Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Änderung aufgrund widerstreitender Steuerfestsetzung bei entscheidungserheblich geänderter Gesetzeslage in beiden Veranlagungszeiträumen (hier: unterschiedliche Gesetzesfassungen zur wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft nach § 8 Abs. 4 KStG). gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1996 und gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Regelungsbereich des § 174 Abs. 4 AO wird in Fällen, in denen sich die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen zwischen den streitigen Veranlagungszeiträumen oder Feststellungszeitpunkten ändern, auf die Fälle beschränkt, in denen die Finanzbehörde den bestimmten Sachverhalt, soweit er für beide Gesetzesfassungen maßgeblich ist, in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft beurteilt.
2. Wird ein Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1997 vom Finanzgericht aufgehoben, weil der streitige Sachverhalt 1996 verwirklicht worden ist, der Verlust aber zum 31.12.1996 wie von der Klägerin beantragt festgestellt worden war und diese Feststellung für 1997 Bindungswirkung hat, so kann das FA den Feststellungsbescheid zum 31.12.1996 nicht nach § 174 Abs. 4 AO ändern, wenn der vom FA dem Bescheid für 1997 zunächst zu Grunde gelegte Sachverhalt (Anwendung des vom Gesetzgeber ab 1997 geänderten § 8 Abs. 4 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997) materiell für eine Änderung der Feststellung zum 31.12.1996 nicht ausreichen würde, sondern das FA für 1996 zusätzliche Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 KStG 1991 (Einstellung und Wiederaufnahme des Betriebs) heranziehen müsste.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4 S. 1, Abs. 3, § 182 Abs. 1; KStG 1997 § 8 Abs. 4; KStG 1991 § 8 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1996 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996, jeweils vom 18. Februar 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2003 werden aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Beschluss:
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorver fahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin geht aus der Firma A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH hervor, deren Unternehmensgegenstand der Handel und Verkauf von Eisenwaren, Siedlerbedarf, Arbeitsbekleidung, Sportartikel aller Art sowie der Betrieb einer Kioskverkaufseinrichtung war. Die A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH wurde am 10. Juni 1992 errichtet; alleinige Gesellschafterin war zunächst die A. Metallhandel GmbH, deren alleiniger Gesellschafter Herr Dieter A. war. Geschäftsführer der A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH war Herr Dieter A., der zugleich Inhaber einer Firmengruppe war, zu der auch die A. & Söhne Bau GmbH gehörte, zu deren Unternehmensgegenstand u. a. eine Dachklempnerei gehörte.
Am 19. Januar 1993 übertrug die A. Metallhandel GmbH 25 % ihrer Beteiligung an der A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH auf Ursula A… Am 28. Dezember 1994 übertrug die A. Metallhandel GmbH die verbliebenen 75 % ihrer Beteiligung an der A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH auf Ursula A., die nunmehr alleinige Gesellschafterin der A. Eisenwarenhandelsgesellschaft wurde.
Am 22. Mai 1996 übertrug Frau Ursula A. durch Schenkung die Hälfte ihrer Beteiligung an der A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH auf ihren Ehemann, Dieter A… Am selben Tage änderte die A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH ihre Firma in A. Dachklempnerei GmbH, die Firma der Klägerin. Zugleich änderte sie den Unternehmensgegenstand, indem sie sich nunmehr mit der Ausführung von Dachklempnerarbeiten, insbesondere durch das Anbringen bzw. die Installation von Dachrinnen, Fallrohren, Schornsteineinfassungen und Falzdächern sowie mit der Reparatur derselben samt Gerüstbauarbeiten befasste. Weiterhin kündigte die Klägerin ihre Geschäftsräume in der L…-straße 14 in M… „wegen Geschäftsaufgabe” zum 29. Februar 1996 und die Klägerin bezog im April 1996 neue Geschäftsräume in der N…-Straße 104 in M….
Die A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH erzielte in den Jahren 1992 bis 1996 Umsätze in Höhe von DM 166.173,26 (1992), DM 294.245,09 (1993), DM 258.099,62 (1994), DM 226.737, 97 (1995) und DM 424.221,61 (1996). Das Anlagevermögen belief sich in den Jahresabschlüssen 1992 bis 1995 zwischen DM 1.104.- und DM 7.137,08.
In den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 1995 erwirtschaftete die A. Eisenwarenhandelsgesellschaft mbH Verluste, so dass die Körperschaftsteuer wie auch der Gewerbesteuermessbetrag auf jeweils DM 0,– festgesetzt wurden. Den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer stellte der Beklagte zum 31.Dezember 1993 auf DM 16.340,–, zum 31. Dezember 1994 auf DM 54.284,– und zum 31.Dezember 1995 auf DM 1...