Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines auf einem unzutreffenden Schadstoffschlüssel beruhenden Kfz-Steuerbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist im Rahmen der Datenübermittlung von der Zulassungsstelle an das Rechenzentrum des FA ein Fehler aufgetreten und trotz eines automatischen Prüfhinweises bezüglich des Schadstoffschlüssels aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Sachbearbeiter des FA die erforderliche Sachverhaltsaufklärung betrieben hätte, und kann auch nicht nachvollzogen werden, aufgrund welcher Überlegungen der Sachbearbeiter bei der Festsetzung der Kfz-Steuer zu dem von ihm angesetzten (unzutreffenden) Schadstoffschlüssel gekommen ist, so ist kein Fall einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO 1977 gegeben.

2. Bei der Feststellung des Schadstoffschlüssels durch die Zulassungsbehörde handelt es sich nicht um einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 AO 1977, so dass eine bestandskräftige Kfz-Steuerfestsetzung nicht rückwirkend nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO 1977 geändert werden kann, wenn die Finanzbehörde zuvor einen falschen Schadstoffschlüssel berücksichtigt hat.

 

Normenkette

KraftStG § 2 Abs. 2 Sätze 2-3, § 12 Abs. 2; AO § 129 S. 1, § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.10.2006; Aktenzeichen VII R 13/06)

 

Tenor

Der Bescheid über die Kraftfahrzeugsteuer vom 22.11.2002 und der Bescheid über die Kraftfahrzeugsteuer vom 27.11.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.05.2003 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Für den Kläger wurde am 23.02.1995 das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-H. 4., für das in den Fahrzeugpapieren als Schadstoffschlüssel die Schlüsselnummer 15 ausgewiesen ist, zum Straßenverkehr zugelassen. Nach Datenübermittlung der Zulassungsstelle an das Rechenzentrum des Landes Brandenburg über die verkehrsrechtliche Zulassung des Fahrzeugs auf den Kläger, erging am 03.03.1995 ein sogenannter Fehlerhinweis an den Beklagten. Dieser Fehlerhinweis enthielt die durch Kennzahlen verschlüsselten Fahrzeugdaten sowie den Hinweis:

„Fehler 153 KZ 26017 2302952?

Schlüssel zur Kennzahl unzulässig”

Auf der Hinweismitteilung ist, ausweislich der beigezogenen Akten des Beklagten, handschriftlich hinter dem Fragezeichen der Schlüsselnummer die Zahl 6 sowie die Formulierung „Aufbau vom Finanzamt selber Kennzahl eingeben” vermerkt.

Die Kraftfahrzeugsteuer wurde daraufhin zunächst ab dem Entrichtungszeitraum 23.02.1995 unter Zugrundelegung eines Schadstoffschlüssels 01 festgesetzt. Der diesbezügliche Bescheid befindet sich nicht in den beigezogenen Akten; der Sachverhalt ist aber insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig.

Aufgrund eines erneuten Datenabgleichs vom 29.10.2002 stellte der Beklagte fest, dass bei der Zulassungsstelle nicht die Schlüsselnummer 01 sondern die Schlüsselnummer 15 erfasst war. Zur Beseitigung dieser Unstimmigkeit setzte der Beklagte, gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), mit Bescheid vom 22.11.2002 die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend ab dem 23.02.1998 auf jährlich 669 EUR fest. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid findet sich die Formulierung: „Bestandsabgleich. Änderung der Schlüsselnummer von 01 in 15.” Der Bescheid löste einen weiteren Fehlerhinweis aus, da die zwischenzeitliche Steuertarifumstellung für Fahrzeuge mit der Schlüsselnummer 15 unberücksichtigt geblieben war. Mit Bescheid vom 27.11.2002 setzte der Beklagte daher die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 23.02.2000 bis 31.12.2000 auf 572 EUR, für die Zeit vom 01.01.2001 bis 22.02.2001 auf 109 EUR und ab dem 23.02.2001 auf jährlich 751 EUR fest.

Gegen die beiden Bescheide legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, den er damit begründete, dass dem Beklagten die richtige Schlüsselnummer 15 von Anfang an bekannt gewesen sei. Es handele sich daher nicht um eine neue, nachträglich bekannt gewordene Tatsache, die zu einer Korrektur des ursprünglichen Steuerbescheides berechtige. Mit Schreiben vom 10.02.2003 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass versehentlich in dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 27.11.2002 eine falsche Korrekturvorschrift genannt worden sei. Die Änderung sei aber nach § 129 AO möglich gewesen, da es sich bei der falschen Erfassung der Schlüsselnummer offensichtlich um einen Schreib- bzw. Erfassungsfehler gehandelt habe. Hierauf teilte der Kläger mit, dass für ihn weder der Fehler noch die Ursache des Fehlers erkennbar gewesen sei. Es sei vielmehr von einer falschen Beurteilung der Besteuerungsgrundlagen durch den Beklagten auszugehen. Mit Einspruchsentscheidung vom 27.05.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der zuständigen Bearbeiterin lediglich ein offensichtliches mechanisches Versehen unterlaufen sei. Die Schadstoffeinstufung durch die Zulassungsstelle sei für die Finanzbehörde als sog. Grundlagenbescheid im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO bindend, so dass die Finanzbehörde gar keine eigene rechtliche Wertung od...

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