Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der erzielten Einnahmen des Kindes um gezahlte Einkommensteuer. Minderung der Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch Sozialversicherungsbeiträge und gezahlte Einkommensteuer. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Von der Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist neben den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen auch die im jeweiligen Jahr gezahlte Einkommensteuer abzuziehen. Unerheblich ist, ob/dass die Kürzung der Einkünfte um die geleistete Einkommensteuer systemfremd ist.
Normenkette
EStG 1997 § 32 Abs. 4 S. 2, § 12 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 2. Juni 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2002 wird aufgehoben und Kindergeld für das Kind A… für das Jahr 1999 gewährt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Mutter ihres im Juni 1973 geborenen Sohnes A…, der im Jahr 1999 an der Universität L… studierte.
Im Streitjahr erzielte der Sohn der Klägerin Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM 15.726 sowie aus einer Halbwaisenrente in Höhe von DM 5.028. Erhöhte Werbungskosten machte er nicht geltend. An ausbildungsbedingten Mehraufwand erklärte er DM 1.110. An Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung aus der Rente wurden einbehalten DM 395 und an Sozialversicherungsbeiträgen aus der nichtselbständigen im Vorjahr lagen die Einnahmen des Sohnes A… unter der Bemessungsgrenze für die Einkommensteuer.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 2. Juli 2001 die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 1999 auf, da die Einkünfte und Bezüge nach ihrer Berechnung den Grenzbetrag in Höhe von DM 13.020 überstiegen. Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Beklagte habe die Einkünfte ihres Sohnes falsch berechnet. Bei Berechnung der Einkünfte sei von dem Nettolohn ihres Sohnes unter Berücksichtigung des ausbildungsbedingten Mehraufwandes auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheides vom 2. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2002 aufzuheben und Kindergeld für das Kind A… für das Jahr 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Festsetzung von Kindergeld für das Jahr 1999 zu Unrecht aufgehoben. Die Klägerin hat für die Monate Januar bis Dezember 1999 Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn A….
Das Kind A… ist im Streitjahr als Kind in der Berufsausbildung gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, Satz 1 Einkommensteuergesetz –EStG– für das Kindergeld zu berücksichtigen.
Die von dem Kind A… im Jahr 1999 erzielten Einkünfte liegen unter der gesetzlichen Einkunftsgrenze gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Danach wird ein Kind für das Kindergeld berücksichtigt, wenn seine eigenen Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, den Betrag von DM 13.020 im Streitjahr nicht übersteigen. Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, bleiben hierbei außer Ansatz; entsprechendes gilt für Einkünfte, soweit sie für solche Zwecke verwendet werden.
Entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind” nicht nur auf die Bezüge, sondern auch auf die Einkünfte des Kindes zu beziehen. Dies bedeutet, dass die Einkünfte um diejenigen Beträge, die, wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge, von Gesetzes wegen dem einkünfteerzielenden Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können, sondern anderen Zwecken als der Bestreitung von Unterhalt zu dienen bestimmt sind, nicht in die Berechnungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen. (BVerfG Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, DStR 2005, 911).
Nach Auffassung der Einzelrichterin ist die im Jahr 1999 gezahlte Einkommensteuer ebenfalls nicht in die Berechnungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen. Auch hierbei handelt es sich um Beträge, die von Gesetzes wegen dem einkünfteerzielenden Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können, sondern anderen Zwecken als der Bestreitung von Unterhalt zu dienen bestimmt sind. Insofern kommt es nicht darauf an, ob/dass die Kürzung der Einkünfte um die im...