die Klägerin im wesentlichen folgendes geltend:
Der erste Geschäftsführer der beiden GmbH habe wegen der Lohnsteuerpflicht ab dem 01. Juli 1990 beim Landwirtschaftsamt nachgefragt. Er habe die Auskunft erhalten, daß delegierte Mitglieder der LPG auch im zweiten Halbjahr 1990 von der Lohnsteuerzahlung befreit seien. Dafür trete er Beweis an durch das Zeugn...